17
Eine wertpapiermäßige Verbriefung der Genussrechte oder eine Mehrzahl von Genussrechtsinhabern ist nicht erforderlich.
6. Weitere Rechte
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Die Aufzählung in § 23 ist nicht abschließend. Auch Sonderrechte, die mit den in § 23 aufgeführten vergleichbar sind, fallen unter den Verwässerungsschutz des § 23. Dies gilt zum einen für Optionsrechte auf den Bezug von Anteilen eines übertragenden Rechtsträgers (vgl Rn 13), sofern sie gegenüber dem übertragenden Rechtsträger bestehen und nicht von einem Dritten zugesagt werden (zur rechtlichen Behandlung von Optionsrechten Martens AG 1992, 209). Da Sonderrechte iSd § 23 stets dann vorliegen, wenn der Rechteinhaber am wirtschaftlichen Erfolg des übertragenden Rechtsträgers partizipiert oder die Rückzahlung auf einen etwaigen Anteil am Liquidationserlös beschränkt ist, er also das Insolvenzrisiko trägt, können auch partiarisch ausgestaltete Rechtsverhältnisse in den Schutzbereich des § 23 fallen. Dies ist insbes dann anzunehmen, wenn eine an die Gewinnanteile der Gesellschafter anknüpfende Verzinsung oder eine Nachrangigkeit für den Fall der Insolvenz vereinbart ist. Die Erfolgsabhängigkeit der Vergütung muss hierbei nicht zwingend an den Gewinn anknüpfen. Denkbar ist auch das Abstellen auf andere Kennziffern, wie zB den Umsatz des übertragenden Rechtsträgers (Grunewald in Lutter, § 23 Rn 19; Kalss in Semler/Stengel, § 23 Rn 7).
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Die stille Gesellschaft fällt ebenfalls unter § 23, und zwar sowohl die typisch als auch die atypisch stille Gesellschaft. Die typisch stille Gesellschaft vermittelt Rechte in dem übertragenden Rechtsträger; sie gewährt vom Ergebnis der Gesellschaft abhängige Vergütungen. Die atypisch stille Beteiligung vermittelt darüber hinaus die Teilhabe an den stillen Reserven des Unternehmens und gewährt in der Regel zusätzlich gesellschaftsrechtliche Mitwirkungsbefugnisse (wie hier Grunewald in Lutter, § 23 Rn 20; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 23 Rn 8; Kalss in Semler/Stengel, § 23 Rn. 7; Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 698; aA Vossius in Widmann/Mayer, § 23 Rn 11; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 23 Rn 3).
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Nicht unter § 23 fallen Tantiemen, auch wenn sie gewinnabhängig sind. Die Anpassung an die durch die Verschmelzung geänderten Verhältnisse erfolgt hier ausschließlich auf schuldrechtlichem Weg über die ergänzende Vertragsauslegung (Grunewald in Lutter, § 23 Rn 21; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 23 Rn 8; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 23 Rn 3, 6).
1. Gleichwertigkeit
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Den Inhabern von Sonderrechten in einem übertragenden Rechtsträger müssen in dem übernehmenden Rechtsträger gleichwertige Rechte gewährt werden.
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Die in dem übernehmenden Rechtsträger gewährten Sonderrechte müssen nach § 5 Abs 1 Nr 7 im Verschmelzungsvertrag festgelegt werden. Enthält der Verschmelzungsvertrag keine entspr Angaben, ist der Verschmelzungsbeschluss anfechtbar (Grunewald in Lutter, § 23 Rn 9; aA Vossius in Widmann/Mayer, § 23 Rn 1.9, der von einer Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses ausgeht). Wird die Verschmelzung trotz eines solchen Mangels in das Handelsregister eingetragen, ist sie nach § 20 Abs 2 wirksam.
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Keine Anfechtbarkeit ist gegeben, wenn die in dem übernehmenden Rechtsträger gewährten Rechte unzureichend sind. Es bleibt dann bei den normalen schuldrechtlichen Ansprüchen der Sonderrechtsinhaber (vgl zur Durchsetzung der Ansprüche nachfolgend Rn 40, 41). Die Rechtslage ist insoweit mit derjenigen bei einem unzureichenden Umtauschverhältnis vergleichbar. Auch insoweit ist für die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers nicht die Anfechtbarkeit des Verschmelzungsbeschlusses gegeben; sie werden vielmehr in das gesonderte Spruchstellenverfahren verwiesen.
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Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind in dem übernehmenden Rechtsträger gleichwertige Rechte zu gewähren. Sie müssen also gleichen Wert wie die Rechte in dem übertragenden Rechtsträger haben. Daraus folgt, dass es auf eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit ankommt (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 23 Rn 8; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 23 Rn 9). Nicht notwendig (wenn auch anzustreben) ist, dass die in dem übernehmenden Rechtsträger zu gewährenden Rechte die gleiche Art wie diejenigen beim übertragenden Rechtsträger haben (Grunewald in Lutter, § 23 Rn 5).
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Für die wirtschaftliche Gleichwertigkeit kommt es im Ausgangspunkt darauf an, welche wirtschaftliche Position die Rechte in dem übertragenden Rechtsträger vermittelt haben. Die wirtschaftliche Position des Rechteinhabers beim übertragenden Rechtsträger ist im fusionierten Unternehmen beizubehalten und fortzuführen. Entspr ist die Ausgestaltung in dem übernehmenden Rechtsträger vorzunehmen. Dabei stellt die Gleichwertigkeit die zu gewährende Mindestposition dar. Die Gewährung höherwertiger Rechte zum Ausgleich ist zulässig, kann aber unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zu Problemen mit anderen Anteils- oder Rechteinhabern führen.
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Können aus Rechtsgründen gleichwertige Recht in dem übernehmenden Rechtsträger nicht begründet werden, sind die Rechteinhaber in entspr Anwendung von §§ 29 ff abzufinden.
2. Anteile ohne Stimmrecht
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Den Inhabern von Anteilen ohne Stimmrecht in einem übertragenden Rechtsträger sind in dem übernehmenden Rechtsträger ebenfalls stimmrechtslose Anteile einzuräumen. Sonderrechte, die mit den stimmrechtslosen Anteilen verbunden sind, sind ebenfalls wieder zu gewähren. Die Weiterführung der Stimmrechtslosigkeit ist allerdings nicht zwingend. Zusätzlich zu den bislang gewährten Sonderrechten können auch stimmberechtigte Anteile eingeräumt werden (Kiem ZIP 1997, 1627, 1632; Krieger FS Lutter, S 497, 512; Grunewald in Lutter, § 23 Rn 6; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 23 Rn 10; Timm/Schöne FS Kropff, S 315).
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Der Umfang der zu gewährenden Anteile richtet sich nach dem im Verschmelzungsvertrag festgelegten Umtauschverhältnis. Das Umtauschverhältnis muss hierbei so bemessen sein, dass die in dem übernehmenden Rechtsträger gewährten neuen Anteile mit den ursprünglichen Anteilen im übertragenden Rechtsträger wirtschaftlich gleichwertig sind.
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