OPERATION ISKARIOT (Die Ritter des Vatikan 3). Rick Jones. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rick Jones
Издательство: Bookwire
Серия: Die Ritter des Vatikan
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958353022
Скачать книгу
die Ermordung eines Invaliden rechtfertigen?«

      Grenier ging noch einen Schritt weiter, wobei er seine Smith & Wesson fester packte. Der Unbekannte rückte wiederum ein Stück nach hinten.

      »Raus mit der Sprache«, verlangte Sim. »Wessen Laufbursche sind Sie?«

      Der Mann schwieg und zog sich noch weiter zurück, bis er schließlich endgültig unsichtbar wurde.

      Grenier war unbehaglich zumute, weil er sich vollkommen schutzlos preisgab. Die Pistole nutzte ihm nur wenig, wenn er sein Ziel nicht sehen konnte. Ein Ziel, das Arruti unbedingt lebendig schnappen wollte. Katzengleich ging er an der nächstbesten Stelle in Deckung – in einer Mauernische, wo kein Licht hingelangte – und kauerte sich nieder. Nun befand er sich, wie er dachte, ganz in seinem Element, der vollkommenen Dunkelheit. Deshalb ging er davon aus, einen Vorteil zu besitzen.

      Er wartete und lauschte.

      Schließlich fing er an, seine Waffe zu heben. Langsam brachte er den Lauf in die Waagerechte.

      Plötzlich sauste etwas durch die Dunkelheit.

      Ein dreiblättriger Wurfstern pfiff durch die Gasse, rotierend wie der Reifen eines Fahrzeugs. Die Schneiden waren so scharf, dass man hören konnte, wie sie die Luft auf dem Weg zu ihrem Ziel verdrängten. Mit absoluter Präzision traf der Stern den Lauf von Greniers Pistole, wobei sie ihm entglitt und über den Boden in den Schatten schlitterte.

      Grenier schaute verdutzt auf seine leere Hand und beugte dann die Finger. Er war nicht verletzt. Nun wandte er sich der Finsternis zu … der absolut undurchdringlichen Finsternis. Etwas schälte sich jetzt aus ihrer Tiefe heraus – eine Gestalt, die schwärzer als schwarz war.

      »Ohne Kanone sind Sie wohl nicht mehr so tough, was?«, fragte der Mann hämisch.

      »Tough genug«, erwiderte Grenier, zog sein langes Messer aus der Scheide und ging zurück zu der Stelle der Gasse, wo es hell war.

      Der fremde Weiße folgte ihm, wobei seine Züge im schwachen Licht nur vage erkennbar wurden.

      Grenier hielt sein Messer fest umklammert. »Wer sind Sie?«

      »Ist das von Belang?«

      »Wollen Sie mich etwa einschüchtern?«

      »Ich will Sie töten, Mr. Grenier.« Der Mann nahm nun den Silberzylinder aus seiner Hosentasche, hielt ihn demonstrativ in die Höhe und drückte den Knopf. Der Dorn schnellte hervor.

      »Das ist ein schlechter Witz, oder? Sie wollen mich mit diesem Eiskratzer umbringen?«

      »Ich will Sie, Mr. Grenier, mit diesem Gerät umbringen. Und danach werde ich es benutzen, um einem der übrigen Mitglieder der Acht eine Nachricht zu hinterlassen.«

      Sim nickte, als ihm nun plötzlich allzu deutlich bewusst wurde, dass er hier einen professionellen Killer vor sich hatte. »Darum geht es also – um die Acht. Die Regierung hat Sie zum Reinemachen geschickt, um frühere politische Fehltritte zu übertünchen, richtig? Aber nach so langer Zeit?«

      Der Fremde begann nun, den Zylinder so lässig zwischen seinen Fingern zu drehen wie eine Majorette ihren Stab. Er führte die Bewegung geradezu kunstvoll aus. »Mr. Grenier, ich werde Sie ganz schnell beseitigen, versprochen.«

      Sim schürzte seine Lippen ein wenig. Es war ein Anflug von gehässiger Erheiterung. »Sie haben wirklich Schneid, Kollege, das muss ich Ihnen lassen. Vielleicht sind Sie aber auch ein bisschen übermütig, wenn Sie glauben, mich kaltmachen zu können.« Er ging dazu über, Kreisbewegungen mit der Klinge seines Messers zu beschreiben. »Sie haben offenbar keine Ahnung, wozu ich mit diesem KA-BAR in der Lage bin, oder?«

      »Das, wozu Sie in der Lage sind, Mr. Grenier reicht nicht ansatzweise an meine Fertigkeiten heran.«

      »Sie haben Schneid, das schätze ich an Soldaten, selbst wenn Sie im Verhältnis zu mir noch ein richtiger Grünschnabel sind.«

      »Bitte, Mr. Grenier, ich werde es auch kurz und schmerzlos machen.«

      »Ja, ja. Also gut, Sie Wicht: Im Gegensatz zu Ihnen werde ich das Ganze ziemlich schmerzhaft machen … aber zuerst einmal spucken Sie aus, was ich wissen will.«

      Die zwei fingen nun an, sich gegenseitig zu umkreisen, fest entschlossen in ihrer mörderischen Absicht, während sie auf eine günstige Gelegenheit für einen Todesstoß warteten.

      »Sagen Sie mir endlich, wessen Laufbursche Sie sind.«

      Aber der Fremde antwortete nicht.

      Die Zeit für Gerede war offenbar vorbei.

      Jetzt ging es nur noch um Leben oder Tod.

      Mit einer Bewegung von ungeheurem Geschick, elegant und schnell wie der Wind stürzte der Mann zu Grenier hinüber und stach mit dem Dorn zu.

      Wie versprochen starb der ehemalige Killer schnell und ohne Schmerzen, als die Spitze mit einem einzigen Stoß buchstäblich genau ins Schwarze traf.

      An der Einmündung der Gasse hatte sich mittlerweile ein Menschenauflauf gebildet.

      Die Filipinos tuschelten aufgeregt und zeigten in die Dunkelheit, während sich Arruti hindurchdrängelte, wobei er sich die Pistole unauffällig in den Hosenbund steckte und sein Hemd am Rücken herauszog, um die Waffe zu verbergen.

      Bis er die erste Reihe der Schaulustigen erreicht hatte, hatte sich sein Magen bereits übel verkrampft. So flau war ihm zuletzt als Frischling gewesen, als er im Laufe seines ersten Einsatzes Gegnern die Kehle durchgeschnitten hatte.

      Grenier lag ausgestreckt und mit dem Gesicht nach unten auf dem Pflaster. Rings um seinen Kopf herum breitete sich Blut aus einer Wunde, die man nicht sehen konnte, sehr gleichmäßig zu einer Lache aus. In der fast vollkommenen Dunkelheit wirkte es schwarz wie Teer und zäh wie Sirup. Sein Hemd war aufgerissen und zur Seite gestreift worden, und in seinen Rücken ein schlecht erkennbares S wie ein Blitz oder das Zeichen von Heinrich Himmlers Schutzstaffel, der SS geritzt worden. Der Buchstabe reichte vom rechten Schulterblatt bis ins Kreuz, war aber nicht von einem Neonazi in die Haut geschnitten worden, denn es war ein einfaches S, dessen Rundungen sich der Täter in seiner Hast einfach nur gespart hatte.

      Während sich Arruti wieder ins Gedränge zurückzog, sah er sich immerzu nach allen Seiten um. Er zwängte sich bis nach hinten durch und lief dann schnell in seinen sicheren Unterschlupf.

      Dort würde er zumindest einen Vorteil genießen, wenn der Killer auf die Idee kam, ihm ebenfalls nachzustellen.

      Kapitel 6

      Arruti spürte jedes seiner fünfundfünfzig Lebensjahre jetzt ganz deutlich. Der Lauf zurück in die Sicherheit war bei der hohen Luftfeuchtigkeit auf den Philippinen äußerst anstrengend. Ungeachtet seiner guten Kondition wusste er, dass er dem Zahn der Zeit nicht ewig trotzen konnte.

      Mit schweißnassem Shirt, das an seinem Oberkörper klebte, lehnte er sich an die Wand seines Einzimmerappartements und versuchte, sich zu beruhigen. Er atmete konzentriert ein und aus, sodass sich seine Brust gleichmäßig hob und senkte, damit sein rasendes Herz endlich wieder langsamer schlug. Zugleich machte ihm der Verlust zwei seiner engsten Freunde zu schaffen.

      Nachdem er die Pistole aus seinem Hosenbund gezogen und sie auf die Küchentheke gelegt hatte, ging er zum Fenster und zog die Vorhänge ein wenig auseinander.

      Aber es war nichts zu sehen, weder unten noch oberhalb. Auf den Straßen war in diesem Teil von Cotabato oft nur wenig los.

      Arruti ließ die Vorhänge wieder zusammenfallen und trat vor den Kühlschrank, dort nahm er eine kalte Getränkedose heraus und öffnete sie. Als er die Tür schloss, sah er jedoch die Fotos daran kleben. Vor Schreck ließ er die Dose fallen, woraufhin sich ihr Inhalt über die gelben, rissigen Bodenfliesen ergoss.

      Die zusätzlichen Bilder hingen genau in der Mitte zwischen drei seiner eigenen. Auf einem der alten sah man Grenier und ihn lächelnd mit machohaft hochgehaltenen Waffen, auf den beiden