Sagenbuch des Erzgebirges. Johann August Ernst Köhler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johann August Ernst Köhler
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066112486
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Jungfern haben, welche sich oftmals im Neumond sehen lassen. Es sind Schwestern; die eine spielt auf der Laute und die andere windet einen Kranz. Wer sie eigentlich sind, weiß niemand.

      Den Wiesenthalern dient der Jungferngrund auch als Wetterprophet. Denn wenn der Himmel über demselben hell ist, so wird – ob es auch sonst allenthalben trübe aussieht – zuverlässig schönes Wetter; wenn aber der Jungferngrund voll Nebel ist, so sagt man: Die Jungfern trocknen ihre Wäsche! und dann folgt kalte und nasse Witterung.

       Inhaltsverzeichnis

      (Karl Jentscher in der Erzgebirgs-Zeitung, 1. Jahrg. S. 66.)

      Die Sage berichtet, daß einst in dem Bache am Schlosse Pürstein ein Knabe fischte, was die Aufmerksamkeit der Burgfrau erweckte. Sie saß nämlich oben auf dem Söller und winkte ihrem Gemahl, welcher in den Krieg zog, ihre letzten Scheidegrüße zu. Heftig erzürnt über den Knaben, der es wagte in diesem Bache Fische zu fangen, ließ sie ihn sofort gefangen nehmen und vorführen. Der Vater des Knaben, der Brücknerhäusel-Besitzer gewesen sein soll, warf sich zu Füßen der Burgfrau und bat um Gnade, allein vergebens; ja man fesselte jetzt beide und warf sie in das tiefste Burgverließ. Ein Knecht öffnete des andern Tages den Kerker, um dem Vater die Freiheit, aber auch den Befehl zu bringen, daß er sofort diesen Ort und die umliegende Gegend zu verlassen habe, sein Eigentum sei unter die Schergen verteilt und sein Weib ausgejagt worden. »Und mein Kind?« rief der Alte. Der Knecht deutete auf den Mühlberg, wo soeben das Haupt des Kindes unter dem Beile fiel und über die Höhe des Berges hinabrollte. Der arme Vater, auf das tiefste getroffen, wankte langsam den Burgweg hinab und nie kehrte er wieder. Seitdem wurde der Gipfel des Mühlberges »Kopfleiten« genannt und zum Andenken ein Kreuz dort errichtet, welches noch bis in die dreißiger Jahre dort stand. Wenn der Allerseelensonntag seine trüben Nebel über die Gegend wirft, dann wandelt der Knabe als eine lichte Gestalt traurig dahin, und aus den Felsen des Hinterwaldes ertönt ein Jammergeschrei. Die Burgfrau aber, von Gewissensbissen getrieben, hatte keine Ruhe mehr gefunden, weshalb auch ihr Gemahl das Schloß verließ und es seinen nahen Vettern übergab. Ihr Schatten zog noch lange und oft auf dem Wege dahin, welchen das unglückliche Opfer zur Richtstätte genommen hatte. Viele wollte die alte Burgfrau zu den Schätzen des Schlosses locken, um durch diese von ihrem Schicksale erlöst zu werden, oft hatte sie sich den Dorfbewohnern in später Nachtstunde gezeigt, ein Becken mit Geld und Gold auf den Schultern tragend, – doch jeder wich scheu zurück und dachte an den armen Brücknersohn. Nur einem Manne gelang es, wie die Sage weiter erzählt, sich in einer Nacht reich zu machen. Ihm träumte, er solle dreimal auf die Brücke von Rodisfort gehen und zwar immer zur bestimmten Zeit; während er das dritte Mal zur Stelle war und harrend sann, kam die Burgfrau als ein altes, häßliches Weib hinkend auf ihn zu und deutete mit erhobener Krücke gegen Pürstein mit den Worten: »Gehe dahin gegen Pürstein auf das alte Schloß! Wenn dann der Mond am höchsten steht, so glänzt dir in der alten, schwarzen Mauer ein weißer Stein entgegen, diesen hebe hinweg, und was du suchtest, das wird dir mehr als zuviel!« Und er hob um Mitternacht diesen verhängnisvollen Stein hinweg, und fand so viel Gold, daß er nicht stark genug war, alles fortzubringen. – Seit dieser Zeit hat niemand mehr die alte Frau gesehen, und während früher in den alten Mauern nachts oft Getöse hörbar war, herrscht dort jetzt Grabesstille.

       Inhaltsverzeichnis

      (Mitgeteilt vom Dir. Ludwig Lamer in Hainsberg.)

      Von Zeit zu Zeit ließ sich auf dem Schloßhofe zu Rabenau ein Fräulein sehen, welches des Nachts ruhelos auf demselben mit einem hellen, weitleuchtenden Lichte umherwandelte und auf Erlösung von dem Banne wartete. Welcher Art diese Erlösung sein sollte und warum das Fräulein umging, hat man nicht erfahren können.

       Inhaltsverzeichnis

      (Dietrich und Textor, Die romantischen Sagen des Erzgebirgs I. 1822. S. 123 etc.)

      Am Hofe des Böhmenherzogs Wratislaw lebte im 11.Jahrhunderte ein Ritter Otto von Greifen, welcher sich, des Hoflebens müde, mit seiner Gemahlin in das damals unwegsame Erzgebirge zurückzog und im jetzigen Freiwalde eine Burg erbaute. Von dieser Burg, Greifenburg genannt, will man jetzt noch Überreste auf dem Greifensteine bei Ehrenfriedersdorf sehen. Seine Gemahlin schenkte ihm einen Sohn, und als derselbe fünf Jahre alt war, brachte der Ritter ein zweijähriges Mädchen mit, welches er im Walde schlafend angetroffen hatte. Das Mädchen erblühte nach und nach zur herrlichen Jungfrau und so geschah es, daß sie von dem Junker Werner, dem Sohne Ottos von Greifen, mit welchem sie auf der Burg erzogen worden war, herzlich geliebt wurde. Werners Eltern ahnten nichts von diesem Verhältnisse; doch eine Entdeckung konnte nicht ausbleiben, da die Frucht der heimlich gehaltenen Liebe heranreifte. Unglücklicherweise aber geschah die Entdeckung zu einer Zeit, wo Werner angezogen war, einem alten Freunde seines Vaters, dem Ritter Bruno von Scharfenstein, gegen den räuberischen Rekko von Rauenstein, welcher vor achtzehn Jahren Brunos schwangere Gemahlin geraubt hatte, und seitdem mit jenem in Fehde lebte, in einem Kampfe beizustehen. Als Ritter Otto von Greifen von dem heimlichen Verhältnisse seines Sohnes zu seiner Pflegeschwester hörte, zieh' er dieselbe in seinem Stolze der Verführung und ließ sie in das Verließ seiner Burg hinabstoßen. Hier genaß das verlassene Mädchen eines Kindes und in einer sie befallenden Geistesstörung schleuderte sie dasselbe an die Mauer des Gefängnisses. Plötzlich aber stieg aus dem Boden eine Geistergestalt auf und sprach: »Heil mir, wehe dir! Seit langen Jahren bin ich wegen einer gleichen That zum ruhelosen Umherwandeln verurteilt worden. Jetzt bin ich durch dich erlöst und du wirst meine Stelle so lange einnehmen, bis einst ein keusches Weib, das niemals einen unreinen Gedanken in seiner Seele gehabt hat, in stiller Mitternacht deinen Namen dreimal ohne Furcht rufen wird!« Die Gestalt verschwand, und das gefangene Mädchen sank zu Boden, um in fürchterlicher Raserei wieder zu erwachen, wobei sie sich endlich den Kopf wie den ihres Kindes an der Gefängnißmauer zerschmetterte. Ihr Geist aber erschien in der Nacht dem hartherzigen Pflegevater und verkündete seinem Hause Verderben. Reuig eilte er in den Kerker, wo er den Leichnam seiner unglücklichen und verstoßenen Pflegetochter neben dem ihres Kindes fand. Da ließ er beiden ein ehrendes Begräbnis bereiten; doch eben, als dies geschah, kehrte sein Sohn wieder zurück. Derselbe war voller Freude, denn durch ihn war der räuberische Rekko von Rauenstein gefallen, und in der Todesstunde hatte derselbe bekannt, daß Brunos von Scharfenstein geraubte Gemahlin eines Töchterchens sehr schwer genesen und an den Folgen der Entbindung gestorben sei. Das Kind aber habe er bei einem Köhler des großen Schellenberger Waldes zwei Jahre lang erziehen lassen und dann, als es ihm lästig geworden sei, weiter für dasselbe zu sorgen, im Freiwalde, ohnweit Ottos Burg aussetzen lassen. Dieses Kind war also kein anderes, als Werners unglückliche Pflegeschwester; sie war ihm durch ihre Geburt ebenbürtig und daher war er hoffend, daß seine Eltern in eine Verbindung mit ihr willigen würden, zurückgekehrt. Als er nun alles erfuhr, was sich während seiner Abwesenheit zugetragen hatte, sank er in tiefe Ohnmacht. Als er wieder erwachte, hatte stiller Wahnsinn seine Seele umnachtet; er endete sein Leben in einem Kloster der Ritter vom Hospital zu Prag. Otto von Greifen und seine Gemahlin erlagen bald dem Übermaße ihres Grams. Die Greifenburg fiel als erledigtes Lehen an Herzog Wratislav, wurde aber später, da die folgenden Besitzer zum Räuberhandwerk griffen, auf Befehl Wipprechts von Groitzsch zerstört. Sie ist nie wieder aufgebaut worden.

      Historisch ist, daß auf dem Greifensteine eine Burg »Gryfenstein« gestanden hat; sie wird als ein markgräflich meißnisches Lehen der Dynasten von Waldenburg urkundlich im Jahre 1372 angeführt. (Herzog, Archiv für sächs. Gesch. II. S. 76.)

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