(2) Das Verhalten nach Erlass des Gemeinschaftsrechts („fase discendente“)
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Italien war bis in die 1980er Jahre hinein mit der Umsetzung der europäischen Richtlinien ständig in Verzug; dasselbe gilt ganz allgemein für die Anpassung der italienischen Rechtsordnung an das Gemeinschaftsrecht. Dies lag vor allem daran, dass die Regierung die entsprechenden Gesetzentwürfe bzw. im Fall der Ermächtigung die gesetzesvertretenden Verordnungen nur langsam erarbeitete. Hinzu kam weiter die erhebliche Dauer der parlamentarischen Verfahren. Um diesem Missstand abzuhelfen, hat der Gesetzgeber mit den bereits erwähnten Gesetzen Fabbri, La Pergola und letztendlich Buttiglione die gesamte Materie neu geregelt und die Anpassung der italienischen Rechtsordnung an die europäischen Verpflichtungen im Wege eines jährlich zu verabschiedenden Gesetzes (der sog. „legge comunitaria“, „Gemeinschaftsgesetz“) geregelt. Danach verabschiedet das Parlament jedes Jahr ein Gesetz, in dem es alle Normen erlässt, die für die Anpassung der italienischen Rechtsordnung an die aus der Mitgliedschaft in der EU fließenden Verpflichtungen erforderlich sind. Das Instrument des „Gemeinschaftsgesetzes“ hat zwar dazu beigetragen, die jahrelange Verspätung bei der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht durch Italien zu beenden, es hat aber damit zugleich eine weitere Aushöhlung der Zuständigkeiten des Parlaments zugunsten der Regierung (die den entsprechenden Gesetzentwurf erstellt) nach sich gezogen, da die Umsetzung zahlreicher Gemeinschaftsverpflichtungen in einem einzigen Akt es praktisch unmöglich macht, die einzelnen Aspekte genau zu überprüfen und detailliert zu diskutieren.[63]
bb) Die Metamorphose der Garantiefunktionen: Gesetzesvorbehalt und Legalitätsprinzip
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Die Schwächung des nationalen Gesetzgebers ergibt sich besonders deutlich aus zwei Entscheidungen der Corte costituzionale, in denen ausdrücklich bestätigt wird, dass grundlegende rechtsstaatliche Institute wie der Gesetzesvorbehalt und das Legalitätsprinzip ihre besondere nationale Prägung und ihre ursprüngliche Bedeutung verloren haben. Gemäß Entscheidung Nr. 383 vom 27.11.1998 ist einerseits dem Gesetzesvorhalt bei Fehlen nationaler Gesetze auch durch das Vorliegen von Gemeinschaftsrichtlinien Genüge getan; andererseits ist nach Entscheidung Nr. 425 vom 27.10.1999 das Legalitätsprinzip auch gewahrt, wenn ein bestimmtes Verwaltungshandeln durch Gemeinschaftsnormen begründet und begrenzt wird.[64]
cc) Der Machtverlust der Regionen
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Die Übertragung von nach nationalem Recht den Regionen zustehenden Kompetenzen auf die europäische Ebene beinhaltet – wie in allen föderalen bzw. regionalisierten Mitgliedstaaten der EU – auch einen Machtverlust der Regionen. Auf dieses Problem hat das italienische Parlament mit der Regelung der Beteiligung der Regionen bei der Bildung und Umsetzung des Gemeinschaftsrechts durch die Verfassungsänderung von 2001 bzw. durch einfache Gesetze reagiert, die im Wesentlichen zu folgender Regelung geführt haben:
(1) Die Beteiligung der Regionen am Prozess der Entstehung von Gemeinschaftsrecht
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Nach dem 2001 in die Verfassung eingefügten Art. 117 Abs. 5 Cost. haben die Regionen das Recht, für die in ihre Zuständigkeit fallenden Materien an den Entscheidungen des Rechtsetzungsprozesses der EU teilzunehmen.[65]
(a) Die mittelbare Beteiligung
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Vorab ist zu erwähnen, dass es in Italien keine Kammer der Regionen gibt, die es, wie der deutsche Bundesrat, den Regionen gestattete, unter anderem bei der Setzung von Gemeinschaftsrecht eine bedeutende Rolle zu spielen. Mit Bezug auf in der Gemeinschaft diskutierte Entwürfe und Projekte genießen die Regionen nur weit reichende Informationsrechte gegenüber der Regierung hinsichtlich deren Stellungnahme und der Ergebnisse der Treffen des Rats der Europäischen Union und des Europäischen Rates.[66] Wenn in den europäischen Gremien Entwürfe und Vorschläge beraten werden, die in die Zuständigkeit der Regionen fallen, haben die Regionen das Recht, der Regierung ihre „Bemerkungen“ dazu zu übermitteln.[67] Handelt es sich um Entwürfe von Gemeinschaftsrechtsakten, die Materien der Regionalkompetenzen betreffen, haben die Regionen darüber hinaus die Möglichkeit, in der Konferenz Staat-Regionen Absprachen mit der Regierung herbeizuführen, um die Regierung zu einem bestimmten Verhalten auf europäischer Ebene zu verpflichten.[68] Wenn keine Absprache mit der Regierung zustande kommt, haben die Regionen allerdings keine Möglichkeit, die Regierung auf Gemeinschaftsebene zur Berücksichtigung der Mehrheitsmeinung der Regionen zu verpflichten. Erwähnenswert ist ebenfalls die Rolle der „Gemeinschaftssitzung“ der Konferenz Staat-Regionen, die mindestens alle sechs Monate stattfindet und unter anderem unverbindlich Stellung nimmt zu: 1) den allgemeinen Zielen der Ausarbeitung und Umsetzung der Gemeinschaftsakte im Bereich der Zuständigkeit der Regionen; 2) den Kriterien und Modalitäten zur Beachtung und Durchsetzung der Gemeinschaftsverpflichtungen in Wahrnehmung der regionalen Kompetenzen und 3) den Grundzügen des Entwurfs des „Gemeinschaftsgesetzes“[69].
(b) Die unmittelbare Beteiligung
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Die unmittelbare Beteiligung der Regionen an den Tätigkeiten der europäischen Institutionen ist völlig neu, verglichen mit der Rechtslage vor der Verfassungsnovelle des Jahres 2001. Gemäß Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes La Loggia Nr. 131 vom 5.6.2003 nehmen die Regionen im Rahmen der Ermächtigung durch die Regierung an den Beratungen des Rats sowie der Arbeitsgruppen und Ausschüsse von Rat und Kommission teil, wenn es um Materien geht, die im nationalen Bereich in ihre Gesetzgebungskompetenz fallen. Wenn es sich um Bereiche der ausschließlichen regionalen Gesetzgebung nach Art. 117 Abs. 4 Cost. handelt, kann sogar die Leitung der italienischen Delegation dem Präsidenten einer Regionalregierung übertragen werden.
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Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes La Loggia enthält darüber hinaus eine weitere bedeutende Neuerung, die den italienischen Regionen ein Klagerecht vor dem EuGH einräumt. Um zu verhindern, dass die Regionen wegen fehlender Aktivlegitimation für derartige Klagen nicht auf Rechtsakte der Gemeinschaft reagieren können, die zu Unrecht in ihre Gesetzgebungskompetenz eingreifen, ist nun vorgesehen, dass die Regierung auch auf Antrag nur einer Region beschließen kann, vor dem EuGH Rechtsakte der Gemeinschaft anzugreifen, während die Regierung in dem Fall, in dem die absolute Mehrheit der Regionen einen derartigen Antrag stellt, verpflichtet ist zu klagen. Ein weiterer Punkt verdient Erwähnung: Auch die Europäischen Verträge und ihre Änderungen scheinen – nach Art. 117 Abs. 5 Cost. – zu den Gemeinschaftsakten zu gehören, bei deren Ausarbeitung die Regionen beteiligt werden können. Auf diese Beteiligungsmöglichkeit nehmen die Durchführungsgesetze dieser Verfassungsbestimmung jedoch nicht Bezug, die nur die (direkte oder indirekte) Beteiligung der Regionen bei der Setzung von Sekundärrecht regeln. Dies ist von erheblicher Bedeutung: Während die deutschen Länder über den Bundesrat an Entscheidungen über die weitere Übertragung von Hoheitsrechten mitwirken (Art. 23 Abs. 1 S. 2 und 3 GG), verfügen die italienischen Regionen nicht über eine entsprechende Kompetenz, nicht einmal dann, wenn es sich um die Übertragung ihrer eigenen Kompetenzen handelt.
(2) Die Regionen und die Umsetzung des Gemeinschaftsrechts
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Da die Verfassung diesen Aspekt nicht regelt, war den Regionen noch bis zu Beginn der 1970er Jahre nicht das Recht zugestanden, Gemeinschaftsnormen in ihrem Kompetenzbereich umzusetzen, da – so die Begründung – allein der Staat für die Umsetzung des Gemeinschaftsrechts der Gemeinschaft gegenüber verantwortlich sei und folglich der Staat nicht das Risiko eines Vertragsverletzungsverfahrens wegen Untätigkeit einer oder mehrerer Regionen eingehen könne.[70] Diese strikte Haltung wurde später gelockert. Die Zuständigkeit der Regionen zur Umsetzung von Gemeinschaftsnormen