B. Tatbestand und objektive Strafbarkeitsbedingung
C. Täterschaft und Teilnahme, Versuch sowie Konkurrenzen
A. Grundlagen
1
Bei § 231 handelt es sich nach h.M. um ein abstraktes Gefährdungsdelikt.[1] Da körperliche Auseinandersetzungen zwischen mehr als zwei Personen erfahrungsgemäß oft schwerwiegende Folgen haben, soll wegen dieser Gefährlichkeit schon der Beteiligung daran entgegengetreten werden, ohne dass es auf den – oft nicht möglichen – Nachweis der Ursächlichkeit gerade dieser Beteiligung für die schweren Folgen der Schlägerei ankommt.[2] § 231 untersagt also schon die Beteiligung an einer Schlägerei als solche.[3] Die Vorschrift soll dementsprechend das Leben und die Gesundheit aller durch eine Schlägerei Gefährdeten schützen.[4]
B. Tatbestand und objektive Strafbarkeitsbedingung
2
§ 231 setzt wie üblich die Verwirklichung eines objektiven sowie eines dazu kongruenten subjektiven Tatbestands voraus. Hinzu tritt eine außerhalb des Tatbestands stehende objektive Bedingung der Strafbarkeit (vgl. Rn. 12 ff.).
Grundstruktur des Schlägereitatbestands | ||
Tatbestand | Objektive Bedingung der Strafbarkeit | |
Objektiver Tatbestand | Subjektiver Tatbestand | Tod oder schwere Körperverletzung (Rn. 12 ff.) |
Tathandlung (Rn. 3 ff.) | Vorsatz (Rn. 11) |
I. Objektiver Tatbestand
3
Den objektiven Tatbestand des § 231 Abs. 1 verwirklicht, wer sich entweder an einer Schlägerei oder an einem von mehreren verübten Angriff beteiligt.[5]
1. Schlägerei (§ 231 Abs. 1 1. Alt.)
4
Eine Schlägerei liegt vor, wenn an einer mit gegenseitigen Körperverletzungen verbundenen Auseinandersetzung gleichzeitig mehr als zwei Personen aktiv mitwirken.[6]
5
Für das Merkmal der Schlägerei ist es ohne Bedeutung, ob sich ein Beteiligter rechtmäßig verhält, sich z.B. nur im Rahmen seines Notwehrrechts (§ 32) gegen zwei Angreifer wehrt, oder handelt, ohne dass gegen ihn ein Schuldvorwurf erhoben werden kann (vgl. aber Rn. 11). Allerdings genügt es nicht, wenn sich der Angegriffene auf bloße Schutzwehr beschränkt, weil es dann an gegenseitigen Körperverletzungen fehlt.[7]
Beispiel:
A und B schlagen auf C ein. Dieser hält lediglich seine Aktentasche schützend vor sich.[8] – § 231 Abs. 1 ist nicht erfüllt, jedoch § 224 Abs. 1 Nr. 5 (vgl. § 6 Rn. 31).
6
Die Tathandlung besteht in der Beteiligung an der Schlägerei. Beteiligung ist untechnisch zu verstehen, also nicht i.S. von Täterschaft und Teilnahme (vgl. § 28 Abs. 2).[9] Daher genügt jede physische oder psychische Mitwirkung an der körperlichen Auseinandersetzung in feindseliger Weise.[10]
Beachte:
Beteiligt sein kann nur, wer am Tatort anwesend ist. Abwesende können nur Teilnehmer gemäß den §§ 26 und 27 sein (vgl. Rn. 17).
7
Die Mitwirkung braucht nach h.M. nicht in einem Mitschlagen zu bestehen.[11] Ausreichend ist jede aktive Anteilnahme am Fortgang der Auseinandersetzung, etwa durch Anfeuern oder Reichen von Tatmitteln (z.B. Steine, Messer). Wer dagegen lediglich zu schlichten versucht („Abwiegler“) oder Erste Hilfe leistet, handelt nicht in feindseliger Weise und beteiligt sich aus diesem Grund nicht an der Schlägerei.[12]
2. Von mehreren verübter Angriff (§ 231 Abs. 1 2. Alt.)
8
Als zweite Alternative sieht § 231 Abs. 1 den von mehreren verübten Angriff vor.
Merke:
Darunter ist die in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen abzielende Einwirkung von mindestens zwei Personen zu verstehen.[13]
9
Dafür genügt es nicht, dass zwei Personen sich lediglich gemeinsam gegen den Angriff eines Einzelnen wehren. Da der Angriff nur auf den Körper des Angegriffenen abzielen muss, ist es für seinen Beginn nicht erforderlich, dass es bereits zu Gewalttätigkeiten gekommen ist.[14] Ausreichend kann schon die Verfolgung des Opfers sein.[15]
10
Die Tathandlung besteht auch bei der zweiten Tatbestandsalternative in der Beteiligung. Das zum § 231 Abs. 1 1. Alt. Ausgeführte gilt daher entsprechend (vgl. Rn. 6 f.). Zu ergänzen ist, dass die Angreifer nicht unbedingt mittäterschaftlich zu handeln brauchen, aber – im Unterschied zur Schlägerei, bei der eine Parteibildung nicht stattfinden muss – dergestalt zusammenwirken müssen, dass eine Einheitlichkeit des Angriffs, des Angriffsgegenstands und des Angriffswillens besteht.[16]
3. Vorwerfbarkeit der Beteiligung (§ 231 Abs. 2)
11
§ 231 Abs. 2 regelt, dass nach Absatz 1 nicht strafbar ist, „wer an der Schlägerei oder dem Angriff beteiligt war, ohne dass ihm dies vorzuwerfen ist“. Ein derartiger Vorwurf kann dann nicht erhoben werden, wenn zugunsten eines Beteiligten ein Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund eingreift, und zwar für die gesamte Zeit seiner Beteiligung.[17]
Beachte:
Ist die Beteiligung nicht insgesamt durch einen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund gedeckt, sondern nur eine Teilhandlung, die einen weiteren Tatbestand erfüllt, so ist nur die Verwirklichung dieses Tatbestands