Der Schatz von Ihrland. Jörg Bothe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jörg Bothe
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783861969662
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das sein? Wir könnten doch auch zu uns fahren und eine CD von Robbie ...“

      „Alles klar, fahren wir zu Mark!“, unterbrachen wir Jungs einstimmig Melissas Vorschlag. Ohne ihr Gemecker weiter zu beachten, stiegen wir auf unsere Räder und fuhren los.

      Als wir am Haus der Wetterfests ankamen, sahen wir einen großen, blank polierten schwarzen Mercedes in der Einfahrt stehen. „Ach nee“, gab Mark von sich, „Herr Schleimbolzen ist wieder über unsere Türschwelle gerutscht. Wir brauchen nur der Schleimspur zu folgen.“

      Alle grinsten sich belustigt an, da wir Marks Witze ja kannten und jedes Mal nicht ernst nahmen. Als wir dann ins Wohnzimmer kamen, konnte ich mir ein Lächeln nicht verkneifen. Denn das, was wir dort auf dem Sofa neben Peggy sitzen sahen, war nichts anderes, als ein schleimiger Bolzen, ein Schleimbolzen eben. Ein Typ im schlecht sitzendem weißen Mafiaanzug mit rotem Einstecktuch in der Brusttasche. Ich schätzte ihn auf Mitte vierzig. Die schwarzen Haare waren mit Gel so eng an den Kopf geklebt, dass man meinen konnte, er wäre gerade aus einem Ölbad gestiegen. Die Stirn war feucht vom Schweiß, den er sich alle zehn Sekunden mit einem Taschentuch abtupfte. Auf mich wirkte er irgendwie nervös.

      „Hey Kids!“, grinste der Mann uns an, hob übertrieben den Arm und machte das Victory-Zeichen. Wir nickten ihm nur zu.

      Mark gab seiner Mutter einen übertrieben großen Schmatzer auf die Wange und ignorierte die erhobene Hand des Gastes, die bereit war, mit ihm abzuklatschen. „Wir gehen in mein Zimmer, Ma“, sagte er zu ihr und drehte sich wieder zu uns um. „Lasst uns!“

      „Hey Kids!“, rief der Schleimbolzen hinter uns her. „Ihr müsst wohl noch Hausaufgaben machen, wie? Macht sie bloß ordentlich, ich werde sie nachher korrigieren, hahaha.“

      Purple saß in seinem Käfig und beobachtete stumm das Geschehen. „Hahaha!“, machte er dann den Schleimbolzen nach. Wir grinsten uns an und gingen weiter.

      „Das heißt doch inhalieren, oder nicht?“, fragte Mark mich.

      „Oder ignorieren?“, blickte ich ihn fragend an. „Vielleicht weiß er ja wirklich nicht, das gerade Ferien sind. Er sollte jemanden fragen, der sich mit so etwas auskennt!“

      „Diese Antwort ist korrekt, Herr Schmidt!“, sagte Mark und ging in den Keller, wo er sein Zimmer hatte. Wir folgten ihm durch den Flur, an dessen Wänden sich bereits einige Tapeten lösten. Die alten Bretter des Holzfußbodens knarrten unter unseren Schritten.

      *

      *

      Der Keller

      Wir saßen schon eine ganze Weile in Marks Zimmer, hörten irischen Folk-Rock und überlegten, was wir als Nächstes ausfressen konnten.

      „Wir könnten eine Katze einfangen und in die Mikrowelle stecken!“, schlug Mark nach einiger Zeit vor.

      „Du bist unmöglich, Mark Wetterschlecht, weißt du das?“, schimpfte Melissa wie ein Rohrspatz.

      „Hey, Baby, war doch nur ein Scherz!“, brachte Mark cool zurück. „Aber was haltet ihr davon, wenn wir unseren alten Keller mal ’n bisschen durchstöbern? Vielleicht finden wir da irgendwas Interessantes.“

      „Ok, alte Sachen haben mich schon immer interessiert. Vielleicht finden wir eine Mumie oder so was“, gab ich als Antwort und musste selbst lachen.

      Wir gingen in den größten Raum des Kellers rüber und Mark betätigte den Lichtschalter. Eine einzelne Birne hing an einem Kabel von der Decke in der Mitte des Raumes und warf unheimliche Schatten in die Ecken. Alles, was wir erkennen konnten, waren ein riesiger Schrank an der einen Wand und jede Menge Gerümpel, das auf dem Boden verteilt war.

      „Na herzlichen Kniestrumpf!“, sagte ich vor mich hin. „Hier hat seit Kolumbus keiner mehr aufgeräumt!“

      „Mann, was hier alles rumliegt. Und so viel Staub! Ich glaub, ich muss mich übergeben“, platzte es aus Melissa raus. Sie hielt sich die Hände schützend vor den Mund.

      „Halt die Klappe, Baby“, raunzte Mark sie an. „Du hast ja keine Ahnung. Hier liegt der Staub von Jahrhunderten! Das ist Geschichte, klar? Jetzt lasst uns mal ein wenig herumstöbern.“

      „Hier, ich hab was!“, rief Greg. „Ein uraltes Fotoalbum. Mal sehen ... ha! Guckt mal, ein kleiner Junge sitzt auf seinem Töpfchen und schlürft Joghurt! Hahaha, ist ja urkomisch!“

      Wie scharten uns um ihn und fingen alle an zu lachen. Das war wirklich ein Bild für die Götter. Nur Mark fand das irgendwie nicht so lustig.

      „Was soll die Scheiße? Mann, da wusste ich doch noch nicht, was ich da mache.“

      „Du bist das?“, fragte Greg und das Gelächter wurde noch lauter. Mark riss Greg das Album aus der Hand und schleuderte es an die Wand. Nachdem sich alle wieder beruhigt hatten, sahen wir uns weiter um.

      „Was ist das denn?“, fragte Patsy nach einer Weile. Sie hielt etwas langes Gebogenes in der Hand. Mark sah es sich etwas genauer an und erkannte darin ein lang vermisstes Familienerbstück.

      „Hey, das ist der alte Säbel von meinem Ur-Ur-Urgroßvater. Er war so ’ne Art Pirat, müsst ihr wissen. Es wird erzählt, dass er mehrere Flotten des englischen und spanischen Königs besiegt und tonnenweise Gold erobert hat. Doch von einem auf den anderen Tag waren er, seine Mannschaft und sein Schatz verschwunden. Die offizielle Version ist, dass er mit seinem Vermögen an Bord in einen Sturm geraten und das Schiff gesunken ist. Und die Schande ist ja, keiner weiß, wo! Na ja, wenigstens haben wir seinen Säbel.“

      Wir blickten erst ihn und dann uns gegenseitig an, dann schüttelten wir mit den Köpfen und tippten uns an die Stirn.

      „Moment mal“, stoppte ich seine Fantastereien, „wieso sollte ein so großer Pirat, der angeblich alle besiegt hat, ohne seinen Säbel aufs Meer fahren? Ich glaube nicht, dass ausgerechnet einer deiner Vorfahren ein stinkreicher Seeräuber gewesen ist. Wie hieß er denn? Störtebeker oder was?“

      „Nein. Klaus.“

      „So hieß Störtebeker auch ...“

      „Nein. Klaus Wetterfest natürlich. Ihr müsst es ja nicht glauben. Ich weiß, dass es stimmt!“, regte Mark sich auf.

      „Nu beruhig dich mal wieder“, besänftigte Greg ihn und streichelte ihm über den Kopf. „Wir glauben dir doch.“

      Mark steckte sich den Säbel durch den Gürtel und kletterte zum Schrank, um ihn zu öffnen. Er zog nur kurz an der Tür, da polterte auch schon der gesamte Inhalt heraus und begrub ihn unter sich.

      „Hilfe, Hilfe!“, schrie er von unten durch das Gerümpel, „holt mich hier raus! Ich werde von bösem Monstermüll angegriffen! Hilfe!“

      „Moment, Moment, wir kommen ja“, beruhigte Greg ihn.

      Wir arbeiteten uns zu ihm durch und befreiten ihn aus seinem unfreiwilligen Gefängnis.

      „Mann, das ganze Zeug kann unmöglich aus diesem Schrank gekommen sein“, staunte Greg, „das würde nicht mal in einen Lkw passen.“

      „Halt die Klappe, Greg“, grunzte Mark ihn an, „kletter doch in den Schrank, dann siehst du, wie groß er ist. Der ist mehrere Hundert Jahre alt. Das ist noch massive Arbeit.“

      „Alter Falter. Das Holz ist mindestens zehn Zentimeter dick“, entfuhr es Patsy. „Wie haben die den bloß damals bewegt?“ Sie ging den Schrank einmal ab und zählte acht Schritte.

      „Wow!“, stieß Martha lauthals aus. „Wie viele Klamotten da reinpassen würden. Da könnte ich einen ganzen Laden reinstecken.“

      „Halt dich mal still, Lady“, maulte ich sie an. Irgendwie konnte das Schwesterchen ganz schön nerven.