Eine erste Unterscheidung der Gliazellen wurde anhand ihrer Größe vorgenommen. Dementsprechend kann Mikroglia von Makroglia unterschieden werden. Zu den zentralen Makrogliazellen zählt man die Astrozyten, Oligodendrozyten und die Ependymzellen (Abb. 1.8).
Übersicht über verschiedene Gliazellen. Gliazellen lassen sich u. a. anhand ihrer Größe unterscheiden.
Zu den Makrogliazellen zählt man:
•Schwann-Zellen und Oligdendrozyten, die Myelinscheiden synthetisieren
•Astrozyten, die das chemische Milieu des Extrazellulärraums regulieren
•Ependymzellen, die die inneren Liquorräume auskleiden
Mikrogliazellen sind eine wichtige Effektorzellpopulation des angeborenen Immunsystems.
Bei der Unterscheidung von Mikro-und Makroglia hatten die alten Neurohistologen, ohne davon zu wissen, ein glückliches Händchen. Wie heute bekannt ist, haben Mikrogliazellen und Makrogliazellen entwicklungsgeschichtlich nichts miteinander zu tun. Makrogliazellen, also Oligodendrozyten, Astrozyten und Ependymzellen entstammen allesamt dem Neuroektoderm. Bei Mikrogliazellen handelt es sich im Gegensatz dazu um eingewanderte Blutzellen; sie entstammen also dem Mesoderm.
Zur peripheren Glia zählt man die Schwann-Zellen und die Satellitenzellen (siehe unten). Mit der Unterteilung des Nervensystems in einen peripheren- und einen zentralen Anteil werden wir uns im nächsten Kapitel noch beschäftigen. Hier wird aber schon deutlich, dass beide Anteile durch verschiedene zelluläre Komponenten gebildet werden.
Die häufigsten Gliazellen im Gehirn sind die Astrozyten. Sie werden zu den Makrogliazellen gerechnet. Eine wichtige Funktion der Astrozyten besteht darin, das chemische Milieu des Extrazellulärraums zu regulieren. So umhüllen Astrozyten beispielsweise die Synapsen im Gehirn und begrenzen dadurch die Ausbreitung von freigesetzten Neurotransmittermolekülen. Spezielle Transporter-Proteine in den Membranen von Astrozyten entfernen Neurotransmitter aktiv aus dem synaptischen Spalt. Vor kurzem hat man entdeckt, dass Astrozytenmembranen nicht nur Transporter, sondern auch Rezeptoren für Neurotransmitter exprimieren können, die wie die Rezeptoren der Neuronen im Inneren der Gliazellen biochemische Reaktionen auslösen können.4, 5 Nervenzellen und Gliazellen können dadurch miteinander kommunizieren.
Morphologisch können zwei Arten von Astrozyten unterschieden werden: protoplasmatische (Astrocytus protoplasmaticus – auch: Kurzstrahler) und fibrillenreiche (Astrocytus fibrosus – auch: Langstrahler) Astrozyten. Protoplasmatische Astrozyten kommen vor allem in der grauen Substanz des Zentralnervensystems vor, fibrillenreiche überwiegend in der weißen Substanz (Abb. 1.9).
Astrozyten
Astrozyten sind die häufigsten Gliazellen im Gehirn. Ihre Aufgabe besteht in der chemischen Regulation des Extrazellulärraums. Dies erreichen sie beispielsweise durch isolierende Eigenschaften oder das Ausbilden von Rezeptoren für Neurotransmitter. Man unterscheidet protoplasmatische Astrozyten, die größtenteils in der grauen Hirnsubstanz vorkommen, von fibrillenreichen Astrozyten, die in der weißen Substanz zu finden sind.
Astrozyten sind über Nexus (Gap junctions) verbunden und besitzen viele verzweigte Fortsätze, von denen einige an Blutgefäßen enden und hier eine Schicht aus Gliafüßchen aufbauen, die sogenannte Membrana limitans gliae perivascularis. Sie ist am Aufbau und der Funktion der Blut-Hirn-Schranke beteiligt (einer Struktur, welche verhindert, dass Blutbestandteile ohne weiteres in das Gehirn eindringen können). Astrozyten der grauen Substanz sind darüber hinaus am Aufbau der sogenannten Membrana limitans gliae superficialis beteiligt. Diese Grenzmembran, aufgebaut aus einer dichten Schicht von astrozytären Zellfortsätzen und einer direkt daran angrenzenden Basalmembran, stellt die äußere Grenzfläche des Hirngewebes dar. Jenseits der Basalmembran beginnt die weiche Hirnhaut (Pia mater, Abb. 1.10).
Astrozyten übernehmen viele Aufgaben im Gehirn. Man unterscheidet die der weißen (fibrillären) und der grauen (protoplasmatischen) Sub-stanz. Unter anderem bilden sie isolierende Barrieren nach außen hin, entweder in Richtung Hirnoberfläche (Glia limitans superficialis, a) oder um Gefäße herum (Glia limitans perivascularis, b). Färbung gegen GFAP (Glial fibrillary acidic protein).
Die Funktion der Membrana limitans gliae superficialis besteht darin, das Eindringen von Erregern von außen zu verhindern.
Darüber hinaus sind Astrozyten an der sogenannten neurovaskulären Kopplung beteiligt. Die neurovaskuläre Kopplung ist ein physiologischer Mechanismus zur Regulierung der Blutversorgung des Gehirns, um den Mehrbedarf von aktivem Nervengewebe an Sauerstoff und Glukose durch lokale Steigerung des Blutflusses zu decken. Was genau kann man sich unter dem Begriff neurovaskuläre Kopplung nun vorstellen? Wie funktioniert dieser Mechanismus, und welche Rolle spielen hierbei die Astrozyten? Lange Zeit ist man davon ausgegangen, dass eine Synapse aus exakt zwei Elementen besteht: der Axonterminalen der präsynaptischen Nervenzelle, und den Dornen (Spines) der postsynaptischen Nervenzelle. Man nannte dieses Modell bi-partite Synapse („bi“ steht hierbei für die Tatsache, dass zwei Partner beteiligt sind; eine solche Synapse ist in Abb. 1.5 dargestellt, s. o.). Weitere Studien konnten zeigen, dass Fortsätze von Astrozyten einen sehr engen Kontakt mit diesen Synapsen eingehen, sie strecken quasi einen ihrer Fortsätze in bzw. um den synaptischen Spalt (Abb. 1.11).
Mechanismus der neurovaskulären Kopplung, vermittelt durch Astrozyten:
1Glutamat wird freigesetzt.
2Glutamat bindet u. a. an metabotrope Rezeptoren (mGluR) von umliegenden Astrozyten.
3Dies bewirkt die Aktivierung einer Signalkaskade im Innern der Astrozyten.
4Die Signalkaskade hat eine Ausschüttung von NO an einem peri-arteriellen Fortsatz zur Folge.
5NO ruft dort eine lokale Vasodilatation hervor.
Freigesetzter Neurotransmitter (hier dargestellt für eine erregende = exzitatorische Nervenzelle, welche Glutamat als Neurotransmitter benutzt) wird in Folge dessen nicht nur von der postsynaptischen Membran, sondern auch vom Fortsatz des Astrozyten gebunden