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Soweit die Bestrafung des Schuldners davon abhängen soll, ob sich die in der Handlung zum Ausdruck kommende Gefahr „tatsächlich realisiert“ oder zumindest „erhöht“ hat,[7] liegt eine Deutung als Kausal- und Zurechnungszusammenhang durchaus nahe; dies soll er nach herrschender Meinung jedoch gerade nicht sein.[8] Die Bezeichnung eines normativen Zusammenhangs ist jedoch – ebenso wie seine Fixierung als „sachlich“, „äußerlich“, „irgendwie geartet“ – überaus unbestimmt und kann nur schwer in die allgemeine Strafrechtslehre eingeordnet werden. Der Zusammenhang wird daher mancherorts als „Blind-Formel“[9] bezeichnet, die in bestimmten Fallkonstellationen nur noch „fiktive Züge“ trage. Insofern erstaunt es nicht, dass resignierende Deutungen, an den Zusammenhang seien „keine hohen Anforderungen zu stellen“[10], da sein Vorliegen „in aller Regel vermutet“[11] werde, die Auslegung bestimmen. In bestimmten Konstellationen obliege daher dem Täter der Gegenbeweis eines fehlenden Zusammenhangs. Die Bildung einer hinreichenden Definition, die auf allseitige Zustimmung treffen kann, scheint folglich in weiter Ferne.[12]
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Da der „tatsächliche Zusammenhang“ offensichtlich ein den Normanwendungsbereich korrigierendes, ungeschriebenes Merkmal darstellt, dass keinen Anknüpfungspunkt im Wortlaut der Norm findet, stellt sich noch vor der Frage seiner inhaltlichen Konkretisierung die Frage nach seiner materiell-rechtlichen (Nicht-)Erforderlichkeit. An der Frage nach der Existenzberechtigung des „tatsächlichen Zusammenhangs“ brechen sich sodann weitere unterschiedlichste Fragen. Zunächst wird daher die dogmengeschichtliche Herkunft des Merkmals näher in den Blick zu nehmen sein, wobei insbesondere die reichsgerichtliche Rechtsprechung zu den Strafbestimmungen der Konkursordnung thematisiert werden muss, da das Erfordernis eines „tatsächlichen Zusammenhangs“ ursprünglich auf eine Entscheidung des Reichsgerichts zum einfachen Bankrott (§ 210 KO) aus dem Jahre 1881 zurückgeht. Diese Rechtsprechung des RG zum „tatsächlichen Zusammenhang“ übertrug der BGH sodann, obwohl die Bankrotttatbestände ihrerseits im Zuge des 1. Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität im Jahre 1976 einer umfassenden Reform unterzogen wurden. Daher wird ein besonderes Augenmerk auf die Frage gelegt, inwieweit der Transfer reichsgerichtlicher Anschauungen bei zwischenzeitlich verändertem Bezugsobjekt überhaupt noch überzeugen kann, oder ob sich der „tatsächliche Zusammenhang“ zwischenzeitlich nicht sogar entkontextualisiert hat.
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Im Anschluss ist die gegenwärtige Diskussion um den „tatsächlichen Zusammenhang“ im Kontext der Dogmatik der abstrakten Gefährdungsdelikte[13] näher in den Blick zu nehmen. Gerade die Frage nach einer deliktsspezifischen Verknüpfung von Gefährdungsdelikt und schuldindifferenter objektiver Strafbarkeitsbedingung bedarf hierbei einer besonderen Betrachtung. Denn das Erfordernis eines „tatsächlichen Zusammenhangs“ müsste sodann in Übereinstimmung mit den Anforderungen an das Schuldprinzip konkretisiert, in seiner Reichweite anhand objektiver Parameter bestimmt und einem praktikablen Anwendungsbereich zugewiesen werden. Soweit die Einpassung des „tatsächlichen Zusammenhangs“ in das bestehende, kriminalstrafrechtliche System nicht kohärent begründbar ist, werden im letzten Teil das Bedürfnis nach dem limitierenden Merkmal des „tatsächlichen Zusammenhangs“ grundsätzlich in Frage gestellt und eine alternative Herangehensweise vorgeschlagen.
Anmerkungen
BGH wistra 2014, 354 (354).
Siehe hierzu eine ausführliche Bestandsaufnahme der Rechtsprechung unter Rn. 21 ff. und Rn. 127 ff.
Ein Überblick über das bankrottstrafrechtliche Schrifttum, das das Erfordernis eines „tatsächlichen Zusammenhangs“ postuliert, unter Rn. 158 ff.
BGH wistra 2014, 354 (354).
Vgl. zum Standpunkt der Rechtsprechung: BGHSt 1, 186 (191); 28, 231 (232) = JR 1979, 512; MDR 1981, 454 (454); OLG Düsseldorf NJW 1980, 1292 (1292); BayObLG wistra 2003, 30 (30); BGH wistra 2014, 354 (354). Zur Perspektive der Lehre: Tiedemann in: LK-StGB 9. Bd, Vor § 283 Rn. 91; Habetha Bankrott und strafrechtliche Organhaftung, S. 293; Moosmayer Einfluss der InsO, S. 194; Penzlin Strafrechtliche Auswirkungen der InsO, S. 182; Bosch in: SSW-StGB, § 283 Anm. 18. m.w.N.
Vgl. BayObLG wistra 2003, 30 (30).
Zum sog. „Gefahrrealisierungszusammenhang“ vgl. insbesondere Otto in: Gedächtnisschrift für Bruns, S. 265 (282).
RGSt 4, 418; BGHSt 1, 186 (191); Geisler Objektive Bedingungen der Strafbarkeit, S. 490; Moosmayer Einfluss der InsO, S. 189.
Geisler Objektive Bedingungen der Strafbarkeit, S. 490.
Borchardt in: Schmidt, Insolvenzrecht, § 283 Rn. 35.
Tiedemann in: LK-StGB 9. Bd., Vor § 283 Rn. 92.
Zu diesem Ergebnis kommt auch Geisler Objektive Bedingungen der Strafbarkeit, S. 484.
Die Tatbestände der §§ 283 ff. StGB werden vor diesem Hintergrund nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum den abstrakten Gefährdungsdelikten zugeordnet. Vgl. dazu u.a.: BGH NStZ 2008, 401 (401); Tiedemann in: LK-StGB 9. Bd., § 283 Rn. 6; Bosch in: SSW-StGB, § 283 Rn. 1; Kindhäuser in: NK-StGB, § 283 Rn. 3; Bittmann in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 311 ff.; D.-M. Krause Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 210; Hoyer in: SK-StGB, Bd. V, Vor § 283 Rn. 4; Heine in: Schönke/Schröder, StGB, § 283 Rn. 1; Dannecker/Hagemeier in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn.1017 ff.; Richter in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, § 81 Rn.11 ff.