OBERLE
MAURER
HANNES
SIMON
INGENIEUR
AUFSICHTSRAT
Schauplatz: Hochgebirge
Zeit: Vierundzwanzig Stunden
ERSTER AKT
In der Arbeiterbaracke Nr. 4 der Bergbahn A. G. Links Matratzenlager. Rechts Herd und langer Holztisch, darüber Petroleumlampe. Im Hintergrund eine Tür ins Freie, rechts eine nach dem Räume des Ingenieurs. Neben letzterer Telephon.
Spätnachmittag. Herbst.
Veronika lacht.
KARL
grimmig: Wie die lacht! Wie die lacht!
VERONIKA
Ausgerutscht! Ausgerutscht! – Du bist mir so aner, so von hinten – so a ganz Rabiater –
SCHULZ
ein blasses, schmales Kerlchen mit Sommersprossen, tritt ein; verbeugt sich leicht; er lispelt ein wenig: Guten Tag! Verzeihen Sie, Fräulein: dies hier, dies gehört doch zum Bergbahnbau?
VERONIKA
Ja.
SCHULZ
Dies ist doch Baracke Nummer 4?
VERONIKA
Ja.
SCHULZ
Hm.
KARL
Wer san denn Sie?
SCHULZ
Mein Name ist Schulz.
KARL
Was wollns denn da?
SCHULZ
Ich möchte den Herrn Ingenieur sprechen.
KARL
Der is jetzt net hier.
SCHULZ
Ich habe gehört, hier würden noch Leute eingestellt werden.
KARL
Suchens Arbeit?
SCHULZ
Ja.
KARL
schnallt sich ein Gestell auf den Buckel: So? Drum.
SCHULZ
lächelt verlegen: Eben. – Wann kommt der Ingenieur?
VERONIKA
Nit vor der Nacht. Sie nähert sich Karl. Mußt scho nunter? Wieder nunter? Du trauriger Bua –
KARL
Tu nur net so! So scheinheili! – Alsdann, was brauchst? A Mehl, dreißig Pfund und a Marmelad.
VERONIKA
Und an Schnaps.
KARL
Und an Schnaps. – Und?
VERONIKA
Sonst nix.
KARL
Nix?
VERONIKA
Nix. Nix vo dir.
Stille.
KARL
Jetzt glaub ichs, was d'Leut im Dorf redn. Es is scho wahr: Dei Mutter hat mitn Teufl paktiert, an Vater hat ja no kaner gsehn!
VERONIKA
Halts Maul!
KARL
Du bringst bloß Unglück! Lach net! Herrgottsakra! Des Fleisch! Du bist scho des best Fleisch im Land, auf und nieder! Di hat net unser Herrgott gformt; den Arsch hat der Satan baut! – Adies, Höllenbrut! Rasch ab.
VERONIKA
betrachtet Schulz; etwas spöttisch: Was wollns denn vom Ingineur?
SCHULZ
Ich habe gehört, hier würden noch Leute eingestellt werden.
VERONIKA
äfft ihm nach: So? Das habe ich nicht gehört.
Ab.
SCHULZ
allein: Hm.
Xaver, Sliwinski, Reiter kommen von der Arbeit mit Spaten, Hacken usw. Xaver und Sliwinski legen sich auf die Matratzen, nur Reiter beachtet Schulz.
REITER
Wer bist denn du?
SCHULZ
Ich habe gehört, hier würden noch Leute eingestellt werden.
REITER
lacht kurz: So? Wo hast denn des ghört?
SCHULZ
In, in – ich weiß nicht, ob es stimmt.
REITER
Des stimmt net. Aber scho gar net.
Schulz setzt sich. Reiter lehnt seine Hacke an die Wand und will wieder hinaus, trifft in der Türe auf Veronika, die mit einer Schüssel Kartoffeln und einigen rohen Koteletts eintritt.
VERONIKA
Wohin?
REITER
Des geht di nix an! Ab.
VERONIKA
erblickt Schulz: Jetzt hockt der no allweil da!
SCHULZ
Ja.
Stille.
Eßt ihr hier alle Tage Fleisch?
VERONIKA
Ah! Die Schnitzel da san für an hohn Herrn, an Direktor. Der is d'Bergluft nit gwohnt, drum muß er fest essn – was schauns mi denn so an?
SCHULZ
Ich dachte nur nach: wann ich das letztemal Fleisch –
VERONIKA
Was für Fleisch?
SCHULZ
Fleisch –
VERONIKA
Aso!
Stille.
Wendet sich ihm zu. Um Gotts willn! Mensch, was habens denn?! Sie san ja ganz gelb, als warens tot!
SCHULZ
Mir ist es nur plötzlich so schwindlig. Das dürfte wohl auch die Luft gewesen sein, die Bergluft, die eben nicht jeder gewohnt ist. Fest essen, fest essen.
VERONIKA
setzt sich neben ihn und schält die Kartoffel: Woher kommens denn?
SCHULZ
Von unten.
VERONIKA
Na, i mein: woher? aus welcher Stadt? Sie san do aus der Stadt, Sie redn ja so.
SCHULZ
Ich bin aus Stettin.
VERONIKA
Stettin?
SCHULZ
Stettin