a) Form und Frist
222
Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Berufungsausschusses beim Berufungsausschuss einzulegen, § 44 S. 1 Ärzte-ZV. Aufgrund der Verweisung in § 97 Abs. 3 S. 1 SGB V auf § 84 Abs. 1 S. 1 SGG kann er auch beim Zulassungsausschuss eingelegt werden.[379]
223
Der Widerspruch muss gemäß § 44 S. 2 Ärzte-ZV den Beschluss des Zulassungsausschusses bezeichnen, gegen den er sich richtet, was erforderlichenfalls im Wege der Auslegung zu ermitteln ist.[380] Die Schriftform gemäß § 44 S. 1 Ärzte-ZV ist auch bei der Übermittlung per Telefax gewahrt.[381]
224
Die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat ab Bekanntgabe des Beschlusses, § 97 Abs. 3 S. 1 SGB V i.V.m. § 84 Abs. 1 S. 1 SGG. Die Bekanntgabe des Beschlusses des Zulassungsausschusses erfolgt i.d.R. gemäß § 41 Abs. 5 S. 1 Ärzte-ZV durch Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des Beschlusses.[382] Für den Beginn der Widerspruchsfrist ist der Zeitpunkt der förmlichen Zustellung maßgebend, eine etwaige zusätzlich vorgenommene Verkündung des Beschlusses am Ende der Sitzung löst den Fristbeginn nicht aus.[383] Die Berechnung der Frist richtet sich nach § 64 SGG (vgl. § 62 SGB X). Bei fehlender oder unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung gilt die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 S. 1 SGG. Bei unverschuldeter Fristversäumung kann nach Maßgabe von § 67 SGG Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewährt werden.[384]
225
Für Dritte, denen der Beschluss des Zulassungsausschusses nicht bekannt gegeben wurde, gilt die Jahresfrist des § 84 Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 66 Abs. 2 SGG.[385]
b) Widerspruchsbegründung
226
Nach der bis zum Inkrafttreten des VÄndG geltenden Fassung des § 44 S. 1 Ärzte-ZV musste der Widerspruch innerhalb der Widerspruchsfrist von einem Monat „mit Gründen“ eingelegt werden. Anderenfalls konnte er als unzulässig zurückgewiesen werden.[386] Das Begründungserfordernis wurde durch das VÄndG mit Wirkung zum 1.1.2007 aufgehoben.[387]
3. Widerspruchsbefugnis
227
Die Anrufung des Berufungsausschusses setzt eine rechtliche Beschwer (vgl. § 54 Abs. 1 2 SGG) voraus. Eine Verletzung von Rechten des Widerspruchsführers durch den angefochtenen Beschluss des Zulassungsausschusses muss als möglich erscheinen.
228
Davon kann regelmäßig bei einem Beschluss ausgegangen werden, der an den Anfechtenden gerichtet ist. Wurde die beantragte Entscheidung getroffen, besteht die Widerspruchsbefugnis des Antragstellers nur hinsichtlich einer ihn möglicherweise belastenden Nebenbestimmung.
229
Die gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV am Verfahren beteiligte Kassenärztliche Vereinigung[388] muss ein konkretes Interesse im Einzelfall nicht darlegen. Dies ergibt sich aus dem von ihr wahrzunehmenden Sicherstellungsauftrag (§ 75 Abs. 1 SGB V); aufgrund der ihr übertragenen Verantwortung für eine den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entsprechende Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung ist sie durch die Entscheidungen der Zulassungsgremien stets und unmittelbar in ihren Rechten betroffen.[389] Dasselbe gilt für die beteiligten Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen, da ihnen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung keine geringere Kompetenz zugewiesen ist als der Kassenärztlichen Vereinigung.[390] Das Anfechtungsrecht der Kassenärztlichen Vereinigung besteht auch in den (Ausnahme-)Fällen, in denen eine in einem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung getroffene Entscheidung in den Bezirk einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung „einstrahlt“, also potentiell geeignet ist, Auswirkungen auf die dortige Versorgung zu zeitigen.[391] Dies ist bspw. bei einer weiteren hälftigen Zulassung im Bezirk einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung,[392] bei der Erstreckung einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft über die Bezirke mehrerer Kassenärztlichen Vereinigungen[393] oder bei der Ermächtigung zum Betrieb einer Zweigpraxis im Bezirk einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung gemäß § 24 Abs. 3 S. 7 Ärzte-ZV[394] der Fall.
230
Widerspruchsbefugt ist auch der Mitbewerber bei einer offensiven Konkurrentenlage.[395] Dies folgt bereits aus der eigenen Grundrechtsbetroffenheit jeden Bewerbers.[396] Geht es lediglich um die Abwehr eines neu hinzukommenden Konkurrenten, ist die Widerspruchsbefugnis nur unter bestimmten Voraussetzungen gegeben,[397] sie lässt sich nicht bereits aus Grundrechten ableiten.
a) Grundlagen
231
Die Anrufung des Berufungsausschusses setzt eine rechtliche Beschwer (vgl. § 54 Abs. 1 S. 2 SGG) voraus. Hiernach muss eine Verletzung von Rechten des Widerspruchsführers durch den angefochtenen Beschluss des Zulassungsausschusses als möglich erscheinen. Davon kann regelmäßig bei einem Beschluss ausgegangen werden, der an den Anfechtenden gerichtet ist. Demgegenüber ist der Konkurrent nicht notwendig Adressat des (einen anderen) begünstigenden Beschlusses des Zulassungsausschusses. Er kann den einen anderen begünstigenden Beschluss nur dann anfechten, wenn ihm ein drittschützendes subjektiv-öffentliches Recht zur Seite steht, wenn er sich also auf eine Norm berufen kann, die ihm als Konkurrenten die Möglichkeit eröffnen soll, sein Rechtsbegehren auch zu Lasten des Begünstigten zu erwirken.[398] Zu unterscheiden sind zwei Konstellationen:
232
Offensiver Konkurrentenwiderspruch: Hier streiten mehrere Konkurrenten um die Zuerkennung einer nur einmal zu vergebenden Berechtigung, bspw. um die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens gemäß § 103 Abs. 3a, 4 SGB V, um die Zulassung im partiell geöffneten Planungsbereich im Verfahren gemäß § 26 Abs. 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie oder um eine nur einmal zu vergebende Sonderzulassung gemäß § 103 Abs. 7 SGB V,[399] Sonderbedarfszulassung oder Ermächtigung.[400] Ziel des in einem solchen Verfahren übergangenen Konkurrenten ist es, selbst und an Stelle des Begünstigten bspw. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen zu werden. Mit dem Widerspruch greift er also nicht nur den an ihn gerichteten negativen Beschluss an, mit dem sein Antrag auf Zulassung zurückgewiesen wurde. Dem Konkurrenten geht es vielmehr auch darum, gegen die Zulassung des Begünstigten vorzugehen.[401]
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Defensiver Konkurrentenwiderspruch: In diesen Fällen geht es um die Abwehr eines zusätzlichen Konkurrenten, eine eigene Begünstigung wird nicht erstrebt. Zu denken ist etwa an die Anfechtung der einem anderen erteilten Ermächtigung oder Sonderbedarfszulassung durch einen Vertragsarzt, ein medizinisches Versorgungszentrum oder durch eine Berufsausübungsgemeinschaft.[402]
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Bei dem offensiven Konkurrentenwiderspruch ist die Anfechtungsbefugnis des Mitbewerbers ohne Frage gegeben. Sie folgt hier schon aus der eigenen Grundrechtsbetroffenheit (Art. 3 Abs. 2 GG) jeden Bewerbers.[403] Bei dem defensiven Konkurrentenwiderspruch, der auf Beibehaltung bestehender Marktbedingungen und auf Abwehr eines neu hinzukommenden Konkurrenten gerichtet ist, lässt sich die Anfechtungsberechtigung nicht auf Grundrechte stützen. Marktteilnehmer haben regelmäßig keinen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben, insbesondere nicht darauf, dass Konkurrenten vom Markt fern bleiben.[404] Die Befugnis zur Abwehr des Konkurrenten kann sich somit nur aus sog. einfachrechtlichen Regelungen ergeben. Dies ist lediglich in der besonderen Konstellation der Fall, dass sich aus den Bestimmungen,