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In der Praxis kommt der Auswahl der Gläubiger, die in den Restrukturierungsplan einbezogen werden sollen, eine wichtige strategische Bedeutung zu, da diese unmittelbare Auswirkung darauf hat, welche Gläubiger in das Sanierungsgeschehen des Unternehmens eingreifen können. In den meisten Fällen werden sich die Eingriffe des Restrukturierungsplans vermutlich auf die Rechte von Finanzgläubigern (Banken und alternative Finanzierungspartner) fokussieren, um das Planziel mittels Verschiebung von Fälligkeiten oder einem Haircut zu erreichen. Aber der StaRUG-Fall des AG Hamburg diente der Lösung eines Gesellschafterstreites.18
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Eingriffe in Rechte von Geschäftspartnern und Gläubiger, die für den operativen Geschäftsbetrieb von Bedeutung sind, sind weitestgehend außen vor zu lassen. Ein Verstoß gegen die Regelungen zur sachgerechten Auswahl der Planbetroffenen führt trotz der großen, praktischen Bedeutung nicht zu einer Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 StaRUG und ist zudem nicht rechtsmittelfähig. In Betracht käme in einem solchen Fall lediglich eine Anordnung der Mängelbeseitigung gem. § 51 Abs. 1 S. 3 StaRUG.19
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Zur Abstimmung über den Restrukturierungsplan sind die Planbetroffenen gem. § 9 StaRUG in Gruppen einzuteilen. Unterschieden werden grundsätzlich Gläubiger mit Sicherungsrechten (Nr. 1), unbesicherte Gläubiger (Nr. 2), Gläubiger mit Forderungen, die in einem Insolvenzverfahren nachrangig wären (Nr. 3) und Anteils- und Mitgliedschaftsinhaber (Nr. 4). Des Weiteren ist auch im Restrukturierungsplan die Bildung von Untergruppen möglich, die jedoch sachgerecht voneinander abgrenzt werden müssen. Dabei sind insbesondere unterschiedliche wirtschaftliche Interessen maßgeblich. Planbetroffene innerhalb derselben Gruppe sind im Restrukturierungsplan gem. § 10 Abs. 1 StaRUG grundsätzlich gleich zu behandeln, es sei denn ein Planbetroffener erklärt sich mit einer ungünstigeren Behandlung einverstanden. Die entsprechende Zustimmungserklärung ist dem Restrukturierungsplan beizufügen.
d) Stimmrecht und erforderliche Mehrheiten
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Die Planbetroffenen können im Rahmen eines versammlungslosen Abstimmungsverfahrens (§§ 17ff. StaRUG) oder einer Versammlung der Betroffenen (§ 20 StaRUG) außergerichtlich über die Annahme des Restrukturierungsplans abstimmen oder im Wege eines gerichtlichen Abstimmungsverfahrens gem. § 23 StaRUG. Dies bietet sich insbesondere dann an, wenn der Schuldner Streitigkeiten über den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens vermeiden will, die zu einer Versagung der Planbestätigung führen können oder Streit über Stimmrechte besteht, welche im gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermin gem. § 45 Abs. 4 S. 2 StaRUG verbindlich festgelegt werden.20
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Zur Annahme des Plans müssen grundsätzlich alle Gruppen mit mindestens 75 Prozent der Stimmrechte pro Gruppe dem Plan zustimmen. Die Anzahl der Stimmrechte richtet sich gem. § 24 StaRUG nach der wirtschaftlichen Betroffenheit der Planbetroffenen. Das heißt, die Stimmrechte der gesicherten Gläubiger richten sich nach dem Wert ihrer Sicherheiten, die Stimmrechte der ungesicherten Gläubiger nach dem Betrag ihrer Forderung, und die Stimmrechte der Anteilsinhaber nach ihrem nominellen Anteil am gezeichneten Kapital oder Vermögen des Schuldners.
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Bei der Abstimmung ist zu beachten, dass alle betroffenen Gläubiger abstimmen müssen und nicht nur, wie bei einem Insolvenzplanverfahren, die anwesenden Gläubiger. Anders als beim Insolvenzplan bedarf es im Rahmen der Abstimmung des Restrukturierungsplans einer qualifizierten 75-Prozent-Summenmehrheit und nicht, wie in § 244 InsO gefordert, sowohl einer Kopf- als auch einer Summenmehrheit. Nicht anwesende und somit nicht abgegebene Stimmen wirken bei der Abstimmung des Restrukturierungsplans damit wie eine Ablehnung des Plans.21
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Im Restrukturierungsverfahren ist folglich die Kommunikation mit allen Planbetroffenen von großer Bedeutung, um eine Einbindung der Gläubiger zu erreichen. Der Restrukturierungsplan wird nur dann die notwendigen Mehrheiten erhalten, wenn er geeignet ist, den Turnaround des Unternehmens herbeizuführen, und dies für die abstimmenden Gläubiger nachvollziehbar ist. Die Begründung der Sanierungsaussicht kann in der Praxis durch die Vorlage eines Sanierungsgutachtens erfolgen.
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Grundsätzlich sollte der Restrukturierungsplan jedoch auch dann verbindlich werden können, wenn nicht alle Gläubigergruppen mehrheitlich für ihn stimmen. Das StaRUG bietet mit den §§ 26ff. StaRUG daher auch die Möglichkeit mittels gruppenübergreifender Mehrheitsentscheidungen, auch bekannt als cross-class cramdown, dissertierende Gläubigergruppen zu überstimmen. Dies unterscheidet das Restrukturierungsverfahren beispielsweise vom Konzept des englischen scheme of arrangement, das ein derartiges Obstruktionsverbot nicht kennt und ohnehin eher auf finanzielle Restrukturierungen mit nur einer Gruppe von Gläubigern ausgelegt zu sein scheint.22
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Dazu müssen durch den Restrukturierungsplan folgende, in § 26 Abs. 1 StaRUG normierte, Voraussetzungen erfüllt werden: Die Planbetroffenen dürfen durch den Plan nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne Plan stünden (Nr. 1), sie müssen angemessen am wirtschaftlichen Wert der Restrukturierung beteiligt werden (Nr. 2) und die Mehrheit der Gruppen muss dem Plan zustimmen, wobei in Restrukturierungsverfahren, in denen lediglich zwei Gruppen gebildet wurden, die Zustimmung einer Gruppe ausreichend ist (Nr. 3).
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§ 27 StaRUG konkretisiert, wann die Mitglieder der zu überstimmenden Gruppe als angemessen am Planwert der Restrukturierung beteiligt gelten. Dies ist immer dann gegeben, wenn kein anderer Planbetroffener über den Betrag seines Anspruchs hinaus am Plan beteiligt wird (Nr. 1), weder ein Gläubiger, der in einem Insolvenzverfahren nachrangig wäre, noch der Schuldner selbst oder ein Anteilsinhaber durch den Plan einen wirtschaftlichen Wert erzielt (Nr. 2) und kein in einem Insolvenzverfahren gleichrangiger Gläubiger bessergestellt wird als die zu überstimmenden Gläubiger (Nr. 3). Die Norm entspricht damit der aus § 245 InsO bekannten absoluten Prioritätsregel.
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Anders als die Insolvenzordnung bietet das StaRUG jedoch mit § 28 StaRUG Möglichkeiten zur Durchbrechung der absoluten Prioritätsregel. Demnach ist entgegen § 27 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG eine unterschiedliche Behandlung von Gläubigern, deren Forderungen in einem Insolvenzverfahren gleichrangig wären, möglich, wenn dies nach der Art der zu bewältigenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten und nach den Umständen sachgerecht ist (§ 28 Abs. 1 StaRUG). Des Weiteren ist es entgegen § 27 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG möglich, Inhabern von Anteils- und Mitgliedschaftsrechten Werte zuzuweisen, wenn deren Mitwirkung an der Fortführung des Unternehmens infolge besonderer, in ihrer Person liegender Umstände unerlässlich ist, um den Planwert zu verwirklichen und sich der Schuldner oder die an dem Schuldner beteiligte Person im Plan zu der erforderlichen Mitwirkung sowie zur Übertragung der wirtschaftlichen Werte für den Fall verpflichtet, dass seine Mitwirkung aus von ihm zu vertretenden Gründen vor dem Ablauf von fünf Jahren endet oder die Eingriffe in die Rechte der Gläubiger geringfügig sind. Dies ist gem. § 28 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG insbesondere dann gegeben, wenn die Rechte der Gläubiger nicht gekürzt werden und deren Fälligkeiten um nicht mehr als 18 Monate verschoben werden.23
2. Bestätigung und Wirkung des bestätigten Restrukturierungsplans
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Der von den Planbetroffenen angenommene Restrukturierungsplan kann auf Antrag des Schuldners gem. den §§ 60ff. StaRUG durch das Restrukturierungsgericht bestätigt werden. Der Antrag ist durch den Schuldner selbst und nicht durch einen Restrukturierungsbeauftragten oder einen einzelnen Gläubiger zu stellen. Versagungsgründe für eine gerichtliche Bestätigung sind gem. § 63 Abs. 1 StaRUG eine nicht