OPERATION ISKARIOT (Die Ritter des Vatikan 3). Rick Jones. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rick Jones
Издательство: Bookwire
Серия: Die Ritter des Vatikan
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958353022
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      Kimball wusste nicht, worauf sein Gesprächspartner hinauswollte. »Ja, natürlich.«

      »Und diejenigen, die ihn entführt haben: Waren das auch gute Menschen?«

      »Meiner Meinung nach nicht.«

      Der Monsignore nickte. »Also sind Sie gegen diese Männer vorgegangen …« Als Giammacio die Arme hob, rauchte die Zigarette in seiner Hand noch. Als er beide Mittel- und Zeigefinger beugte, setzte er das Wort »diese« in Anführungszeichen. »… um das Leben des Heiligen Vaters zu retten, dessen vordergründiges Ziel der Frieden ist.«

      Hayden seufzte. »Kommen Sie irgendwann auch mal auf den Punkt?«

      »Mein Punkt, Kimball, ist ganz schlichter Art. Vor Ihrer Bluttat im Irak an den beiden Hirtenjungen hatten Sie schon andere Menschen getötet, nur weil es Ihre Pflicht und nach Ihrem Wunsch gewesen war. Liege ich soweit richtig, zumindest in Hinblick darauf, was ich über Ihre Vergangenheit als Auftragsmörder im Staatsdienst weiß?«

      Kimball zögerte wieder. »Soweit ja«, bestätigte er schließlich.

      »Aber als Sie die Männer umbrachten, um den Papst zu beschützen, entsprach das auch Ihrem Wunsch? Oder erachteten Sie es als einen Zwang

      Der Ritter überlegte einen Moment lang, während sich der Monsignore weiter nach vorn beugte, um ihn eingehend zu betrachten. Durch die Brille hatten seine Augen etwas von Mikroskop-Objektiven, und sein Verhalten ließ ihn an einen wissenschaftlichen Gutachter denken.

      Während seiner Zeit als heimlich vorgehender Killer in einer Splittergruppe der US-Regierung hatte Kimball stets pflichttreu getötet. Im Sinne der vatikanischen Grundsätze hingegen tötete er nur, wenn eine friedliche Lösung absolut unmöglich und Selbstverteidigung seine einzige Option war.

      »Und darin besteht ein großer Unterschied«, erklärte der Monsignore. »Früher haben Sie getötet, weil Sie der Gelegenheit dazu unterworfen waren, doch seit dem Augenblick, da Sie als Ritter des Vatikan zum Gesandten der Kirche wurden beziehungsweise indem Sie weiter an Ihrer Erleuchtung festhalten und Ihre vergangenen Sünden bereuen, nehmen Sie niemandes Leben mehr, weil Sie es so wollen … sondern weil Sie es müssen. Die Rettung des Papstes kann nur als Notwendigkeit betrachtet werden, und zwar trotz der harten Mitteln zum Erreichen des Ziels. Selbst Gott erachtet es als rechtens, dass sich gute Menschen zu Rettern derjenigen aufschwingen, die sich nicht gegen das unangefochtene Übel verteidigen können.«

      Einen kurzen Augenblick lang fühlte sich Kimball zwischen Dankbarkeit und zurückgehaltener Wut hin und her gerissen. Einerseits wusste er es wirklich zu schätzen, dass der Geistliche seine Taten als der Kirche geschuldete Notwendigkeit rechtfertigte, falls er sich dabei an bestimmte Prinzipien hielt, andererseits war es ihm absolut zuwider, dass Terroristen ihre verheerenden Aktionen mit den gleichen angeblichen Prinzipien unter dem Banner ihres Gottes durchführten und verachtenswerte Verbrechen genauso zwanglos beschönigten, wie der Monsignore die Morde des Ritters als begründbar auslegte. Alles hing eben nur davon ab, wie man die Prinzipien betrachtete, an die sich die jeweilige Partei halten sollte, doch Kimball erkannte keinen Unterschied, denn im Kampf war eine Sache stets ganz sicher: Immer maßte sich jede Seite an, Recht zu haben, obwohl ihre Prinzipien nicht gegensätzlicher sein könnten. Wie einfach es doch war, etwas so zu interpretieren, dass man es unter den Tisch kehren und zugleich billigen konnte, dachte er.

      »Ich denke nicht, dass Erlösung auf mich wartet«, sagte er nun.

      Der Monsignore lehnte sich wieder zurück und drückte die Zigarette im Aschenbecher aus. Sein Gesichtsausdruck blieb weiterhin neugierig, während er die Hände einmal mehr mit gespreizten Fingern verschränkte. »Auf jeden Menschen wartet Erlösung«, hielt er dagegen, »und für jeden löst sich das Rätsel des Jenseits im Augenblick des Todes. Dennoch, Kimball: Sie müssen an Ihrem Glauben festhalten. Gewöhnen Sie sich an, das Gute in Ihnen selbst zu sehen, statt ewig einer Vergangenheit nachzuhängen, in der Sie dem sündhaften Lohn Ihres Stolzes hinterhergejagt haben. Ich glaube Ihnen, dass Sie Ihr damaliges Tun aufrichtig bereuen, aber trotzdem scheinen Sie der Vergebung in Ihren eigenen Augen nicht würdig zu sein, obgleich Ihnen Gott bereits vergeben hat.«

      »Es liegt daran, Monsignore, dass meines Erachtens niemand solche schrecklichen Akte kaschieren kann, indem er einfach an etwas glaubt, von dem er annimmt, Gott halte es für rechtens. Wenn Sie mich fragen, machen Sie es sich damit zu einfach.«

      »Und aus diesem Grund, Kimball, müssen Sie endlich Ihre Scheuklappen ablegen und sich bewusst machen, dass eine Distanzierung von der Dunkelheit, in der Sie so lange gelebt haben, zugunsten des Lichts dringend vonnöten ist. Mag sein, dass die Führungspersonen im Vatikan Sie als hochrangiges Mitglied in ihren Reihen halten, doch Sie sind auch ein Mann, der sich weit von Gott entfernt hat.«

      »Weil ich zu viel von der wirklichen Welt gesehen habe, Monsignore. Und an vielem beteiligt war, worauf ich nicht stolz bin. Vergehen, für die ich am Tag des Jüngsten Gerichts geradestehen muss.«

      »Sie sollten Ihre Zweifel womöglich beiseiteschieben und sich einfach Gott gegenüber öffnen, Kimball.«

      »Sie stellen das wie ein Kinderspiel dar, Monsignore, doch das ist es nicht.«

      »Versuchen Sie es doch wenigstens«, beharrte der Berater. »Wenn Sie jetzt in Ihr Quartier zurückkehren, suchen Sie den Dialog mit Ihm. Beten Sie zu Gott, dass er Sie erhört.«

      Hayden schüttelte verwirrt den Kopf. »Darf ich Sie etwas fragen?«

      »Sicher doch.«

      »Haben Sie je einen Menschen umgebracht?«

      Giammacio riss seine Augen auf und erschrak kurz. Diese Frage traf ihn vollkommen unvorbereitet. »Gott behüte, natürlich nicht.«

      Kimball beugte sich nach vorn. »Und wenn es irgendwann geschehen sollte, kommen Sie dann zu mir und weihen mich in das Geheimnis ein, wie man die Erinnerung an diejenigen, die man umgebracht hat, soweit verdrängen kann, dass sie nicht mitten in der Nacht als Albträume im Schlaf zurückkehren, sodass man andauernd schreiend aufwacht.«

      Der Monsignore ließ seine Schultern hängen. »Kimball, ich bin kein Zauberer. Dass ich Sie im Rahmen einiger weniger Sitzungen keine Fortschritte machen sehe, ist offensichtlich – und auch verständlich. Sie müssen sich auch selbst helfen. Reue ist vielleicht der erste Schritt, doch Sie müssen Gott gegenüber offen sein und ihn an Sie heranlassen.« Er öffnete seine Hände und griff zu einer neuen Zigarette. »Ich verlange ja nichts weiter von Ihnen als Offenheit, Kimball, und dass Sie mit wahrer Überzeugung beten. Das ist alles, worum ich Sie bitte … Beschränken wir uns bis auf Weiteres einfach nur darauf.«

      Kimball verharrte im Sitzen und zögerte, seine Bereitschaft zu erklären respektive abzulehnen. Er wusste in diesem Augenblick wirklich nicht, was er eigentlich wollte.

      »Heute in acht Tagen«, sprach der Monsignore schließlich. »Zur gleichen Zeit wie immer, und bitte verspäten Sie sich nicht wieder wie heute Nachmittag.«

      Hayden erhob sich, blieb zur vollen Größe aufgerichtet stehen und schaute auf die leidlich verheimlichte Glatze des Geistlichen hinab, bis auch dieser aufstand und eine Hand ausstreckte. Der Ritter packte sie und drückte fest zu.

      »Viel Glück, Kimball. Sollten Sie sich die Zeit nehmen, um die Vergangenheit zu vergessen, anstatt sie immer wieder zu durchleben, finden Sie möglicherweise auch zum Licht Gottes.«

      »Ich lasse mir das mit dem Beten durch den Kopf gehen«, versprach Hayden schließlich.

      »Gut, eine letzte Bitte hätte ich noch.«

      »Nur zu.«

      »Würden Sie bitte meine Hand loslassen? Sie tun mir weh.«

      Nachdem Kimball es getan hatte, verließ er das Sprechzimmer, vor dem bereits eine Reihe anderer Geistlicher darauf warteten, sich mit dem Monsignore zu unterhalten.

      Kapitel 3

      Kimballs Quartier befand sich neben