Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth. Ödön von Horváth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ödön von Horváth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027226405
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nur niedergeschlagen, leicht, oberflächlich niedergeschlagen, gewissermaßen k. o. – und jener hätte sich dann wieder erholt, hätte blühender ausgesehen wie je zuvor, aber jener ist verschieden, inzwischen – so ganz von allein verschieden –

      KARL

      finster: Ganz von allein. Hörst du?

      MAX

      schluckt: Ganz von allein. Gut. Lassen wir den Spiritismus.

       Im Zimmer über der Halle fällt ein Stuhl um. Karl, Max starren empor. Das Grammophon bricht plötzlich ab.

      MÜLLER

      erscheint in der Eingangstüre; hält auf der Schwelle: Na guten Tag! Mein Name ist Müller, Vertreter der Firma Hergt und Sohn. Ich will mal Direktor Strasser sprechen.

      MAX

      Herr Direktor ist leider im Augenblick –

      MÜLLER

      unterbricht ihn: Nanana! Wann kommt denn der Augenblick, in dem man bezahlt wird? Wann denkt man denn hier, die Rechnung zu begleichen? Oder wird hier geglaubt, die Schulden werden erlassen, wie?

      MAX

      Da ich nur Kellner bin, kann ich diese Fragen nicht beantworten. Ich kann nur sagen, daß ich den Eindruck habe, als würde es uns sehr schwerfallen zu bezahlen. Wir haben seit fünf Monaten nur einen einzigen Gast, eine alte Dame, die sich hierher zurückzog, um still leben zu können.

       Im Zimmer über der Halle lacht eine Frau kreischend; das Grammophon ertönt wieder.

      MÜLLER

      lauscht: Nur ein Gast?

      MAX

      Leider.

      MÜLLER

      grinst: Nur Mut, junger Mann! Nur Mut! Die Masse macht es nicht! Qualität ist Trumpf! Einer zählt für zwanzig, einer zahlt für zwanzig, wenn er eine Persönlichkeit ist!

       Wieder fällt im Zimmer über der Halle ein Stuhl um; und dann hüpft jemand hin und her, daß alles erzittert.

      Toll! – Still leben. Und zurückgezogen. Mit wem hat sie sich denn zurückgezogen? Er wiehert.

      MAX

      Mit dem Kaiser von China.

      MÜLLER

      Nanana, Kellner! – Seit wann ist unser Freund und Meister Direktor Strasser, Besitzer dieses Etablissements, Kaiser von China, Sohn des Himmels? – Na denn auf Wiedersehen! Ab.

       Strasser mit schiefsitzender Krawatte und zerwühlter Frisur; steigt langsam die Treppen herab; hält auf der letzten Stufe und ordnet Krawatte und Frisur.

       Das Grammophon verstummt: schläft ein.

      KARL

      hatte sich gesetzt; erblickt Strasser: Na endlich!

      STRASSER

      Der nächste.

       Karl erhebt sich und ordnet sich die Uniform.

      Baronin dürften sogleich erscheinen. Baronin ziehen sich nur an.

      KARL

      Haben Baronin mit Stühlen jongliert?

      STRASSER

      Baronin tanzten.

      KARL

      Menuett!

      STRASSER

      Wie ein Roß. Er erblickt Max. Mensch! Wie siehst du wieder aus?

      MAX

      Wie?

      STRASSER

      Zieh dir doch den Frack an! Das will Kellner sein!

      MAX

      Erstens: will ich ja gar nicht Kellner, und zweitens: eigentlich bin ich ja –

      STRASSER

      unterbricht ihn: Laß das! Erstens, zweitens, drittens: du bist Kellner! Daß du ursprünglich Plakate entworfen, Kunstgewerbler oder dergleichen Schnee warst, geht uns hier nichts an! Erwähne ich denn mein Vorleben?

      MAX

      Im eigenen Interesse? Kaum!

      STRASSER

      Kehre ich jemals den Offizier hervor? Betone ich jemals, daß ich eine Hoffnung, ja mehr als das, eine Erfüllung der europäischen Filmindustrie war? Daß ich ein Bonvivant, einmalig!

      MAX

      Aber der Bonvivant hat Pech gehabt.

      STRASSER

      Ich verbitte mir das! Das ist ja alles nicht wahr! Das sind gemeine Verleumdungen! Das war schon lange vorher! Der Bonvivant hat sich dieses Hotel gekauft, weil seine Augen die Jupiterlampen nicht ertragen konnten!

      MAX

      Wird gesagt.

      STRASSER

      Halt dein Maul! Und Schluß! Jetzt bist du Kellner! Verstanden?! Ob du noch vor einem Jahre Autos verschoben hast –

      MAX

      unterbricht ihn: Mit dir!

      STRASSER

      Mit mir. – Ja, was soll denn das?

      MAX

      Ich meinte nur.

      STRASSER

      Der Zeigefinger hat mir nicht gefallen, der Zeigefinger!

      MAX

      Der? – Das war ja gar nicht der Zeigefinger, nur der kleine Finger. Der kleinste Finger.

      STRASSER

      Jetzt hast du dir den Frack anzuziehen. Was sollen denn die Gäste denken?

      MAX

      Es kommen keine Gäste. Höchstens Vertreter. Ab und zu.

      STRASSER

      War einer da?

      MAX

      Ja. Ein Herr Müller.

      STRASSER

      Ich bin nicht zu sprechen.

      MAX

      Er wird wiederkommen. Pinke, Pinke!

      STRASSER

      Zieh dir den Frack an.

      MAX

      Nein. Ich schwitze.

      KARL

      gehässig: Im März?

      MAX

      Gott, auch im März kann es einem heiß werden, im August werden wir vielleicht frieren.

      KARL

      Vielleicht!

      MAX

      Vielleicht sicher sogar.

      STRASSER

      Also kriegen wir dann überhaupt keine Saison mehr?

      MAX

      Möglich. Die Erdachse soll sich ja verschoben haben.

      STRASSER

      Woher weißt du denn das?

      MAX

      Ich beschäftige mich doch mit Astrologie.

      STRASSER

      Du sollst dir den Frack anziehen.

       Max folgt zögernd; zieht sich unter allerhand Faxen langsam den Frack an und lächelt gelangweilt.

       Die Sonne verschwindet hinter einer