Pst!
Alle lauschen.
XAVER
singt leise:
Und die Wasserl habn grauscht
Und die Bacherl habn plauscht
HANNES
fällt ein:
Aber gschwind, wie der Wind
Lassens trauri mi hint –
Gesumm.
Denn auf den Bergen
Da wohnt die Freiheit
Ja, auf den Bergen
Da, is es scheen –
Einzelne summen mit.
Da is es scheen –
MOSER
näherte sich Oberle; leise; unsicher: Oberle, du bist so hinterlisti still. – Hast etwa zuvor sagn wolln, daß i den da draußn, daß der da draußn –
OBERLE
Na. Aber bremsn mußt! Sonst könnts leicht mal an Unglück gebn. Der blut nur, aber leicht kennt si mal aner verblutn.
MOSER
grinst: So? Halt! Sag: was hättest denn du dann – hättst ihn gestreichelt und gschmeichelt, hättest Kratzfüß gmacht, daß der Dreck nur so rumgspritzt war, ha? Net zughaut, na na! Und warum net? Weißt warum net? Weil du net kannst! Weil deine Arm ohne Schmalz san, verstehst, du Schleimer! I hab di scho heraußen, Oberle!
OBERLE
Meinst?
MOSER
Jawohl! Sogar sehr! – Oberle, kennst die Hirsch? Was macht denn der Hirsch, wenn a Fremder über sein Rudel kimmt, ha? Der rauft damit! Und dersticht ihn! Der Stärkere den Krüppl, verstehst?
OBERLE
Wir san aber kane Hirsch. Wir san arme Teufl. Wir kennens uns net leistn zwegn an Madl – und wars a ganzer Harem, uns die Schädl zu zerschlagn! Wir müssn des Hirn und all unsere Kraft sparn. Wir habn nur Feind, lauter mächtige Feind!
MOSER
Wo hast denn die Sprüch glernt?
OBERLE
Im Krieg. Da hab i den Feind gsehn, ganz deutli und scharf. – Damals warst du no klein. Hast Schneemanner baut und net lesen kennen. – Komm jetzt! Veronika hatte zwei dampfende Schüsseln auf den Tisch gestellt um den die anderen bereits Platz genommen haben. Oberle setzt sich. Moser folgt ihm langsam nach. Alle essen. Der Wind wimmert und rüttelt an den kleinen Fenstern.
SLIWINSKI
lauscht: Der bringt Schnee. Viel Schnee.
REITER
Oktober. Nachher werds nimmer gut.
XAVER
Ja, die Berg warn a zu rot.
Schweigen.
MAURER
Jetzt heut wars scho gar nimmer so einfach. Der weni Neuschnee in der letztn Nacht, da rutscht alls, und drobn des Gröll, des hat der Satan angschaut – da, wer net hinhorcht, da ists glei aus mitn schönen Land Tirol! Schweigen.
REITER
Wie hat si nur jetza der geschriebn, dens im Frühjahr runtergwaht hat? Beim Hilfskabel. Da hast schier nimmer gwußt, was da vor dir liegt. Im Sack habns den Brei aufn Gottsacker gschafft.
SIMON
Der Müller Anton wars. Von Pfaffenhofen.
MAURER
Richti! Ja, des war schreckli. Und a Weib und vier unmündige Kinder.
Schweigen.
Es is scho a wahre Sünd, was mit die Menschn gtriebn werd. Da turnst herum, wie kaum a gewiegter Turist, rackerst di ab mit Lawinen, Steinschlag, Wetter – und was erreichst? Grad, daß dei Essen hast und a Lager, wie a Unterstand, als hätt der Krieg kan End! Abgschnittn von der Welt.
Schweigen.
SLIWINSKI
Neuli habens a Ingineur gfeiert.
MAURER
In der Zeitung is gstanden, er sei unsterbli.
SIMON
Aber von die Totn schreibt kaner!
REITER
Die Totn san tot.
OBERLE
hebt langsam das Haupt: Die san net tot! Die lebn! Schweigen.
SLIWINSKI
Da liest überall vom Fortschritt der Menschheit und die Leut bekränzn an Ingineur, wie an Preisstier, die Direkter sperrn die Geldsäck in d'Kass und dem Bauer blüht der Fremdenverkehr. A jede Schraubn werd zum »Wunder der Technik«, a jede Odlgrubn zur »Heilquelle«. Aber, daß aner sei Lebn hergebn hat, des Blut werd ausradiert!
SIMON
Na, des werd zu Gold!
XAVER
Wahr ists.
REITER
Allweil. Schweigen.
XAVER
Allweil des Geld.
HANNES
Des Geld hat der Teifl gweiht!
MAURER
Des Grundübel, des is die kapitalistische Produktionsweise. Solang da a solche Anarchie herrscht, solang darfst wartn mit den Idealen des Menschengeschlechts. Die Befreiung der Arbeiterklasse –
SIMON
unterbricht ihn: Des san Sprüch.
MAURER
Was san des?
SIMON
Sprüch. – Und weist warum? Weil mans nur hört, aber net spürt! Da hat erst neuli einer drunt gesprochn, vor der letztn Wahl wars, und Leut warn da von weit und breit, gstecktvoll! Und gredt hat der, zwa Stund! Vom Klassenbewußtsein und der Herrschaft des Proletariats, und vom Zukunftsstaat, zwa Stund – aber nacher, da hat er mit an Gendarm kegelt, vier Stund! Lauter Kränz habns gschobn, lauter Kränz! An Kenig habns stehn lassn, a jedesmal! Akkurat! – Alle neune, muß heißn! Alle neune!!
MAURER
Des san Sprüch!
SLIWINSKI
Des und des! Was nützt des Redn ohne Macht?
SIMON
Richti! Aber wie willst denn du die Macht erobern?
SLIWINSKI
Wie du! Damit!
SIMON
Bravo!
SLIWINSKI
Mit der Faust! Er schlägt auf den Tisch. Und, wenns an Oberle a net passn sollt –
OBERLE
Obs an Oberle paßt oder net paßt, des is ganz gleich – aber ob uns mit der Faust gholfen is, des bezweifelt der Oberle. Er glaubt, daß man mit der Faust nix erreicht –
SLIWINSKI
unterbricht ihn: Also möcht der Oberle, daß alls so bleibt, wies is.
OBERLE
Es werd net so bleibn.
SIMON
Richti! Es werd no viel schlimmer werdn!
OBERLE