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Nicht endgültig geklärt ist das Verhältnis zu § 51a GmbHG. § 51a Abs 2 GmbHG ist enger gefasst als § 8 Abs 2. Einem Gesellschafter einer GmbH ist daher auf Verlangen eine von § 8 Abs 2, nicht jedoch von § 51a Abs 2 GmbHG betroffene Information mündlich nachzureichen (ebenso Marsch-Barner in Kallmeyer, § 8 Rn 30 mwN).
1. Verzicht
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Gem § 8 Abs 3 S 1 ist ein Verschmelzungsbericht nicht erforderlich, wenn sämtliche Anteilsinhaber aller an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger auf seine Erstattung verzichten.
Nicht ausreichend für das Entfallen der Berichtspflicht ist es somit, wenn nur alle Anteilsinhaber eines beteiligten Rechtsträgers bezogen auf den von diesem zu erstattenden Verschmelzungsbericht verzichten (vgl hierzu Mayer in Widmann/Mayer, § 8 Rn 57).
Die Verzichtserklärungen sind gem § 8 Abs 3 S 2 notariell zu beurkunden. Da der Verschmelzungsbeschluss gem § 13 Abs 3 ebenfalls notariell zu beurkunden ist, kommt auch eine Beurkundung in der Versammlung in Betracht, welche über die Verschmelzung beschließt (Drygala in Lutter, § 8 Rn 55; zu den anfallenden Beurkundungskosten vgl § 13 Rn 48). Eine Beschlussfassung über die Verschmelzung muss in diesem Fall jedoch dann unterbleiben, wenn ein Anteilsinhaber entgegen einer zuvor gegebenen Zusage auf die Erstattung des Verschmelzungsberichtes doch nicht verzichtet. Die Verzichtserklärungen sind gem § 17 Abs 1 mit der Anmeldung zum Handelsregister vorzulegen. Diese müssen daher spätestens zum Zeitpunkt der Anmeldung formgemäß abgegeben worden sein.
Erforderlich ist weiter, dass zumindest ein Entwurf des Verschmelzungsvertrages vorliegt. Ein genereller Verzicht auf die Erstattung eines Berichtes ohne Bezug zu einem konkreten Umwandlungsvorgang ist unwirksam (so auch Drygala in Lutter, § 8 Rn 56).
2. Konzernverschmelzungen
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Ein Verschmelzungsbericht ist auch dann entbehrlich, wenn sich alle Anteile des übertragenden Rechtsträgers in der Hand des übernehmenden Rechtsträgers befinden, also eine Tochtergesellschaft auf eine 100 %ige Muttergesellschaft verschmolzen wird (zu Konzernverschmelzungen sa Schwenn Der Konzern 2007, 173 ff). Auf die Verschmelzung von Schwestergesellschaften findet diese Regelung keine Anwendung (OLG Frankfurt AG 2012, 414; Mayer in Widmann/Mayer, § 8 Rn 65).
Sind mehrere übertragende Rechtsträger beteiligt und liegen die Voraussetzungen des § 8 Abs 3 S 1 2. Var nur bei einem dieser Rechtsträger vor, so muss zumindest vom Vertretungsorgan dieses Rechtsträgers kein Verschmelzungsbericht erstattet werden (Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 8 Rn 39; Mayer in Widmann/Mayer, § 8 Rn 66).
3. Weitere Fälle
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In den §§ 41 und 45c wird für PersHandelsGes und PartGes geregelt, dass ein Verschmelzungsbericht entbehrlich ist, wenn sämtliche Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt sind.
Dieser Rechtsgedanke ist auf die vergleichbar strukturierte GmbH übertragbar (Mayer in Widmann/Mayer, § 8 Rn 67; Drygala in Lutter, § 8 Rn 58; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 8 Rn 41; aA Bayer in ZIP 1997, 1613, 1620; Ihrig in Semler/Stengel, § 41 Rn 3). Ein geschäftsführender Gesellschafter dürfte sich im Übrigen zumindest treuwidrig verhalten, wenn er sich weigern sollte, auf die Berichterstattung zu verzichten.
1. Auswirkungen auf den Verschmelzungsbeschluss
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Die auf der Grundlage eines fehlerhaften Verschmelzungsberichtes ergangenen Beschl einer PersHandelsGes sind nichtig, bei einer KapGes sind diese Beschl anfechtbar (BGH ZIP 1990, 168, 170; BGHZ 107, 296, 302 f; OLG Hamm WM 1988, 1164, 1168; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 8 Rn 40).
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Die Nichtigkeit des Beschl wird bei einer KapGes selbst dann nicht angenommen, wenn der Bericht gänzlich fehlt (Drygala in Lutter, § 8 Rn 59).
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Die weiter erforderliche Relevanz des fehlerhaften Verschmelzungsberichts für das Stimmverhalten wird von der Rspr bei für die Stimmrechtsausübung wesentlichen Mängeln bejaht: Ein objektiv urteilender Anteilsinhaber werde bei Vorlage eines den gesetzlichen Anforderungen nicht entspr Verschmelzungsberichtes zu dem Ergebnis gelangen, dass die überragende Bedeutung dieses Berichtes es grds nicht rechtfertigt, bestimmte wesentliche Informationen vorzuenthalten. Aus diesem Grund werde er bei entsprechend fehlerhaftem Bericht der Verschmelzung nicht zustimmen (BGH AG 2008, 83; NJW 2002, 1128; 2007, 1932; 1990, 2073; BGH WM 1989, 128; siehe hierzu Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 8 Rn 42).
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Registerrechtlich besteht eine Eintragungspflicht mit der Heilungswirkung des § 20 Abs 2 unabhängig von der Gesellschaftsform immer dann, wenn innerhalb der Monatsfrist gem § 14 keine Klage erhoben wurde (Drygala in Lutter, § 8 Rn 63; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 8 Rn 36).
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Für die AG und die KGaA bestimmt, § 243 Abs 4 S 1 AktG dass eine Anfechtung wegen Informationsmängeln nur dann möglich ist, wenn ein objektiv urteilender Aktionär die Erteilung der Information als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte. Hiernach haben die oben genannten Grundsätze zur Relevanz eines fehlerhaften Verschmelzungsberichtes weiterhin Gültigkeit (vgl Kersting ZGR 2007, 319, 323).
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Gem § 243 Abs 4 S 2 AktG ist bei unrichtigen, unvollständigen oder unzureichenden Bewertungsinformationen, welche in der Hauptversammlung gegeben werden, die Anfechtbarkeit ausgeschlossen, wenn für Bewertungsrügen das gesetzliche Spruchverfahren vorgesehen ist. Die gesetzlich vorgeschriebenen Berichtspflichten, welche vor und außerhalb der Hauptversammlung zu erfüllen sind, werden hiervon nicht erfasst (Gehling in Semler/Stengel, § 8 Rn 81; Schwab NZG 2007, 521, 522 mit Ausführungen zum zeitlichen Anwendungsbereich der Norm).
2. Heilung von Mängeln
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Eine Heilung von Mängeln des Verschmelzungsberichts durch mündliche Auskünfte in der Gesellschafter- bzw Hauptversammlung ist nicht möglich (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 8 Rn 35 mwN).