Zugunsten des übertragenden Rechtsträgers erteilte Eintragungsbewilligungen, Vormerkungen sowie Anwartschaften gehen ebenfalls auf den übernehmenden Rechtsträger über (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 20 Rn 6). Gleiches gilt für dingliche Rechte wie Nießbrauch, beschränkt persönliche Dienstbarkeiten, Vorkaufsrechte etc, es sei denn, deren Übergang ist vertraglich ausgeschlossen worden (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 20 Rn 6).
k) Insolvenzanfechtung
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Wurden Rechtshandlungen gegenüber dem übertragenden Rechtsträger vorgenommen, die nach den Vorschriften der §§ 129 ff InsO anfechtbar sind, so ist das Anfechtungsrecht nach Eintragung der Verschmelzung gegenüber dem übernehmenden Rechtsträger auszuüben.
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Gleiches gilt für Rechtshandlungen, die nach den Normen des AnfG anfechtbar sind.
l) Öffentlich-rechtliche Befugnisse und Verpflichtungen
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Auch bzgl öffentlich-rechtlicher Rechtspositionen des übertragenden Rechtsträgers erfolgt grds ein Rechtsübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge. Zu den Grenzen der Übertragbarkeit bei öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen wird zunächst auf die Ausführungen zu § 171 Rn 3 verwiesen.
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Einzelne Verwaltungsakte knüpfen eine Erlaubnis jedoch an eine bestimmte Rechtsform bzw sind höchstpersönlicher Natur. Dies gilt bspw für die Erlaubnisse nach den §§ 2, 9, 13 PBefG, Maklererlaubnis nach § 34c GewO, Privatkrankenanstalt nach § 30 GewO, Erlaubnis zum Betrieb eines Kreditinstituts nach §§ 32 ff KWG, Fernverkehrskonzession nach § 3 GüKG oder den §§ 2, 3 GastG. Diese Verwaltungsakte gehen mit dem Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers in der Regel unter (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 20 Rn 26; weitere Bsp bei Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 20 Rn 90). Etwas anderes kann dann gelten, wenn diese Erlaubnisse an persönliche Voraussetzungen eines Vertretungsorgans gebunden sind. Nimmt die betreffende Person beim übernehmenden Rechtsträger eine vergleichbare Position ein, kann im Einzelfall ein Übergang der Erlaubnis in Betracht kommen (Grunewald in Lutter, § 20 Rn 13). Sofern die Genehmigung an eine bestimmte Rechtsform geknüpft ist, kann diese übergehen, wenn der übernehmende ebenfalls eine zulässige Rechtsform iSd Erlaubnis hat (Grunewald in Lutter, § 20 Rn 13).
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Auch bei öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen ist darauf abzustellen, ob diese höchstpersönlicher Natur sind. Soweit dies – wie meist – nicht der Fall ist, bspw bei Steuerschulden (vgl BFH GmbHR 2004, 263), gehen diese auf den übernehmenden Rechtsträger über (Grunewald in Lutter, § 20 Rn 13; Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 20 Rn 92). Sanierungspflichten bei Altlasten (§ 4 Abs 3 S 1 BBodSchG) gehen ebenfalls über, wenn diese im Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung bereits behördlich konkretisiert waren (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 20 Rn 27).
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Auch die Verpflichtungen aus ordnungsrechtlichen Verfügungen gehen regelmäßig über (Grunewald in Lutter, § 20 Rn 13; aA Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 20 Rn 94 für ordnungsrechtliche Verfügungen, die auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung gerichtet sind).
m) Prozesse
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Für schwebende Prozesse gelten §§ 246 iVm 239 ZPO entsprechend, so dass Prozesse unterbrochen werden können (BGH NJW 2004, 1528; sa Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 20 Rn 38; nach aA seien diese Vorschriften nicht passend, da diese nach ihrem Sinn und Zweck einen überraschenden Ausfall einer Prozesspartei voraussetzen, daher trete der übernehmende Rechtsträger automatisch und ohne Unterbrechung in den Prozess als Partei ein, Grunewald in Lutter, § 20 Rn 55).
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Auch für schwebende Anfechtungs- und Nichtigkeitsprozesse gegen den übertragenden Rechtsträger gilt § 246 ZPO.
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Für rechtskräftige Entsch gilt § 325 ZPO, etwaige Titel sind gem § 727 ZPO auf den übernehmenden Rechtsträger umzuschreiben (Grunewald in Lutter, § 20 Rn 44; OLG München DB 1989, 1918; OLG Frankfurt BB 2000, 1000).
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Das Rubrum kann gem § 319 ZPO berichtigt werden, wenn die Verschmelzung während des Verfahrens aktenkundig gemacht wird (BGH GmbHR 2004, 182, 183).
n) Unternehmensverträge
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Wurden Unternehmensverträge zwischen einem übertragenden und dem übernehmenden Rechtsträger geschlossen, so erlöschen diese mit dem Wirksamwerden der Verschmelzung durch Konfusion (OLG Hamm WM 1988, 1164, 1168 ff, Marsch-Barner in Kallmeyer, § 20 Rn 18).
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Wurde ein Unternehmensvertrag zwischen dem übernehmenden Rechtsträger und einem an der Verschmelzung unbeteiligten dritten Unternehmen abgeschlossen, so besteht dieser nach der Verschmelzung unabhängig davon fort, ob der übernehmende Rechtsträger abhängiges oder herrschendes Unternehmen ist (Grunewald in Lutter, § 20 Rn 37; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 20 Rn 18). Unter den Voraussetzungen des §§ 297 Abs 1 AktG kann dem dritten unbeteiligten Unternehmen ein außerordentliches Kündigungsrecht zustehen (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 20 Rn 19; Grunewald in Lutter, § 20 Rn 37).
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Hat der übertragende Rechtsträger als herrschendes Unternehmen mit einem dritten, an der Verschmelzung nicht beteiligten Unternehmen einen Unternehmensvertrag abgeschlossen, so geht der Unternehmensvertrag im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger über (OLG Karlsruhe ZIP 1991, 101, 104; LG Bonn GmbHR 1996, 774; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 20 Rn 20). Für das abhängige Unternehmen kommt hier eine außerordentliche Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund in Betracht (LG Bonn GmbHR 1996, 774, 776).
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Ein Unternehmensvertrag, den der übertragende Rechtsträger als abhängiges Unternehmen abgeschlossen hat, geht mit Eintragung der Verschmelzung nach hM unter (OLG Karlsruhe WM 1994, 2023, 2024; LG Mannheim ZIP 1994, 1024; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 20 Rn 21; Grunewald in Lutter, § 20 Rn 38; aA Vossius in Widmann/Mayer, § 20 Rn 290 ff).
o) Vergabeverfahren
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Die Verschmelzung eines Bieterunternehmens in der Phase zwischen Ablauf der Angebotsabgabefrist und Zuschlag führt im Rechtssinn zu einer inhaltlichen Änderung des Angebots, die zum Ausschluss von der Wertung führt (OLG Düsseldorf VergabeR 2007, 92 = NZBau 2007, 254; Vossius in Widmann/Mayer, § 20 Rn 297.1).
p) Wettbewerbsverstoß
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Wird eine Gesellschaft, die wegen eines in ihrem Unternehmen begangenen Wettbewerbsverstoßes (zB aus einem vertraglichen Wettbewerbsverbot) auf Unterlassung in Anspruch genommen wird, während des Rechtsstreites auf eine andere Gesellschaft verschmolzen, haftet die übernehmende Gesellschaft als Rechtsnachfolgerin gem § 20 Abs 1 nicht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr für den Unterlassungsanspruch. Hierbei handelt es sich um einen tatsächlichen Umstand, der nicht auf den Rechtsnachfolger übergeht. Gegen die übernehmende Gesellschaft