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Mit der gerichtlichen Bestätigung des Plans treten gem. § 67 StaRUG die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen des Restrukturierungsplans ein, und zwar auch gegenüber denjenigen Planbetroffenen, die gegen den Plan gestimmt haben, sofern sie ordnungsgemäß am Abstimmungsverfahren beteiligt wurden. Bei einer außergerichtlichen Abstimmung, ohne nachfolgende gerichtliche Bestätigung, entfaltet der Restrukturierungsplan nur seine Wirkung, wenn alle Planbetroffenen dem Plan zugstimmt haben. Gegenüber Gläubigern, die dem Plan nicht zugestimmt haben, treten die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen nicht ein.
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Neben den im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen des Restrukturierungsplans, treten mit der Planbestätigung gem. den §§ 67 Abs. 2 bis 6 und 70f. StaRUG noch zahlreiche weitere Wirkungen des Restrukturierungsplans ein, die sich im Wesentlichen an den Regelungen der §§ 254 bis 257 InsO des Insolvenzplanrechts orientieren. Eine besonders praxisrelevante Folge der Planbestätigung enthält § 90 Abs. 1 StaRUG, wonach die Regelungen eines rechtskräftig bestätigten Restrukturierungsplans sowie alle Rechtshandlungen im Vollzug des Plans der (Insolvenz)Anfechtung unzugänglich sind, sofern die Planbestätigung nicht auf unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Schuldners beruhte und der andere Teil davon Kenntnis hatte. Somit sind insbesondere neue Finanzierungen und Sicherheiten, die im Rahmen eines Restrukturierungsplans gewährt werden, grundsätzlich anfechtungssicher, was zu einer erhöhten Rechtssicherheit für Finanzierer in Krisensituationen führt.
1 Frind, Das plötzliche StaRUG Verfahren; ZInsO 1093, 2021. 2 Begründung zu § 70 StaRUG-RegE, BT-Drs. 19/24181, 162. 3 Girotto/Czernay, NZI Beil. 1/202; 66,6 7. 4 Desch, Das neue Restrukturierungsrecht, 1. Auflage 2021, § 3 Rn. 30. 5 Fridgen, in: BeckOK StaRUG, § 6 Rn. 2f., 77f. 6 Fridgen, in: BeckOK StaRUG, § 6 Rn. 51. 7 Frind, Das plötzliche StaRUG Verfahren; ZInsO 1097, 2021. 8 Thole, Der Entwurf des Unternehmensstabilisierungs- und restrukturierungsgesetzes (StaRUG-RefE), ZIP 2020, 1986, 1989. 9 Girotto/Czernay, NZI Beil. 1/202; 66, 68. 10 Schäfer, ZIP 2020, 2164, 2165. 11 Fridgen, in: BeckOK StaRUG, § 6 Rn. 56. 12 Fridgen, in: BeckOK StaRUG, § 7 Rn. 2. 13 Ringelspacher/Nitsche, Das StaRUG im Vergleich mit der Umsetzung der EU-Direktive in Österreich, ZRI 2021, 479. 14 Tashiro, in: Braun StaRUG, § 12 Rn. 7ff. 15 Cranshaw/Portisch, ZInsO 2020, 2617, 2622. 16 Desch, Das neue Restrukturierungsrecht, 1. Auflage 2021, § 3 Rn. 8. 17 Böhm, in: Braun StaRUG, § 8 Rn. 6ff. 18 Fiebig, in: „StaRUG – Eine Auswertung der ersten praktischen Fälle“, ZRI 2021, 561ff. 19 Vgl. so auch Böhm, in: Braun StaRUG, § 8 Rn. 13f. 20 Desch, Das neue Restrukturierungsrecht, 1. Auflage 2021, § 3 Rn. 53ff. 21 Desch, Das neue Restrukturierungsrecht, 1. Auflage 2021, § 3 Rn. 64f. 22 Brünkmans/Thole, Handbuch Insolvenzplan 2020, § 30 Rn. 37. 23 Desch, Das neue Restrukturierungsrecht, 1. Auflage 2021, § 3 Rn. 77ff.
II. Neue Chancen durch den Sanierungsvergleich
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Mit der in den §§ 94ff. StaRUG geregelten Sanierungsmoderation hat der deutsche Gesetzgeber mit Einführung des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes ein neues Instrument zur Einigung der beteiligten Parteien in einer Unternehmenskrise geschaffen. Die Sanierungsmoderation kann dabei als erste Eskalationsstufe bezeichnet werden, wenn die Sanierungsbeteiligten im Wege der außergerichtlichen, konsensualen Verhandlungen keine Einigung erzielen können. In der Praxis kommt eine Sanierungsmoderation insbesondere für Kleinst- und kleine Unternehmen in Betracht, für die eine Nutzung des umfassenden Restrukturierungsrahmens aus Gründen der Komplexität, insbesondere hinsichtlich der Erstellung des Restrukturierungsplans, und vor allem aus Kostengründen wohl häufig ausscheiden wird. Voraussetzung für die Nutzung der Sanierungsmoderation im Sinne des StaRUG ist ein Antrag des restrukturierungsfähigen Schuldners beim zuständigen Restrukturierungsgericht.24
1. Grundlagen des Sanierungsvergleichs
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Ziel der Sanierungsmoderation ist die Erarbeitung eines Sanierungskonzeptes und eines darauf basierenden Vergleichs, der auch durch das Restrukturierungsgericht bestätigt werden kann. Eine Sanierungsmoderation kann maximal für sechs Monate genutzt werden. Wird innerhalb dieser Zeitspanne ein Antrag auf eine gerichtliche Bestätigung des erarbeiteten Vergleiches gestellt, verlängert sich die Sanierungsmoderation bis zur Entscheidung über die Bestätigung (§ 95 Abs. 1 StaRUG).
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Der Sanierungsvergleich ist ein schuldrechtlicher Vertrag und daher grundsätzlich formfrei. Aus Dokumentationsgründen ist jedoch die Textform zweckmäßig. Der Sanierungsvergleich ermöglicht eine freie Wahl der beteiligten Vergleichsparteien. Grundsätzlich können sämtliche Forderungen und Rechte des Schuldners sowie der Gläubiger einbezogen werden. Eingriffe in Gläubigerrechte, die nicht durch eine konsensuale Einigung erzielt werden können, sind hingegen nicht möglich. Eine Beteiligung Dritter, wie zum Beispiel von Gesellschaftern und auch sonstiger Dritter, (§ 97 Abs. 1 S. 1 StaRUG) ist jedoch möglich.25 Der Sanierungsplan sollte Ausführungen zu der Ausgangssituation, den Krisenursachen und den Sanierungsmaßnahmen enthalten und diese mit dem entsprechenden Zahlenmaterial untermauern.26 Bei der Schlüssigkeitsprüfung können die gleichen Grundsätze wie bei einem Sanierungskonzept herangezogen werden.
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Der Vergleich muss einen vollstreckungsfähigen Inhalt mit der Angabe der einbezogenen Forderungen und deren angedachter Modifizierungen enthalten. Dem Sanierungsmoderator kann die Aufgabe übertragen werden, das Verhandlungsergebnis zu dokumentieren. Dies ist zwar nicht zwingend vorgesehen bzw. Voraussetzung für die Wirksamkeit des Vergleichs, in der Praxis ist aber zu empfehlen, dass der Sanierungsmoderator den Sanierungsvergleich ausarbeitet und dokumentiert, um die Bestätigung durch das Gericht