(Ziehnert, Sachsens Volkssagen. Anhang, No. 29.)
In dem Hofbusche bei Schlettau, durch den der Weg nach Unter-Herrmannsdorf führt, läßt sich bei Nacht oft ein gespenstischer Jäger ohne Kopf sehen. Er soll vor alter Zeit die Armen, welche sich das dürre Reißholz sammelten, oft unbarmherzig mißhandelt haben und zur Strafe nach seinem Tode nun umgehen müssen. Rechtliche Leute läßt er ungeneckt, aber die Holzdiebe hat er schon oft in Todesangst gejagt und bisweilen festgebannt, so daß sie Stunden lang an einer Stelle stehen bleiben mußten.
22. Der Reiter ohne Kopf auf dem Ziegenberge bei Zwönitz.
(Nach der poetischen Bearbeitung von Ziehnert bei Gräße, Sagenschatz des K. S. No. 572.)
Auf dem Ziegenberge bei Zwönitz soll sich ein Reiter ohne Kopf sehen lassen, von dem sich das Volk folgendes erzählt:
Einst (im 17. Jahrhundert) soll ein Müller in Zwönitz eine sehr schöne Tochter gehabt haben, die mit dem Förster von Grünhain heimlich versprochen war; derselbe war übrigens mit den übrigen Gliedern ihrer Familie so gut wie gar nicht bekannt. Nun hatte aber der Müller auch einen Sohn, von dem er sich losgesagt hatte, weil derselbe ohne seine Erlaubnis die Tochter des Scharfrichters geehelicht und damit nach den Ansichten jener Zeit seine Familie beschimpft hatte. Gleichwohl kamen die Geschwister an diesem und jenem Orte mit einander zusammen, und als nun eines Tages die schöne Müllerstochter in die Schenke wo sie ihren Liebhaber zu treffen dachte, zum Tanz gegangen war, traf sie ihren Bruder mit seiner Frau und konnte es ihm natürlich nicht abschlagen, ein Tänzchen mit ihm zu machen. Während dem war aber der Förster angelangt und gleich vom Pferde aus, wie er war, auf den Tanzsaal geeilt; als er nun seine Braut in den Armen eines ihm Fremden erblickte und sah, wie sie freundlich mit ihm scherzte, ergriff ihn rasende Eifersucht. Er lockte sie also unter Schmeichelworten auf den Ziegenberg, indem er vorgab, er habe bei dem schnellen Ritte etwas im Walde verloren und sie solle ihm suchen helfen. Das Mädchen ging auch, nichts Böses ahnend, mit; als sie aber an eine recht wilde, verwachsene Stelle des Berges kamen, warf er ihr ihre Untreue vor und erstach sie, ohne nur ihre Verteidigung anhören zu wollen. Leider hatte er nur zu sicher getroffen, die Unglückliche gab in wenigen Minuten ihren Geist auf, indem sie nur noch so viel Zeit hatte, ihrem Mörder zuzurufen, ihr vermeintlicher Verführer sei ihr Bruder gewesen, den er noch nicht gekannt habe. In wilder Verzweiflung warf sich der Förster über die Sterbende, allein er vermochte sie nicht wieder ins Leben zurückzurufen. Er eilte also auf den Tanzsaal und schrie ihrem Bruder zu, er habe seine Schwester gemordet, er wolle sich selbst dem Gerichte übergeben. So geschah es auch. Da er den Tod suchte, dauerte die Untersuchung nicht lange, schon nach drei Monden fiel sein schuldiges Haupt zu Grünhain auf dem Schafott; auf dem Flecke aber wo die blutige That geschehen, ward ein Rosenstrauch gepflanzt, dessen weiße Rosen des Nachts wie mit Blut besprengt aussehen und der seine Blätter traurig zur Erde zu senken scheint. Um Mitternacht aber kommt, wenn böse Zeiten bevorstehen, ein Reiter, den Kopf unter dem Arme, vom Grünhainer Hochgericht nach dem Rosenstock geritten, verweilt kurze Zeit daselbst und kehrt dann wieder zurück.
Der letzte Teil der Sage erinnert an die poetische Vorstellung, daß die entweichende Seele eine aufblühende Blume ist, durch welche sie auch symbolisch dargestellt wird. Die weiße Rose, welche des Nachts wie mit Blut besprengt dasteht, ist die Seele des ermordeten Mädchens. Die Seelen Verstorbener wachsen als Blumen aus dem Grabe. Erhob sich doch auch auf den Gräbern Tristans und Isoldes eine Rebe und ein Rosenstock.
»– Doch eine Rose, einen Reben
sah man sich aus den Gräbern heben
und innig sich verschlingen.«
23. Der gespenstische Reiter bei Hainsberg.
(Gräße, Sagenschatz etc. No. 267.)
Auf der von Hainsberg nach Tharand führenden Chaussee soll sich an gewissen Tagen um Mitternacht ein Spukgeist sehen lassen; er reitet auf einem Pferde ohne Kopf und trägt den seinigen zuweilen selbst unter dem Arme, er jagt bis Tharand und kehrt dann wieder zurück.
24. Gespenstische Reiter bei Waschleite.
(Christ. Lehmann, Histor. Schauplatz etc. S. 75.)
Eine halbe Meile von Grünhain gegen Waschleite ist einem Gerber von Elterlein, der des Nachts von Schwarzenberg heimfuhr, eine ganze Rotte Reiter ohne Köpfe und in mancherlei Gestalt entgegengekommen, denen mußte er ausweichen, worauf er infolge des gehabten Schrecks krank wurde. Daselbst hat man auch zuweilen die schönste Geistermusik gehört.
25. Der Reiter ohne Kopf bei Wildenfels.
(Nach Mitteilung des Lehrers R. Schlegel aus Wildenfels.)
Die Holzhauer erzählen, daß sich an dem sogenannten neuen Teiche im Wildenfelser Walde ein Reiter ohne Kopf sehen lasse, welcher dann im Wasser verschwinde.
Unselige Geister erscheinen häufig hauptlos, wie uns die Sagen aus zahlreichen Orten erzählen. Ohne Kopf sieht man z. B. den Reiter im Wiesenthale bei Königerode. Auch der wilde Jäger im Zellgrunde zeigt sich ohne Kopf. (Größler, Sagen aus der Grafschaft Mannsfeld, No. 54 und 162.) In einem bei Weimar gelegenen Hölzchen läßt sich des Nachts ein Reiter sehen, welcher seinen Kopf wie einen Hut unter dem Arme trägt; er führt die Leute irre. (Witzschel, Sagen aus Thüringen, No. 297.) Bemerkenswert ist dabei, daß solche unselige Geister vielfach auf halben oder dreibeinigen Rossen reiten und mit einer Meute dreibeiniger Hunde den Zug des wilden Jägers begleiten. Es ist dies eine Erinnerung an die Todes- und Pestgöttin Hal, welche auf einem dreibeinigen Pferde erscheint.
26. Der kopflose Reiter bei Bernsbach.
(Mitgeteilt vom Seminarist Osw. Hübner aus Bernsbach.)
Auf der Straße von Bernsbach nach Beierfeld, im sogenannten Kirchgraben, soll öfters ein Reiter ohne Kopf gesehen worden sein.
27. Der Reiter ohne Kopf zwischen Lößnitz und Stein.
(Mitgeteilt von J. G. Müller, Kirchner und Lehrer in Lößnitz.)
In der Mitte des Weges zwischen Lößnitz und Schloß Stein ist ein Waldort, genannt »die hohle Linde.« Zur Zeit steht an der Stelle neben einer Vertiefung eine junge Linde; ehemals befand sich eine umfangreiche hohle Linde daselbst. Früher stieg aus derselben um Mitternacht ein Reiter ohne Kopf, der den Wald durchirrte und die Leute schreckte. Noch jetzt soll derselbe zuweilen aus der kleinen Senke daselbst aufsteigen.
28. Der Panzerreiter zu Stollberg.
(Gräße, Sagenschatz d. K. Sachsen, No. 574; z. T. mündlich.)
In der Gegend von Stollberg soll bei Nacht ein Reiter ohne Kopf, in einen langen schwarzen