Die über chemische Synapsen übertragenen Signale haben eine biochemisch festgelegte Wirkung. Je nach Neurotransmitter und Ausstattung der postsynaptischen Membran, auf die das sendende Neuron Einfluss nimmt, wird entweder eine erregende (exzitatorische) oder aber eine hemmende (inhibitorische) Wirkung erzielt. Eine erregende Wirkung trägt dazu bei, dass die Zielzelle ein neues Aktionspotenzial am Axonhügel bildet, eine hemmende Wirkung wirkt gegensätzlich. Nicht nur einzelne Synapsen, ganze Neurone werden daher in exzitatorische und inhibitorische unterteilt, je nachdem ob sie erregende oder nur hemmende Synapsen an Zielzellen ausbilden. Für eine Zielzelle innerhalb des Zentralnervensystems ist es für gewöhnlich so, dass sie von verschiedenen Neuronen Signale erhält, auch gegensätzliche, so dass sich die von ihnen ausgelösten elektrischen Spannungsänderungen addieren. Überschreitet die Summe der einlaufenden exzitatorischen und inhibitorischen (postsynaptischen) Spannungsänderungen am Axonhügel dieser Nervenzelle einen bestimmten Schwellenwert bei der Potenzialänderung, so wird diese Zelle ihrerseits aktiv, bildet ein Aktionspotenzial und leitet es über ihr Axon weiter. Bei einer Vielzahl von psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen wird davon ausgegangen, dass synaptische Übertragungswege gestört sind. So gibt es zum Beispiel Anzeichen für einen Zusammenhang zwischen verschiedenen Formen von Depressionen und Störungen von Signalübertragungen durch den Neurotransmitter Serotonin.
Viele Substanzen, wie etwa Proteine, werden im neuronalen Zellkörper (Soma/Perikaryon) synthetisiert und von dort über einen speziellen Transportmechanismus zu ihrem Zielort (z. B. zur Synapse) transportiert: man spricht vom axonalen Transport. Vom Zellkörper zur Synapse (anterograd, stromabwärts) werden unter anderem Membranmaterial und zur Sekretion bestimmte Substanzen (wie Neurotransmitter) transportiert. Dies geschieht über Granula oder Vesikel, die an das Motorprotein Kinesin geheftet sind (Abb. 1.6).
Axonaler Transport
Axone leiten nicht nur Aktionspotenziale weiter, sondern transportieren auch verschiedene intrazelluläre Substanzen (zum Beispiel Neurotransmitter oder Wachstumsfaktoren). Man unterscheidet einen Transport in gleicher Richtung wie das Aktionspotenzial (anterograder Transport, vermittelt durch Kinesin) und einen in gegensätzlicher Richtung (retrograder Transport, vermittelt durch Dynein). Viren können so von der Synapse in Richtung Soma wandern und ein Neuron dauerhaft infizieren (Herpes-Infektion).
Beim sogenannten retrograden Transport ist die Geschwindigkeit etwas geringer; hier werden Endprodukte des Stoffwechsels zurück zum Soma transportiert, außerdem zum Ab- und Umbau bestimmtes Membranmaterial sowie verschiedene Nervenwachstumsfaktoren, die für das Überleben der Nervenzelle notwendig sind. Der retrograde Transport erfolgt über Vesikel, die an das Motorprotein Dynein geheftet sind.
Diese axonalen Transportvorgänge nutzen bestimmte Erreger aus, um sich im Gehirn einzunisten. Herpes-simplex- und Polioviren etwa gelangen durch den retrograden Transport ins Zentralnervensystem. Bei abgeschwächter Immunlage können schwerwiegende Entzündungen im Gehirn die Folge sein (Enzephalitis). Im Falle der Herpes-Viren können diese auch wieder entlang der Nervenbahnen in Richtung Haut wandern und dort zu einer lokalen Entzündung führen. Man bekommt schmerzhafte Herpesbläschen, z. B. im Bereich der Lippe.
Sowohl der anterograde als auch der retrograde Transportmechanismus werden in den Neurowissenschaften genutzt, um Verbindungen im Gehirn zu verfolgen (sog. Tracingexperimente). Appliziert man spezifische Farbstoffe in eine bestimme Gehirnregion, werden diese in Nervenzellen aufgenommen und entweder anterograd oder retrograd transportiert. Mit Hilfe dieser eleganten Technik kann man feststellen, wohin ein Axon zieht (anterograder Transport) bzw. woher es kommt (retrograder Transport). Diese Technik hat wesentlich dazu beigetragen zu verstehen, welche Gehirnregionen untereinander in Verbindung stehen.
Das Wort „Dendrit“ leitet sich aus dem griechischen Wort für „Baum“ ab (Dendriten ähneln den Ästen eines Baumes, die vom Soma abgehen). Die Dendriten eines einzigen Neurons in ihrer Gesamtheit nennt man Dendritenbaum. Anhand der großen Vielfalt an Formen und Größen von Dendritenbäumen lassen sich die Neuronen in verschiedene Untergruppen einteilen: multipolare Neurone, bipolare Neurone, pseudounipolare Neurone, und unipolare Neurone (Abb. 1.7).
Man klassifiziert Nervenzellen anhand der Morphologie ihrer Dendritenbäume (grün): Multipolare Neurone kommen am häufigsten vor und verfügen über ein Axon und mehr als einen Dendriten. Bipolare Neurone besitzen neben ihrem Axon genau einen Dendriten. Pseudounipolare Neurone entwickeln sich aus bipolar angelegten Neuronen. Es entspringt aus ihrem Soma zunächst nur ein Fortsatz, der sich im Verlauf in Axon und Dendrit aufzweigt. Unipolare Neurone sind sehr selten. Sie besitzen keinen Dendriten – ihre Reizwahrnehmung findet direkt am Soma oder am Axon statt.
Pseudounipolare Neurone entwickeln sich zunächst aus bipolar angelegten Zellen, deren zwei Fortsätze dann aber aufeinander zuwachsen und an den Abgangsstellen auf eine kurze Strecke miteinander verwachsen. Das Zytoplasma von Dendriten ähnelt größtenteils dem der Axone.
Die beiden Neurowissenschaftler O. Steward und W. B. Levy fanden 1982 heraus, dass in Dendriten Polyribosomen vorkommen, die häufig direkt unter den Dornfortsätzen angesiedelt sind.2, 3 Ihre Untersuchungen zeigten, dass die synaptische Signalübertragung in einigen Neuronen tatsächlich eine lokal begrenzte Proteinsynthese direkt im Bereich des Dendritenbaumes induzieren kann. Heute weiß man, dass diese synaptische Regulierung der lokalen Proteinbiosynthese für Lernprozesse von entscheidender Bedeutung ist.
Im Rahmen der Erforschung der Ultrastruktur des Nervensystems sind den damaligen Histologen zuallererst die Nervenzellen aufgefallen. Nach und nach wurde jedoch klar, dass das Nervensystem nicht nur aus Neuronen, sondern auch aus anderen Zellen besteht, die sowohl morphologisch als auch funktional nicht so recht in das Bild der Nervenzellen passen wollten. Der Mitentdecker dieser nicht neuronalen Zellen, Rudolf Virchow, vermutete Mitte des 19. Jahrhunderts eine Stütz- und Haltefunktion und gab ihnen deshalb den Namen Gliazellen, abgeleitet aus dem griechischen Wort glia für „Leim“. Gliazelle ist also ein Sammelbegriff für strukturell und funktionell von den Neuronen abgrenzbare Zellen im Nervengewebe. Mittels unterschiedlicher Färbemethoden durch Santiago Ramón y Cajal, Pío del Río Hortega und Camillo Golgi konnten sie Ende des 19. Jahrhunderts weiter subklassifiziert werden.
Ersten Untersuchungen zufolge bilden die Gliazellen ein Stützgerüst für die Nervenzellen und sorgen für deren gegenseitige elektrische Isolation. Neuere Erkenntnisse zeigten, dass Gliazellen maßgeblich am Stoff- und Flüssigkeitstransport sowie an der Aufrechterhaltung der Homöostase im Gehirn