Die drei neuen Fotos hingegen waren mehr als unschön. Eines zeigte Walker auf einem Tisch liegend und gefesselt. Er war bereits ausgeblutet und hatte ein I in den Rücken geritzt. Das zweite war von Grenier und wirkte wie ein Standbild mit einem eingefrorenen S-Blitz in seinem Fleisch, wohingegen das letzte, ein alter Schwarzweißabzug, von seiner ehemaligen Einheit stammte, den Acht. Walker und Grenier waren mit Rotstift eingekreist worden, der eine mit einem I und der andere mit einem S übermalt. Auch Arrutis Gesicht war markiert, allerdings ohne einen Buchstaben.
Noch zumindest.
Er drehte sich jetzt rasch um und griff zu seiner Waffe, die auf der Theke lag. Diese war jedoch zerlegt. Jemand hatte das Magazin herausgenommen und es liegenlassen, die Munition ordentlich aufgefächert daneben. Der Schlitten lag vom Griff gelöst ebenfalls auf der Theke, alles beieinander. In ihren nunmehr getrennten Einzelteilen war die Pistole natürlich unbrauchbar. Seltsamerweise hatte der Einbrecher sie vollkommen geräuschlos nur wenige Schritte von Arruti entfernt auseinandernehmen können, und das auch noch binnen Sekunden.
Wie war das möglich?
Der Mann stand hinter der Küchentheke und beobachtete ihn. Seine Miene war vollkommen emotionslos. Es war das Gesicht eines Mörders.
»Wie sind Sie hier reingekommen?«
»Ist das wirklich von Bedeutung, Mr. Arruti?«
»Nein, vermutlich nicht.«
Arruti stürzte jetzt unvermittelt nach vorn , womit der Killer offenbar nicht gerechnet hatte, lief dann um die Theke herum und zog dabei ein Bein hoch. Der Fuß traf die Brust des Mannes, sodass dieser rückwärts fiel und auf einen Couchtisch krachte. Dessen Platte ging sofort zu Bruch, Zeitschriften und einzelne Blätter flogen herum, während er sich auf die Knie abrollte und die Hände aufstützte, um schnell wieder auf die Beine kommen zu können.
»Sie denken, Sie könnten einfach so hier einmarschieren und mich umbringen?«
Als Arruti wieder angriff, war der Killer allerdings darauf gefasst.
Dieses Mal wollte er von einer Seite gegen die Schläfe des Mannes treten, doch dieser packte sein Bein, hielt es fest und rammte ihm dann eine Faust genau in den Schritt, sodass Arruti auf ein Knie sackte.
Anschließend vollführte der Mörder aus dem Stand heraus wie ein Turner einen tadellosen Überschlag. Er rotierte im Uhrzeigersinn durch die Luft und ließ dann einen Unterschenkel auf Arrutis Schulter niedersausen wie ein Fallbeil. Das Schlüsselbein des Ex-Agenten brach, woraufhin sein Arm sofort wie gelähmt war. Im weiteren Bewegungsverlauf schwang der Fremde dann sein anderes Bein hoch und ließ es auf die zweite Schulter krachen, deren Knochen ebenfalls mit einem hörbaren Knacken brach.
Während sich der Schmerz wie ein Feuer in Arrutis Körper ausbreitete, biss er sich auf die Zähne und fiel auf die Knie. Seine Schultern hingen schief herab, und seine Arme konnte er auch nicht mehr bewegen. »Du Hurensohn!«
Der Mörder nahm jetzt seelenruhig auf der Couch Platz und rieb sich die Brust. »Für jeden Mann kommt die Zeit, da sein Leben ein Ende findet, Mr. Arruti. Ich gebe Ihnen nun einen kurzen Augenblick, um über Ihr Leben nachdenken zu können, bevor ich es beende.«
»Wer sind Sie?«
»Wer ich bin, ist irrelevant.«
Arruti war vollkommen erschüttert. »Dann erklären Sie mir wenigstens den Grund für das alles.«
»Nur so viel, Mr. Arruti: Sie haben noch exakt eine Minute, um Gott um Vergebung für all die Fehler zu bitten, die Sie in Ihrem Leben begangen haben.«
»Was meinen Sie damit?«
Der Killer beugte sich nach vorn. »Ich meine damit Ihre Rolle bei den Acht.«
»Aha, also ein Mörder, der gekommen ist, um einen anderen Mörder umzubringen. Was Sie da vorhaben, ist schon ein bisschen heuchlerisch, finden Sie nicht?«
Der Fremde steckte eine Hand in die Tasche seiner Cargo-Hose und nahm den Silberzylinder heraus. Er drückte den Knopf, um den Dorn hervorschnellen zu lassen. »Sie haben noch fünfundvierzig Sekunden, Mr. Arruti. Falls Sie an Gott glauben, sollten Sie sich beeilen, um Ihren Frieden mit ihm zu machen.«
»Ich würde vorher aber gern noch wissen, in wessen Auftrag Sie handeln. Ist es ein Senator? Oder vielleicht ein ehemaliger Präsident?«
»Noch dreißig Sekunden, Mr. Arruti.«
»Sie haben Ihre Nummer aber echt voll drauf, Hut ab dafür.«
»Sie vergeuden Ihre Zeit.«
»Es ist immerhin meine Zeit, also kann ich damit anfangen, was ich will.«
»Zwanzig Sekunden.«
Arruti schluckte schwer. Er begann nun langsam, seine Augen nervös umherschweifen zu lassen, um sich einen Fluchtweg zu suchen; ein typischer Selbsterhaltungsreflex.
»Beten Sie, Mr. Arruti, das erleichtert Ihnen Ihre letzten Momente. Ihnen bleiben noch fünfzehn Sekunden.«
»Hören Sie, ich habe Geld. Ich tauche einfach unter. Wer auch immer Ihr Arbeitgeber ist, braucht nichts davon zu erfahren, richtig?«
»Falsch. Zehn Sekunden!«
Arruti seufzte aufgebend. »Kein Gott wird mir die Taten verzeihen, die ich begangen habe.«
»Das hätten Sie wohl besser schon vor dreiundzwanzig Jahren bedenken sollen.«
In der letzten Sekunde des Countdowns traf die Spitze ihr Ziel und tötete Arruti auf der Stelle.
Der Killer hatte tatsächlich Wort gehalten.
Er hob das Shirt des Toten am Rücken hoch und schlitzte dann ein grobes C in das Fleisch.
Sein Auftrag auf den Philippinen war damit abgeschlossen.
Kapitel 7
Eine Woche später
Kimball Hayden hatte sich für eine weitere beschwerliche Sitzung im Sprechzimmer von Monsignore Giammacio eingefunden. Er saß jetzt still vor dem Therapeuten, der eine Zigarette in der Hand hielt.
»Bei Ihrem letzten Besuch haben wir doch sehr vielversprechende Fortschritte gemacht.«
»Verstehen Sie doch einfach, Padre. Ich bin nicht gut im Reden. Bin ich nie gewesen. In Situationen wie dieser komme ich mir einfach total unbeholfen vor.«
»Kimball, es sind noch zwanzig Minuten Zeit. Ich schlage vor, dass wir das Beste daraus machen. Möchten Sie, dass ich das Gespräch einleite?«
Hayden zuckte mit den Achseln. »Egal.«
Der Monsignore schnippte Glut von seiner Zigarette in den Aschenbecher. »Während Ihres letzten Termins wurde deutlich, dass Sie Ablass für Dinge suchen, die Sie in der Vergangenheit getan haben. Dennoch scheinen Sie zu denken, dass nichts etwas bringt, egal wie sehr Sie sich auch bemühen. So verbissen Sie auch nach dem Licht streben, glauben Sie, dass es am Tag des Jüngsten Gerichts nicht für Sie leuchten wird, ist das korrekt?«
»Passen Sie auf, Padre …«
»Habe ich Recht, Kimball?«
Er setzte sich jetzt aufrecht hin und nahm unbewusst eine abwehrende Haltung an. »Äh, nun ja. Vermutlich schon.«
»Unabhängig davon, wie sehr Sie sich in Gottes Auge um Sühne bemühen?«
Kimball beugte sich nach vorn und antwortete hörbar gefrustet: »Es ist doch so, ich töte Menschen! Das gehört zu meiner Arbeit. Und es ist etwas, worin ich gut bin.«
»Aber darüber haben wir doch bereits diskutiert, oder? Über die Art und Weise, wie Sie getötet haben, um das Leben des Papstes und die Leben der Bischöfe des Heiligen Stuhls zu retten. Sind wir nicht bereits gründlich darauf eingegangen?«
»Padre, ich habe zwei Kinder