Neuhaus StV 2004, 620; zur Opfergenugtuung vgl. auch Kölbel StV 2014, 698 ff., insbesondere 701 ff.; Jahn Rationalität und Empathie, S. 145 ff.
BT-Drucks. 15/2906 v. 6.4.2004.
BT-Drucks. 15/3062 v. 5.5.2004.
Zu den Informationsrechten des Verletzten im Zusammenhang von Opferschutz und Strafvollzug vgl. Gelber/Walter NStZ 2013, 75, 78 ff.
Teil 1 Die Entwicklung der Schutzrechte zugunsten des Verletzten › VIII. Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 24.8.2004
VIII. Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 24.8.2004
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Nur kurz soll an dieser Stelle auf das „Gesetz zur Modernisierung der Justiz“ vom 24.8.2004[1] hingewiesen werden, da es im Hinblick auf die Stellung des von einer Straftat Betroffenen im Strafprozess kaum Änderungen mit sich brachte. Erwähnenswert sind diesbezüglich allerdings die Änderungen der Regeln über die Zeugenvereidigung in der StPO, die auch den Verletztenzeugen betrafen. Während bislang nach §§ 59, 60 StPO ein Zeuge vereidigt werden musste, sofern nicht Ausnahmen vorgeschrieben oder zugelassen waren, geschah dies ab diesem Zeitpunkt nur noch, wenn das Gericht wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage die Vereidigung für erforderlich hielt. Damit griff der Gesetzgeber die seit Jahren geäußerten Bedenken gegen die vorherige gesetzliche Regelung auf und trug außerdem der Tatsache Rechnung, dass in der Praxis die vorgesehene Regelvereidigung ohnehin mehr und mehr zum Ausnahmefall geriet, insbesondere gem. § 61 Nr. 2 StPO a.F. beim Verletzten und wegen des sonst allgemein üblichen Verzichts auf eine Vereidigung entsprechend § 61a Nr. 5 StPO[2]. Der Neufassung lag die Auffassung zugrunde, dass die Regelvereidigung nicht mehr zeitgemäß sei, da sie unter den herrschenden gesellschaftlichen Bedingungen zur Wahrheitsfindung ungeeignet geworden sei.[3] Das Bewusstsein um den gesteigerten Beweiswert der beschworenen Aussage würde den Zeugen geradezu in den Meineid treiben.[4]
Anmerkungen
BGBl. I, 2198 v. 30.8.2004.
Huber Erstes Gesetz zur Modernisierung der Justiz – Änderungen der Strafprozessordnung, JuS 2004, 970.
Schünemann in FS Meyer-Goßner, 385, 386f., 393.
Neuhaus StV 2005, 47 unter Verweis auf LR-StPO/Dahs § 59, Rn. 1; SK-StPO-Rogall Vor § 48 Rn. 130.
Teil 1 Die Entwicklung der Schutzrechte zugunsten des Verletzten › IX. Gesetz zur Stärkung der Rechte von Verletzten und Zeugen im Strafverfahren vom 29.7.2009
IX. Gesetz zur Stärkung der Rechte von Verletzten und Zeugen im Strafverfahren vom 29.7.2009
Teil 1 Die Entwicklung der Schutzrechte zugunsten des Verletzten › IX. Gesetz zur Stärkung der Rechte von Verletzten und Zeugen im Strafverfahren vom 29.7.2009 › 1. Vorgeschichte
1. Vorgeschichte
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Mit dem am 1.10.2009 in Kraft getretenen sog. „2. Opferrechtsreformgesetz“ vom 29.7.2009 [1] hatte der Gesetzgeber eine Entwicklung fortgesetzt, die den Strafprozess in seiner Gesamtheit erheblich beeinflusste. Die Reform nahm rechtspolitische Impulse und Hinweise aus der Wissenschaft und Praxis auf und stärkte weiter die Beteiligungsrechte der Verletzten und der Zeugen im Strafprozess. Dagegen erhob sich heftige Kritik, weil eine zu große Einflussnahmemöglichkeit des Verletzten zu Lasten des Beschuldigten befürchtet wurde.[2]
Teil 1 Die Entwicklung der Schutzrechte zugunsten des Verletzten › IX. Gesetz zur Stärkung der Rechte von Verletzten und Zeugen im Strafverfahren vom 29.7.2009 › 2. Wesentlicher Inhalt
2. Wesentlicher Inhalt
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Das Gesetz schloss an die mit dem „Opferschutzgesetz“ begonnenen gesetzgeberischen Maßnahmen zur Verbesserung der Rechte von Verletzten an, die zuletzt mit dem „Opferrechtsreformgesetz“ vom 24.6.2004 fortgeführt worden waren. Es sah dabei eine weitere Stärkung der Rechte der Verletzten und Zeugen von Straftaten vor allem in drei zentralen Bereichen vor: Die Stärkung der Verfahrens- und Informationsrechte des Verletzten mit weiterer Ausprägung der Nebenklage, die Heraufsetzung der Schutzaltersgrenze für Kinder und Jugendliche, die von Straftaten betroffen worden waren oder als Zeugen aussagen mussten, von 16 auf 18 Jahre sowie schließlich die Verbesserung der Rechtsstellung der Zeugen mit einer Vereinfachung der Beiordnung eines Rechtsanwalts.
aa) Nebenklage und Verletztenanwalt
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Der Straftatenkatalog der nebenklagefähigen Delikte in § 395 StPO wurde ebenso wie der Katalog nach § 397a Abs. 1 StPO neu gefasst, wobei sich die Änderungen vor allem an der Schwere der Tatfolgen für den Verletzten orientierten. Eine Berechtigung zur Nebenklage war insbesondere dann gegeben, wenn der Verletzte durch ein gegen höchstpersönliche Rechtsgüter gerichtetes Aggressionsdelikt verletzt worden war. Der Straftatenkatalog des § 395 StPO wurde bspw. um das Delikt der Nötigung in besonders schweren Fällen nach § 240 Abs. 4 StGB a.F. erweitert, womit auch die Zwangsverheiratung mit ihren erheblichen Folgen für die Betroffene erfasst wurde. Auch Fälle von besonders schwerem Stalking nach § 238 StGB fielen ab diesem Zeitpunkt darunter.
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Durch den neuen Auffangtatbestand in § 395 Abs. 3 StPO wurde es den von schweren Folgen der Tat betroffenen Verletzten nunmehr ermöglicht, sich dem Verfahren als Nebenkläger anzuschließen.
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Die Neufassung des § 397 StPO wurde übersichtlicher und ,,anwenderfreundlicher“ gestaltet [3]. Nach § 201 StPO war dem Nebenkläger und dem Nebenklagebefugten die Anklageschrift zuzustellen, wenn dies beantragt worden war. Der Nebenkläger konnte sich nach § 397 Abs. 2 StPO in jeder Verfahrenssituation des Beistands eines Rechtsanwalts bedienen oder sich durch ihn vertreten lassen. Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Verletzte, die ihre Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen können, wurde auf Antrag nach § 397a Abs. 1 Nr. 4 StPO ein Verletztenanwalt bestellt. Dies galt ab diesem Zeitpunkt auch für Fälle der Aussetzung nach § 221 StGB sowie der besonders schweren Nötigung nach § 240 Abs. 4 StGB a.F.
bb)