Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth. Ödön von Horváth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ödön von Horváth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027226405
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kommt aus Zimmer neun; tritt, ohne Strasser zu beachten, zu zwölf a und klopft leise an.

       Strasser mit dem Rücken zu Max; hört es; lauscht.

      MAX

      unterdrückt erregt durch die Türe: Christine – Christine, Christine – Christine!

      STRASSER

      hat sich ihm zugewandt: Was klopfst du dort?

      MAX

      setzt sich zerknirscht auf seinen Koffer: Ich klopfe, ich klopfe, ich klopfe. Und sie hört nicht, sie hört nicht, sie hört nicht. Er vergräbt das Haupt in den Händen; seufzt. Ich habe geklopft. Ich habe schon oft geklopft.

      STRASSER

      Du wirst bald ausgeklopft haben.

      MAX

      Sie wird mich erhören.

      STRASSER

      Du bist wohl noch besoffen?

      MAX

      Apropos besoffen: ich habe das Gefühl, als hätte ich meine Schuhe verloren – kennst du das Gefühl?

      STRASSER

      grimmig: Apropos Gefühl: weißt du, was ich jetzt am liebsten tun würde?

      MAX

      Das habe ich heute schon einmal gehört.

      STRASSER

      Auch gefühlt?

      MAX

      Still! – Es geht nämlich um in mir. Wenn man nur in sich hineinsehen könnte. Apropos hineinsehen: da drinnen ist es still. Er deutet auf zwölf a; leise. Apropos still: Stille kann unheimlich werden. Damals hat sich auch nichts gerührt, allerdings drei Tage lang – Damals: jener mit den Krücken.

      STRASSER

      Kusch!

       Stille.

      MAX

      Apropos Krücken: man sollte doch eigentlich nachsehen, es ist nämlich eigentümlich –

      STRASSER

      unterbricht ihn: Apropos eigentümlich: was soll der Koffer?

      MAX

      Apropos Koffer: ich nehme meinen Abschied.

      STRASSER

      perplex: Was?

      MAX

      erhebt sich; nervös: Apropos Abschied: ich muß nämlich fort. Dringende Familienangelegenheiten. Fünf Uhr sieben.

      STRASSER

      Fünf Uhr sieben?

      MAX

      Sollten der Direktion durch meine überstürzte Abreise Unkosten erwachsen, bin ich selbstverständlich bereit, für selbe aufzukommen.

      STRASSER

      Mit was denn?

      MAX

      Hoho! Unberufen! Unberufen!

      KARL

      tritt aus zehn in goldbestickter Paradeuniform mit Handschuhen; zu Max: Ruhe!

      MAX

      zu Strasser: Hörst du?

      KARL

      zu Max: Halt das Maul! – Hast wieder gewinselt ›Christine, Christine‹? Hast wieder an der Tür gescharrt, wie ein Hund, den man ins Sauwetter prügelte? ›Christine, Christine!‹

      MAX

      zu Strasser: Wer ist dieser Herr?

      KARL

      Du kennst mich noch nicht, Leisetreter. Schleimer. Hund.

      MAX

      zu Strasser: Bitte, stelle mir diesen Herrn vor.

      KARL

      zu Max; deutet auf Strasser: Dieser Herr und ich, wir kennen uns nicht!

      MAX

      Seit wann?

      STRASSER

      Seit zwo Stunden.

      MAX

      Das ist aber lustig!

      KARL

      Hahaha!

      STRASSER

      Dieser Herr besitzt die Schamlosigkeit, zu behaupten, vor einem Jahre mit der Dame von Nummer zwölf a in intime Beziehungen geraten zu sein.

      MAX

      Zwölf a!

      KARL

      Dieser Herr besitzt die Schamlosigkeit, an meinem Ehrenworte zu zweifeln.

      MAX

      Hm. – Vielleicht sagt er die Wahrheit.

      KARL

      Wer?

      MAX

      Apropos Ehrenwort: irren ist menschlich. Ich, zum Beispiel, hätte die Dame von Nummer zwölf a kaum wiedererkannt, und es ist doch erst ein Jahr dahinverflossen –

      EMANUEL

      tritt aus vierzehn; mit einem nassen Handtuch auf der Stirne: Pardon! – Würden die Herren so freundlich sein und mir verraten, wie spät, respektive früh – meine Uhr ist plötzlich kaputt, scheinbar.

      KARL

      Wir haben keine Uhr!

      MAX

      Uns fehlt jetzt jeder Sinn für Zeit.

      EMANUEL

      Ich verreise nämlich fünf Uhr sieben.

      MAX

      Mit der Dame von zwölf a?

       Stille.

      STRASSER

      Es ist Mitternacht, Baron.

      KARL

      Und Vollmond!

      EMANUEL

      Ich verbitte mir diesen ewigen Mond!

      STRASSER

      Es ist Mittag, und die Sonne scheint.

      MAX

      In Amerika dürfte es regnen.

       Ada schleppt sich verstört herein; hält; fixiert die vier.

       Stille.

      ADA

      Was gibts? – Was gibts?

       Stille.

      Warum habt ihr mich sitzen lassen? Allein. Unten.

      STRASSER

      Du hast so süß geschlafen. Dich wecken wäre herzlos gewesen. Gewiß!

      ADA

      Herzlos? Sie grinst. Ja, das hat schon so mancher bemerkt, daß es charmant aussieht, wenn ich schlafe. Ich liege nämlich wie ein Kind, rolle mich zusammen und falte die Händchen – nicht?

       Stille.

      Lauscht. Hat einer was gesagt? – Hat keiner was gesagt? Warum sagt denn keiner was?!

      STRASSER

      Gute Nacht!

      ADA

      Guten Morgen! Ich sage: guten Morgen!

      STRASSER

      Plärr nicht! Es ist Nacht!

      ADA