Umwandlungsgesetz. Oliver Schmidt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oliver Schmidt
Издательство: Bookwire
Серия: Heidelberger Kommentar
Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783811456150
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54 Abs 1 letzter S und § 68 Abs 1 letzter S die Möglichkeit eines Verzichts auf eine Kapitalerhöhung ausdrücklich normiert hat, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden). Bleibt der Kapitalerhöhungsbetrag hinter dem gebundenen Kapital des übertragenden Rechtsträgers zurück und wird der verbleibende Eigenkapitalbetrag in eine Rücklage eingestellt, kann dies, wenn der übernehmende Rechtsträger die Rechtsform der GmbH oder der PersGes hat, zu einer erleichterten Reduzierbarkeit der Eigenkapitalbasis führen, da bei diesen Rechtsformen die Rücklagen an die Gesellschafter ausbezahlt oder ausgeschüttet werden können. Es kann also bislang gebundenes Kapital freigesetzt werden. Diese Möglichkeit der Reduzierung der Eigenkapitalbasis stellt eine Gefährdung der Gläubiger dar, und zwar sowohl der Gläubiger des übernehmenden als auch der der übertragenden Rechtsträger. Zwar sind die Gläubiger des übernehmenden Rechtsträgers bereits vor der Verschmelzung nicht vor einer Reduzierung von dessen Eigenkapitalbasis geschützt, da sich die Rechtsform des übernehmenden Rechtsträgers infolge der Verschmelzung nicht ändert. Die Gefährdung ergibt sich für die Gläubiger des übernehmenden Rechtsträgers jedoch daraus, dass neue Gläubiger, nämlich die der übertragenden Rechtsträger, hinzukommen und sich das gebundene Kapital nicht in entspr Umfang erhöht. Für Gläubiger eines übertragenden Rechtsträgers ergibt sich diese Gefährdungslage immer dann, wenn der Kapitalerhöhungsbetrag zur Durchführung der Verschmelzung hinter dem Festkapitalbetrag des übertragenden Rechtsträgers zurückbleibt, wenn also das Festkapital des übernehmenden Rechtsträgers nach Verschmelzung niedriger ist als die Summe der Festkapitalien der beteiligten Rechtsträger vor der Verschmelzung. In allen diesen Fällen besteht das Risiko, dass bislang gebundenes und als Haftungsmasse für die Gläubiger zur Verfügung stehendes Eigenkapital freigesetzt werden kann. Eine solche Gefährdungslage besteht rechtsformbedingt nur dann nicht, wenn übernehmender Rechtsträger eine AG ist und das den Kapitalerhöhungsbetrag übersteigende Eigenkapital eines übertragenden Rechtsträgers bei der übernehmenden AG in die Kapitalrücklage eingestellt wird. Bei der AG unterliegt die Kapitalrücklage nach § 150 AktG strengen Bindungen, die mit denjenigen des Grundkapitals vergleichbar sind. Das Risiko einer Verminderung der Eigenkapitalbasis besteht hier nicht.
Die Verschmelzung erfolgt, um Finanzschulden zu transferieren. Beim Unternehmenserwerb wird häufig eine Akquisitionsgesellschaft zwischengeschaltet, die die Zielgesellschaft erwirbt und den Erwerb ganz oder zu einem erheblichen Teil fremdfinanziert. Im Anschluss an den Erwerb wird die Zielgesellschaft, das operativ tätige Unternehmen, mit der Akquisitionsgesellschaft verschmolzen. Aufgrund der Verschmelzung werden die Finanzierungsschulden zu Verpflichtungen der Zielgesellschaft. Deren Liquidität wird überdies durch Zinsen und Tilgung der Finanzierungsschulden beeinträchtigt. Die (Alt-)Gläubiger der Zielgesellschaft müssen sich die Haftungsmasse und Liquidität der Zielgesellschaft nunmehr mit den Finanzierungsgläubigern teilen. Ihre Haftungsmasse reduziert sich, was zu einer Gefährdung ihrer Forderung und damit zu einem Anspruch auf Sicherheitsleistung führt. Die Finanzierungsgläubiger haben demgegenüber keinen Anspruch auf Sicherheitsleistung. Ihre Haftungsmasse erweitert sich. Haften ursprünglich nur die Anteile der Zielgesellschaft (die idR auch nach der Verschmelzung weiterhaften), tritt nun das Vermögen der Zielgesellschaft hinzu.
Durch die Verschmelzung werden die Vermögen von übernehmenden und übertragenden Rechtsträgern zusammengeführt. Die Forderung eines Gläubigers wird durch die Zusammenführung dann gefährdet, wenn ein zahlungsfähiger oder nicht überschuldeter Rechtsträger mit einem zahlungsunfähigen oder überschuldeten Rechtsträger verschmolzen wird und dadurch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des übernehmenden Rechtsträgers beeinträchtigt ist. Ob letzteres der Fall ist, ist nach betriebswirtschaftlichen Kriterien zu ermitteln. Anspruch auf Sicherheitsleistung steht in derartigen Fällen den Gläubigern des vor der Verschmelzung gesunden Rechtsträgers zu. Der Anspruch auf Sicherheitsleistung ist jedenfalls dann begründet, wenn der übernehmende Rechtsträger nicht (mehr) nachhaltig zur Erfüllung seiner Verpflichtungen in der Lage ist.

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      Keine Gefährdung des Anspruchs stellt bei einer Verschmelzung einer PersGes auf eine KapGes der Wegfall der persönlichen Haftung von Gesellschaftern dar. Die Rechtslage ist in diesem Fall dieselbe wie bei einem Wegfall der persönlichen Haftung ohne Verschmelzung, also etwa bei Ausscheiden des persönlich haftenden Gesellschafters. In beiden Fällen gilt die Nachhaftungsregelung der §§ 159, 160 HGB. Eine spezielle Gefährdungslage aufgrund der Verschmelzung besteht also nicht (Maier-Reimer/Seulen in Semler/Stengel, § 22 Rn 27; Grunewald in Lutter, § 22 Rn 14).

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      Auch die nach § 22 etwa geschuldete Sicherheitsleistung führt nicht zu einer Gefährdung von Ansprüchen iSd Vorschrift (ebenso Maier-Reimer/Seulen in Semler/Stengel, § 22 Rn 31). Zwar beeinträchtigt die Sicherheitsleistung unter Umständen das Vermögen und die liquiden Mittel des fusionierten Unternehmens. Die Gefährdung tritt jedoch nicht durch die Verschmelzung als solche ein.

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      Die Gefährdung des Anspruchs durch die Verschmelzung ist von den Gläubigern glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung bezieht sich ausschließlich auf die Gefährdung. Das Bestehen der Forderung als solcher ist ggf zu beweisen (Grunewald in Lutter, § 22 Rn 15; Maier-Reimer/Seulen in Semler/Stengel, § 22 Rn 35; Vossius in Widmann/Mayer, § 22 Rn 36.1). Die Verschmelzung führt insoweit zu keinen Darlegungs- oder Beweiserleichterungen.

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      Für die Glaubhaftmachung der Gefährdung bestehen Beweiserleichterungen. Die Gefährdung muss überwiegend wahrscheinlich sein (Maier-Reimer/Seulen in Semler/Stengel, § 22 Rn 35). Mittel der Glaubhaftmachung sind neben allen präsenten Beweismitteln insbes die Versicherung an Eides statt (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 22 Rn 7) und die uneidliche Parteivernehmung. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen nicht überspannt werden, da die Gläubiger die genaue wirtschaftliche Lage der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger im Einzelnen nicht ermitteln können. Ausreichend sind deshalb Indizien für eine Gefährdung aus öffentlichen Quellen, also zB den veröffentlichten Jahresabschlüssen der beteiligten Rechtsträger (vgl hierzu im Einzelnen die Beispiele bei Vossius in Widmann/Mayer, § 22 Rn 36.2).

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      Der Anspruch muss vom Gläubiger schriftlich angemeldet werden. Hierbei sind Grund und Höhe des Anspruchs anzugeben (Abs 1 S 1). Die Angabe des Grundes der Forderung reicht dann aus, wenn die Höhe des Anspruchs noch nicht feststeht (ebenso Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 22 Rn 8; aA Maier-Reimer/Seulen in Semler/Stengel, § 22 Rn 17). In diesen Fällen sind die Umstände darzulegen, aus denen sich die Höhe des Anspruchs ergibt bzw ermitteln lässt.

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      Die Anmeldung kann an den übernehmenden oder an den übertragenden Rechtsträger gerichtet werden. Zweckmäßigerweise wird sie an den übernehmenden Rechtsträger gerichtet, da der übertragende Rechtsträger durch die Verschmelzung erlischt. Auch wenn die Anmeldung an den übertragenden Rechtsträger gerichtet wurde und dieser bereits infolge der Verschmelzung erloschen ist, ist die Anmeldung aufgrund der mit der Verschmelzung eintretenden Gesamtrechtsnachfolge wirksam (Grunewald in Lutter, § 22 Rn 18).

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      Die Anmeldung hat innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntmachung der Eintragung der Verschmelzung (§