Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth. Ödön von Horváth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ödön von Horváth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027226405
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      Pst!

       Alle lauschen.

      XAVER

      singt leise:

      Und die Wasserl habn grauscht

      Und die Bacherl habn plauscht

      HANNES

       fällt ein:

      Aber gschwind, wie der Wind

      Lassens trauri mi hint –

       Gesumm.

      Denn auf den Bergen

      Da wohnt die Freiheit

      Ja, auf den Bergen

      Da, is es scheen –

       Einzelne summen mit.

      Da is es scheen –

      MOSER

      näherte sich Oberle; leise; unsicher: Oberle, du bist so hinterlisti still. – Hast etwa zuvor sagn wolln, daß i den da draußn, daß der da draußn –

      OBERLE

      Na. Aber bremsn mußt! Sonst könnts leicht mal an Unglück gebn. Der blut nur, aber leicht kennt si mal aner verblutn.

      MOSER

      grinst: So? Halt! Sag: was hättest denn du dann – hättst ihn gestreichelt und gschmeichelt, hättest Kratzfüß gmacht, daß der Dreck nur so rumgspritzt war, ha? Net zughaut, na na! Und warum net? Weißt warum net? Weil du net kannst! Weil deine Arm ohne Schmalz san, verstehst, du Schleimer! I hab di scho heraußen, Oberle!

      OBERLE

      Meinst?

      MOSER

      Jawohl! Sogar sehr! – Oberle, kennst die Hirsch? Was macht denn der Hirsch, wenn a Fremder über sein Rudel kimmt, ha? Der rauft damit! Und dersticht ihn! Der Stärkere den Krüppl, verstehst?

      OBERLE

      Wir san aber kane Hirsch. Wir san arme Teufl. Wir kennens uns net leistn zwegn an Madl – und wars a ganzer Harem, uns die Schädl zu zerschlagn! Wir müssn des Hirn und all unsere Kraft sparn. Wir habn nur Feind, lauter mächtige Feind!

      MOSER

      Wo hast denn die Sprüch glernt?

      OBERLE

      Im Krieg. Da hab i den Feind gsehn, ganz deutli und scharf. – Damals warst du no klein. Hast Schneemanner baut und net lesen kennen. – Komm jetzt! Veronika hatte zwei dampfende Schüsseln auf den Tisch gestellt um den die anderen bereits Platz genommen haben. Oberle setzt sich. Moser folgt ihm langsam nach. Alle essen. Der Wind wimmert und rüttelt an den kleinen Fenstern.

      SLIWINSKI

      lauscht: Der bringt Schnee. Viel Schnee.

      REITER

      Oktober. Nachher werds nimmer gut.

      XAVER

      Ja, die Berg warn a zu rot.

       Schweigen.

      MAURER

      Jetzt heut wars scho gar nimmer so einfach. Der weni Neuschnee in der letztn Nacht, da rutscht alls, und drobn des Gröll, des hat der Satan angschaut – da, wer net hinhorcht, da ists glei aus mitn schönen Land Tirol! Schweigen.

      REITER

      Wie hat si nur jetza der geschriebn, dens im Frühjahr runtergwaht hat? Beim Hilfskabel. Da hast schier nimmer gwußt, was da vor dir liegt. Im Sack habns den Brei aufn Gottsacker gschafft.

      SIMON

      Der Müller Anton wars. Von Pfaffenhofen.

      MAURER

      Richti! Ja, des war schreckli. Und a Weib und vier unmündige Kinder.

       Schweigen.

      Es is scho a wahre Sünd, was mit die Menschn gtriebn werd. Da turnst herum, wie kaum a gewiegter Turist, rackerst di ab mit Lawinen, Steinschlag, Wetter – und was erreichst? Grad, daß dei Essen hast und a Lager, wie a Unterstand, als hätt der Krieg kan End! Abgschnittn von der Welt.

       Schweigen.

      SLIWINSKI

      Neuli habens a Ingineur gfeiert.

      MAURER

      In der Zeitung is gstanden, er sei unsterbli.

      SIMON

      Aber von die Totn schreibt kaner!

      REITER

      Die Totn san tot.

      OBERLE

      hebt langsam das Haupt: Die san net tot! Die lebn! Schweigen.

      SLIWINSKI

      Da liest überall vom Fortschritt der Menschheit und die Leut bekränzn an Ingineur, wie an Preisstier, die Direkter sperrn die Geldsäck in d'Kass und dem Bauer blüht der Fremdenverkehr. A jede Schraubn werd zum »Wunder der Technik«, a jede Odlgrubn zur »Heilquelle«. Aber, daß aner sei Lebn hergebn hat, des Blut werd ausradiert!

      SIMON

      Na, des werd zu Gold!

      XAVER

      Wahr ists.

      REITER

      Allweil. Schweigen.

      XAVER

      Allweil des Geld.

      HANNES

      Des Geld hat der Teifl gweiht!

      MAURER

      Des Grundübel, des is die kapitalistische Produktionsweise. Solang da a solche Anarchie herrscht, solang darfst wartn mit den Idealen des Menschengeschlechts. Die Befreiung der Arbeiterklasse –

      SIMON

      unterbricht ihn: Des san Sprüch.

      MAURER

      Was san des?

      SIMON

      Sprüch. – Und weist warum? Weil mans nur hört, aber net spürt! Da hat erst neuli einer drunt gesprochn, vor der letztn Wahl wars, und Leut warn da von weit und breit, gstecktvoll! Und gredt hat der, zwa Stund! Vom Klassenbewußtsein und der Herrschaft des Proletariats, und vom Zukunftsstaat, zwa Stund – aber nacher, da hat er mit an Gendarm kegelt, vier Stund! Lauter Kränz habns gschobn, lauter Kränz! An Kenig habns stehn lassn, a jedesmal! Akkurat! – Alle neune, muß heißn! Alle neune!!

      MAURER

      Des san Sprüch!

      SLIWINSKI

      Des und des! Was nützt des Redn ohne Macht?

      SIMON

      Richti! Aber wie willst denn du die Macht erobern?

      SLIWINSKI

      Wie du! Damit!

      SIMON

      Bravo!

      SLIWINSKI

      Mit der Faust! Er schlägt auf den Tisch. Und, wenns an Oberle a net passn sollt –

      OBERLE

      Obs an Oberle paßt oder net paßt, des is ganz gleich – aber ob uns mit der Faust gholfen is, des bezweifelt der Oberle. Er glaubt, daß man mit der Faust nix erreicht –

      SLIWINSKI

      unterbricht ihn: Also möcht der Oberle, daß alls so bleibt, wies is.

      OBERLE

      Es werd net so bleibn.

      SIMON

      Richti! Es werd no viel schlimmer werdn!

      OBERLE