Der Schatz von Ihrland. Jörg Bothe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jörg Bothe
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783861969662
Скачать книгу
blies er seinem Gegenüber direkt ins Gesicht und sah ihn aus wachen Augen eindringlich an.

      „Sie will nicht und sie wird nicht, Boss“, sagte W. C. Schwarz kleinlaut zu seinem Chef.

      „Sie muss oder sie wird müssen, Schwanz!“

      „Schwarz“, entgegnete der mit gesenktem Kopf. Es fühlte sich an, als ob der Sessel immer größer würde ... oder er kleiner.

      „Was? Ach, unterbrechen Sie mich nicht ständig! Nicht nur die Wetterfest, sondern auch Sie, Schwatz. Auch Sie müssen!

      „Schwarz! Mein Name ist Schwarz, Boss.“ Nun verschluckte der Sessel ihn fast.

      „Mir doch egal, Mann! Wenn Sie es nicht schaffen, das Haus für uns zu besorgen, werden die Konsequenzen für Sie nicht gerade schön sein, Schwanz. Sie wissen, was das bedeutet?“

      Natürlich wusste er das. Er war ja nicht ganz so blöd, wie viele seiner ehemaligen Freunde annahmen.

      Der leicht untersetzte Mann im schwarzen Maßanzug und der dicken Zigarre im Mundwinkel scherzte nicht gerne. Hier in seinem Büro, in einem schäbigen Eckhaus, saß er im großen Ledersessel hinter seinem bulligen Schreibtisch aus Eichenholz und regelte die übelsten Geschäfte.

      Ja, W. C. Schwarz wusste genau, was ihm blühen würde.

      „Und zack“, sagte der Mann im Sessel und deutete mit seiner Hand einen Schnitt über den Hals an. Durch sein Lachen bewegte sich sein ganzer Körper wie ein Wackelpudding auf und ab und hin und her. Die Andeutung des Schnittes und die Reaktion seines Gegenübers fand er wohl sehr lustig. Er lachte so aufgeregt, dass ihm die Zigarre fast aus dem Mund fiel.

      „Ich werde alles versuchen, Boss“, stammelte Schwarz leise vor sich hin. Er musste jetzt irgendwie dem menschenfressenden Sessel entkommen und rutschte nervös hin und her.

      Tollini wurde von einer Sekunde auf die andere todernst, sah ihn mit blitzenden Augen an und wurde laut. „Hoffentlich reicht alles versuchen, SCHWARZ! Ich hoffe es für Sie. Sie wissen, wie wichtig dieses Haus für meine Pläne ist. Das Einkaufszentrum mit großem Casino und Parkhaus wird hier gebaut. Punkt! Ich will es! Ich bekomme es! Vergessen Sie meinen Ruf nicht! Ein Eduardo Tollini bekommt alles, was er will! Und jetzt RAUS!“

      Schwarz fühlte sich wie von einem Erdbeben überrollt. Die Luft vibrierte förmlich durch den brüllenden Boss.

      Geknickt verließ W. C. Schwarz das Büro von Tollini und ging, über seine neue Strategie nachdenkend, in den frühen Abend hinein.

      Er war froh, lebend aus dem Büro und dem Sessel rausgekommen zu sein. Er hatte wirklich kurz gedacht, dass der Sessel ein Eigenleben führte, und musste nun vor Erleichterung laut lachen.

      *

      *

      Die Treppe

      „Und nun?“, fragte ich in die schweigende Menge. Wir saßen immer noch in Marks Zimmer und bestaunten den mysteriösen Gegenstand vor uns.

      „Tja, wie der Kaiser sagen würde: Schaun mer mal!“, witzelte Mark.

      „Dann sag es doch“, entgegnete Patsy lächelnd.

      „Schaun mer mal“, machte Mark Franz Kaiser Beckenbauer nach und lächelte zurück. Dann stand er auf. „Ich halt es nicht mehr aus, ich will jetzt wissen, was hinter der Tür ist.“

      „Nicht nur du“, war die einstimmige Antwort.

      Wir gingen wieder in den Raum des Kellers, in dem wir die Tür entdeckt hatten. Mark hatte mir eine Taschenlampe in die Hand gedrückt, um ihm den Weg zu leuchten. Vorsichtig legte er den Schlüssel in die Öffnungen der Steintür.

      Als er es beim dritten Versuch endlich schaffte, sagte er geheimnisvoll: „Meine Damen und Herren, die wohl größte Entdeckung seit dem alten Tut Senf Am Rum.“

      „Der hieß Tutanchamun, der gute Mann“, berichtigte ich ihn, „und nu mach hin!“

      „Tut mir leid, großer Meister-Archäologe!“, maulte Mark gespielt beleidigt zurück.

      „Jetzt mach doch endlich. Der Tach is kurz“, schimpfte Greg ungeduldig los.

      „Okay, dann wollen wir mal sehen ...“ Langsam drückte Mark den Schlüssel in die Öffnung der Tür, bis er auf einen Widerstand traf. Dann drehte er ihn vorsichtig gegen den Uhrzeigersinn. Unter lautem Knacken und Knirschen rieb ein Eisenriegel in der Tür gegen die Steinwände. Wir stemmten uns mit aller Kraft dagegen, bis sie endlich langsam nachgab. Ein kühler muffiger Luftzug streifte unsere zitternden Körper.

      „Puh, das stinkt“, sagte Martha angewidert mit einer Hand vor dem Mund.

      „Du hast ja gar keine Ahnung“, fauchte Mark sie künstlich aufgeregt an. „Das ist der Geruch der Geschichte, der Geruch des Altertums. Das riecht wie ... äh ... wie ... in unserem Wohnzimmer.“

      „Laber nicht rum“, antwortete ich und warf einen Blick hinter die Tür. „Nicht mal einen Lichtschalter gibt es hier.“

      „Tja, als diese Tür das letzte Mal geschlossen wurde, war Edison noch nicht mal in Planung“, sagte Mark wissend.

      „Wer?“, fragte Melissa mit schmatzenden Geräuschen.

      „Edison, der Erfinder der Glühbirne, Baby. Und nimm doch den Finger aus dem Mund, is ja widerlich“, maulte Mark sie an.

      „Ich hol schnell für jeden eine Taschenlampe. Mit einer Lampe sieht man ja nicht genug. Nichts unternehmen, bis ich wieder da bin, klar?“ Und schon lief er davon.

      „Ich glaub, ich fall gleich um“, stotterte Patsy, „Was ist, wenn’s da spukt?“

      „Ich hab gelesen, dass grundsätzlich hinter verschlossenen Steintüren die Obergespenster zu Hause sind“, sagte ich und strich ihr mit meiner Hand langsam über ihre Schultern und ihren Hals.

      „Iiiihhh! Lass das, du Ekel! Du weißt doch, wie schreckhaft ich bin“, schrie sie mich hysterisch an.

      „Bleib mal auf’m Teppich, Patsy. War nur ’n Scherz, Okay? Du müsstest eigentlich wissen, dass es keine Geister gibt.“

      „So, Leute! Da bin ich wieder!“, rief Mark völlig atemlos. Er hatte inzwischen den hauseigenen Werkzeugschrank geplündert. „Hier, für jeden eine. Ich wusste gar nicht, dass wir so viele Taschenlampen haben.“

      „Hauptsache, die funktionieren“, murmelte Greg misstrauisch vor sich hin.

      „Willst du etwa infrage stellen, was ich persönlich kontrolliert habe? Ist ja nicht zu glauben, ist das ja nicht“, meckerte Mark gespielt empört drauflos.

      „Bei dir weiß man das ja nie so genau“, bemerkte ich augenzwinkernd.

      „Es lohnt sich nicht, mit euch Minderheiten zu kommunizieren. Lasst uns losgehen“, sprach Mark mit hochgerecktem Kinn und ging durch die Tür. Die Lichtkegel wanderten von einer Seite des Raumes zur anderen. Mit zitternder Stimme sagte er: „Das ist ja, als würde man so ein altes Pharaonengrab öffnen.“

      „Mit dem Unterschied, dass hier nichts ist, außer kahlen Steinwände“, meckerte Martha.

      „Ach komm, Lady, du zerreißt die Melancholie hier“, maulte Greg mein Schwesterchen an.

      Aber irgendwie hatte sie auch recht. Die Steinwände waren einfach aus dem Fels gehauen und hier und da mit Moos bewachsen. Man konnte noch Halterungen an den Wänden erkennen, an denen wohl einmal Fackeln befestigt waren. Die waren allerdings bereits vor Jahren durch den Rostbefall teilweise abgefallen.

      Die Feuchtigkeit an den Wänden spiegelte hier und da das Licht der Taschenlampen wider. Da war sonst nichts an den Wänden, nichts