OPERATION ISKARIOT (Die Ritter des Vatikan 3). Rick Jones. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rick Jones
Издательство: Bookwire
Серия: Die Ritter des Vatikan
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958353022
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      Fünf Jahre zuvor hatte die philippinische Regierung die Blackmill Corporation als unabhängiges Consulting-Unternehmen aus den USA angeheuert und damit in Wirklichkeit mit allen technischen Mitteln ausgestattete Söldner herangezogen, die ihnen dabei helfen sollten, den umstürzlerischen Idealismus einzudämmen, der allmählich zur Geißel des beschaulichen Inselstaates wurde. Cotabato City diente dreißig Kilometer nördlich der Guerilla-Hochburgen als Kommandozentrale des Unternehmens.

      In einer kleinen, verrauchten Bar, wo es nach Schweiß roch und der Qualm billiger Zigaretten wenig zur Lufterfrischung beitrug, saßen die Kriegsberater David Arruti und Sim Grenier gerade an einem Tisch, der hinten im Lokal stand, und tranken einen „Kurzen“ nach dem anderen.

      Auch als Mittvierziger waren die beiden noch gut in Schuss, weil sie sich fortwährend an strenge Fitnesspläne hielten. Im Vergleich wirkte Arruti mit seinem breiten Schnurrbart, dem Kahlschlag und den dicken Armen, die man umso besser sah, weil er gern ärmellose Shirts trug, wie der Aggressor. Sim Grenier hingegen erweckte eher den Eindruck eines geschäftsmäßigen Denkers – gut gekleidet, obwohl sich gerade der Schweiß auf seinem ordentlich gebügelten Hemd ausbreitete wie ein Rohrschachmuster und in die Flecken unter seinen Achselhöhlen überging – der auch bei so hoher Luftfeuchtigkeit immer penibel auf seine Frisur achtete.

      Wann immer sich die beiden zusammensetzten, unterhielten sie sich nur wenig über ihre gemeinsame Vergangenheit als Mitglieder der Acht. Stattdessen kamen die Zukunft und die Unruhen in Mindanao zur Sprache. Sie diskutierten häufig über Strategien und Gegenoffensiven sowie über die möglichen Vorteile, die ihr Erfolg den Filipinos bescheren könnte.

      Was allerdings früher gewesen war, wurde nur selten angeschnitten.

      An einem Tisch gegenüber im Schankraum saß noch ein weiterer Mann. Er war allein, hatte ein Glas Wasser vor sich und trug einen Busch-Hut in Tarnfarben. So wie es aussah, beschäftigte er sich mit seinem iPhone, auf dessen Display er herumtippte, und schien seine Umgebung gar nicht wahrzunehmen.

      Unbemerkt war er deshalb allerdings nicht geblieben.

      Grenier behielt diesen scheinbar so harmlosen Typen aufmerksam im Auge.

      »Ja, er ist mir auch schon aufgefallen«, sagte Arruti nun. »Sitzt schon etwa eine Stunde da und hat nicht einen Schluck von seinem Wasser getrunken.«

      »Er gehört nicht zu unseren Einheiten, oder?«

      »Nein.«

      »Also dann erklär mir mal, was ein weißer Mann in unmittelbarer Nähe von Mindanao treibt, obwohl ihm doch vollkommen klar sein müsste, dass er damit zur Zielscheibe von Kidnappern werden könnte.«

      »Vielleicht ist es ihm nicht klar.«

      »Überall hängen schließlich Anschläge mit Warnungen der Regierung, vor allem für Reisende.«

      Arruti stürzte noch einen Whiskey hinunter. »Ist nicht mein Problem, wenn sich die Leute so dumm anstellen.«

      Zwei Einheimische an einem Nachbartisch bekamen gerade einen ernsthaften Streit wegen des Ausgangs eines Kartenspiels und dessen Pott, etwa dreißig Zigaretten. Als ihr Geschrei endlich nachließ, drehten sich Arruti und Grenier um. Sie bemerkten sofort, dass der Mann verschwunden war. Das Wasserglas stand noch immer unberührt auf seinem Tisch. Aber darunter lag nun ein Hochglanzfoto.

      Sie reckten die Hälse, schauten sich um, und suchten in der gesamten Bar nach ihm. Er schien sich wie ein Gespenst in Luft aufgelöst zu haben, oder in dem Zigarettenqualm aufgegangen zu sein, der regelrecht erstickend im Raum stand.

      »Merkwürdig«, brummte Arruti.

      Als die Bedienung begann, den Platz abzuräumen, nahm sie das Foto, warf einen Blick darauf und schaute dann zu den beiden Beratern hinüber. Anschließend ging sie auf deren Tisch zu.

      Während sie sich ihnen näherte, eine Frau mit kakaobraunem Teint und einnehmendem Lächeln, streckte sie die Hand mit dem Abzug aus, sodass die zwei das Motiv erkennen konnten. Sie sahen schon aus einer Entfernung von zehn Fuß, dass es ihr früheres Team zeigte, die Acht.

      Die Filipina, die anbetungswürdig niedlich war und als Barkeeperin jobbte, um die Angestellten von Blackmill zu ködern und sich später gegen US-Dollar auf einer fleckigen Matratze im Loft über dem Lokal bespringen ließ, gab Grenier das Foto. »Mr. Sim, hintendrauf steht, das soll Ihnen geben.«

      Er nahm es und reichte es dann an Arruti weiter, der es lange und gründlich betrachtete. Sie beide waren rot eingekreist. Walker hingegen hatte jemand mit einem Kreuz durchgestrichen.

      Die Bedienung begann, anzüglich mit den Hüften zu kreisen, während sie ihre vollen Lippen leckte. »Wenn ich Feierabend, Sie vielleicht Lust haben, mit mir hochzukommen?«

      Grenier lächelte gekünstelt. »Nicht heute Nacht, meine Liebe, womöglich ein anderes Mal.«

      Die Frau zog ihre Mundwinkel verdrossen herunter, lächelte aber schließlich doch wieder. »Okay, Mr. Sim. Ein andermal dann.« Sie kehrte mit verlockendem Hüftschwung zu dem anderen Tisch zurück und begann, ihn mit einem schmutzigen Lappen abzuwischen.

      Grenier vollzog ihre Bewegungen vom Becken an abwärts mit, während Arruti weiter auf das Foto starrte.

      Irgendwann sagte er in einem Tonfall, der so verbindlich und dennoch gelassen wirkte, dass kein Zweifel an der Überzeugung von dem bestand, was er gerade äußerte: »Jemand hat es auf uns abgesehen!«

      Grenier seufzte. »Wir sollten uns vergewissern, ob bei Walker alles in Ordnung ist.«

      Arruti warf das Foto auf den Tisch. »Er ist schon tot.«

      »Das wissen wir nicht mit Gewissheit.«

      »Du vielleicht nicht, ich schon.« Der Zweimetermann stand auf, fasste sich ans Kreuz, wo seine Glock im Gürtel steckte, zog sie und lud sie durch. »Er will uns damit aus der Reserve locken, Sim.«

      Sein Gefährte erhob sich jetzt ebenfalls und überprüfte seine Waffe, eine Smith & Wesson .40. Daraufhin tastete er noch nach dem KA-BAR-Messer, das an seinem rechten Oberschenkel festgeschnallt war. »Dann enttäuschen wir ihn mal lieber nicht, oder?«

      Wegen der zahllosen Leuchtreklamen war es taghell auf den Straßen von Cotabato City. Manche Winkel lagen allerdings weiterhin im Schatten, und in einigen Gassen herrschte sogar vollkommene Finsternis.

      Außerdem war die Stadt ein Ort der Gegensätze: Licht und Dunkel, Gut und Böse, Leben und Tod, das alles auf einem Weg durch nur wenige Gebäudeblocks.

      Grenier und Arruti standen in einem runden Lichtkegel da, während sie unverhohlen Schalldämpfer auf ihre Waffen schraubten.

      »Du übernimmst die linke Seite, ich die rechte«, legte David fest. »Und knall ihn ja nicht ab. Ich will den Kerl noch verhören.«

      Ohne etwas zu entgegnen, schlug sich Grenier mit fest an den Oberschenkel gedrückter Pistole auf die linke Seite der breiten Straße.

      Arruti tat es ihm auf der gegenüberliegenden Seite gleich. Er konnte seine Waffe jederzeit blitzschnell ziehen.

      Sie drangen nun langsam durch das Gewimmel der Filipinos vor, bis Arruti schließlich die Einmündung einer Gasse erreichte.

      Helligkeit fiel ungefähr zwanzig Fuß tief ein, doch alles andere blieb hinter einer Wand aus Dunkelheit verborgen, aber an der Übergangsstelle stand jemand, der sie beobachtete.

      »Simon Grenier.« Es war die Stimme eines Mannes – eines Weißen, das stand fest. »Oder sollte ich Sie lieber Sim nennen?«

      Der Angesprochene machte einen Schritt vorwärts, woraufhin der Schatten zurücktrat; etwas weiter in die Finsternis hinein.

      »Wovor haben Sie denn Angst, Sportsfreund?«

      »Sie tragen eine Schusswaffe, das wäre kaum ein fairer Kampf.«

      »Sie meinen einen fairen Kampf, wie Sie ihn mit Walker geführt haben?«

      »Walkers Tage waren