INGENIEUR
Das können Sie nicht!
AUFSICHTSRAT
Das können Sie nicht! Wir können! Und noch mehr!
INGENIEUR
Gratuliere!
AUFSICHTSRAT
Danke! – Sie sind Fanatiker. Um Ihr Ziel zu erreichen, schritten Sie über Existenzen. Über Leichen!
INGENIEUR
Und Sie? Aus ferner Höhe tönt ein »Huuu!« sechsmal hintereinander; der Nebel hüllt alles in Grau: unheimlich still und düster.
AUFSICHTSRAT
entsetzt, feige: Was war das?
INGENIEUR
Sechsmal in der Minute. Das Notsignal!
AUFSICHTSRAT
Die Leichen!
INGENIEUR
Vielleicht! – Guten Appetit! Ich sehe nach! – Nur keine Angst!
AUFSICHTSRAT
Ich hab keine Angst, Sie! Ingenieur lacht ihn aus und eilt nach links empor.
VERONIKA
tritt aus der Baracke: Hat da nit wer grufn? – Es war doch, als hätt wer grufn.
AUFSICHTSRAT
sieht auf die Uhr: Zehn auf elf. Er überlegt; setzt sich wieder und fängt an mechanisch zu essen.
VERONIKA
sieht ihm zu: Schmeckts?
AUFSICHTSRAT
nervös: Sie sollten mal im Adlon essen!
VERONIKA
Wo?
AUFSICHTSRAT
Im Adlon. – Zum Donnerwetter, was glotzen Sie denn so?! Haben Sie noch nie jemanden essen sehen?! So ein Geglotze! Ist ja widerlich! Die Rufe ertönen wieder.
VERONIKA
Da is was gschehn!
AUFSICHTSRAT
Was soll denn schon geschehen sein?! Was? Wie?
VERONIKA
Es san scho paar runter –
AUFSICHTSRAT
wird immer nervöser: Wo runter? Was runter?! So machen Sie doch Ihr Maul auf, gefälligst, ja!
VERONIKA
Schreins nit so mit mir!
AUFSICHTSRAT
brüllt: Was erlauben Sie sich für einen Ton?! Freches Frauenzimmer! – Nichts ist geschehen. Es darf nichts geschehen! Basta!
Sturmstoß.
VERONIKA
Nur kane Angst!
AUFSICHTSRAT
Ich habe keine Angst, Sie!
DRITTER AKT
Gratscharte. Graugelber Nebel. Oberhalb der Scharte die Konturen der Hilfsstütze Nummer fünf, wie eine riesige Spinne. Neuschnee.
Moser, Reiter, Sliwinski, Simon ließen Oberle an einem Seile in den Abgrund, um den abgestürzten Schulz zu bergen.
MAURER
auf einem Gratzacken; ruft durch Handtrichter: Huuu! – Huuu!
Xaver, Hannes lauschen auf Antwort. Stille.
HANNES
Nix. Sturmstoß in der Ferne, der sich rasch nähert.
XAVER
Horch, wie die Berg scheppern!
HANNES
Des winselt, wie a kranke Katz.
MAURER
Huuu!
SLIWINSKI
Maurer! Des hat kan Sinn, des Schrein! Des Wetter plärrt besser! Des überplärrt jeds Signal! Der Sturmstoß fegt vorüber. Maurer klettert vom Zacken herab.
XAVER
leise: Wie so an Unglück passiert –
MAURER
ebenso: Schnell!! Der Reiter hat a Klammer braucht, und der Oberle sagt zum Schulz: hol ane her! und der arm Teufl springt dahin, ganz eifrig, und schreit glei, ganz entsetzli, und runter is er a scho über d'Wand. So vierzig Meter. Und bloß ausgrutscht –
MOSER
erregt; unterdrückt: Hörts! Stehts do net so rum! Der Oberle holt den scho rauf! Laufts um a Tragbahr und telefonierts um an Dokter! Zu!
HANNES
Da werd nimmer viel zum doktern sein.
MOSER
Meinst?
HANNES
Ja. Der is hin.
MOSER
Was is hin? Wer is hin?! Der is net hin, du Rindvieh! Der darf net hin sein!
REITER
Achtung, Moser!
OBERLES STIMME
aus dem Abgrund: Auf! Moser, Reiter, Sliwinski, Simon, Xaver, Maurer ziehen das Seil empor. Hannes will ihnen helfen.
MOSER
Weg! Tepp!
SIMON
zu Moser: Halts Maul! Im Abgrund wimmert Schulz; schreit gellend auf; verstummt.
REITER
Achtung! Um Gotts willn! Sturmstoß.
SLIWINSKI
Net auslaßn! Zu! Oberle, Schulz erscheinen am Seile über der Kante; Oberle stützt den bewußtlosen Schulz, der sofort aus den Schlingen befreit und unter einer überhängenden Felspartie gebettet wird.
OBERLE
löst den Seilknoten; verschnauft: Seids alle da?
REITER
untersucht Schulz: Habts ka Wasser?
SIMON
Hier!
SLIWINSKI
Net so tief, an Kopf!
REITER
Des überlaß nur mir! I bin Samariter.
OBERLE
Den hats da drunt auf an Zackn ghaut, daß der Fels kracht hat.
XAVER
A Gsicht voll Blut. Wie a roter Neger. Schweigen.
REITER
erhebt sich langsam: Aus. Der werd nimmer. Des is ja des ganz Geripp zersplittert.
SIMON
Ja, der is runter.
MAURER
gedämpft: Der Neuschnee halt, der Neuschnee! Und des Schuhzeug is a nix fürs Hochgebirg. Die Sohln wie Papier. Da liegt er.
Schweigen.
SLIWINSKI
Als