II. Die Regelung konkreter Rechtsverhältnisse
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Als Verwaltungsträger und -behörde stehen der Kommune alle regelnden und schlicht-hoheitlichen Handlungsformen für die Gestaltung und Beeinflussung der Verhältnisse vor Ort zur Verfügung. Rechtsfolgen im Einzelfall kann die Gemeinde dabei mittels Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag setzen. Im Rahmen der Wahlfreiheit der Verwaltung kommen auch privatrechtliche Verträge zum Einsatz. Deren Anwendungsgebiet umfasst dabei nicht nur die Regelung einzelner Angelegenheiten, etwa konkrete Beschaffungs- und Leistungsgeschäfte, sondern auch den Betrieb kompletter Aufgabenbereiche wie der Abwasser- und Abfallbeseitigung, der Immobilienverwaltung oder der Energieversorgung durch einen privatrechtlichen Dritten. Abgesehen von Anforderungen des Vergaberechts hat der Landesgesetzgeber mancherorts spezielle Vorgaben für die Vertragsgestaltung gemacht.[631] Prinzipiell zu unterscheiden sind schuldrechtliche und gesellschaftsrechtliche Verträge. Exklusiv zuständig für die Abgabe rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen für die Gemeinde ist – ungeachtet der Handlungsform – der Bürgermeister, nicht die Gemeindevertretung.
III. Öffentliche Einrichtungen
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Öffentliche Einrichtungen stellen eines der wichtigsten Instrumente der gemeindlichen Daseinsvorsorge für die Bevölkerung dar[632] und sind in jeder Gemeindeordnung[633] vorgesehen. Die Grenze der einrichtungsmäßigen „wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Betreuung ihrer Einwohner“[634] zieht das Gesetz durch die Bezugnahme auf die Leistungsfähigkeit der Gemeinde. Vorbehaltlich der Erfüllung von Pflichtaufgaben besteht hinsichtlich der Schaffung, inhaltlichen und/oder organisatorischen Veränderung, Erweiterung oder auch Abschaffung einer gemeindlichen Einrichtung ein weites kommunalpolitisches Ermessen[635]. Umgekehrt haben die Einwohner keinen kommunalrechtlichen Anspruch[636] auf Errichtung, Aufrechterhaltung oder Kapazitätserweiterung einer öffentlichen Einrichtung[637].
1. Tatbestandsmerkmale und Organisationsformen
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Der Begriff der öffentlichen Einrichtung im Sinne des Kommunalrechts ist weit zu verstehen und ergibt sich aus der instrumentellen Funktion der Einrichtungen für die kommunale Daseinsvorsorge[638]. Eine öffentliche Einrichtung ist eine Zusammenfassung personeller Kräfte und sachlicher Mittel in der Hand eines Verwaltungsträgers zur dauernden Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Aufgaben[639]. Demzufolge sind öffentliche Einrichtungen nicht nur anstaltlich verfasste Einrichtungen wie Schulen, Schwimmbäder, Museen, Theater, Alten- und Kinderheime, Obdachlosenunterkünfte, Bibliotheken, Friedhöfe oder Krankenhäuser sowie Ver- und Entsorgungsbetriebe, sondern auch Kirmesplätze, Parkanlagen und Sportplätze oder kommunale Linklisten und Internet-Seiten.
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Einzig konstituierend ist der gemeindliche Widmungsakt, der die Sache der Nutzung durch die gemeindliche Bevölkerung öffnet und den Nutzungszweck sowie die Nutzungsgrenzen festlegt[640]. Die Widmung kann dabei ausdrücklich durch Ratsbeschluss, Satzung oder Allgemeinverfügung, aber auch konkludent erfolgen, wobei bei einer faktischen Nutzung der Einrichtung durch die Öffentlichkeit im Zweifel die Vermutung gilt, dass dann eine öffentliche Einrichtung gegeben ist[641]. Diese Vermutung kann die Gemeinde nur widerlegen, wenn sie den Beweis führt, dass es sich bei der Einrichtung ausschließlich um eine private Einrichtung handeln soll[642]. Da die Widmung formfrei erfolgt, kann eine auch förmliche Zweckbestimmung durch eine abweichende Verwaltungspraxis modifiziert werden.
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Nicht zu den öffentlichen Einrichtungen gehören öffentliche Sachen im Gemeingebrauch wie das gemeindliche Straßennetz, Sachen im Verwaltungsgebrauch wie das Verwaltungsgebäude, Dienstwagen oder der Bauhof sowie ausschließlich erwerbswirtschaftliche Betriebe der Gemeinde wie Mietshäuser, Ratskeller oder Brauereien[643].
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Hinsichtlich der Organisationsform hat die Gemeinde ein Wahlrecht aufgrund der ihr zustehenden Organisationshoheit, das sowohl die Auswahl zwischen öffentlich- oder privatrechtlichen Organisationsformen als auch die Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses erfasst[644]. Als öffentlich-rechtliche Organisationsformen kommen der nichtrechtsfähige Regiebetrieb, der zwar organisatorisch und haushaltsmäßig, gleichwohl rechtlich nicht verselbstständigte Eigenbetrieb und die rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts in Betracht. Als privatrechtliche Organisationsformen stehen die Personenvereinigungen und (Kapital-)Gesellschaften, insbesondere AG oder GmbH, zur Verfügung. Die Gemeinde kann eine solche juristische Person gründen oder sich daran beteiligen, sei es, dass sie alle Anteile in ihrer Hand behält (Eigengesellschaft), sei es, dass sie mit Privaten (gemischt-wirtschaftliches Unternehmen) oder anderen Verwaltungsträgern (gemischt-öffentliche Gesellschaft) kooperiert. Die Voraussetzungen im Einzelnen regelt das Kommunalwirtschaftsrecht. Schließlich kann sich die Gemeinde auch auf privatvertraglicher Basis bei Bau und Betrieb einer öffentlichen Einrichtung eines Verwaltungshelfers oder eines sog. Dienstleistungskonzessionärs bedienen. Für das Vorhandensein einer öffentlichen Einrichtung kommt es darauf an, dass die Gemeinde noch ausreichend Einwirkungsrechte gegenüber dem rechtlich selbstständigen Einrichtungsträger hat, also eine gemeindliche Verfügungsgewalt besteht, so dass man noch von einer gemeindlichen öffentlichen Einrichtung sprechen kann[645]. Insoweit ist entscheidend, dass die Gemeinde die Erfüllung des Widmungszwecks und des widmungsgemäßen Zugangs zur Einrichtung gewährleisten kann. Im Rahmen der freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten ist die Gemeinde auch berechtigt, eine öffentliche Einrichtung zu entwidmen und damit die Aufgabenwahrnehmung zu beenden[646].
2. Benutzungsverhältnis
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Das Rechtsverhältnis der öffentlichen Einrichtung ist zumeist durch Satzung grundlegend geregelt und auf der Ebene der Durchführung nicht obrigkeitlich, sondern im Sinne eines Austauschverhältnisses von Leistung und Gegenleistung gestaltet[647]. Im Falle öffentlich-rechtlicher Organisation hat die Gemeinde als Einrichtungsträger (erneut) ein Wahlrecht hinsichtlich der öffentlich- oder privatrechtlichen Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses. Demgegenüber kann eine privatrechtlich organisierte öffentliche Einrichtung die Rechtsbeziehungen zu den Benutzern nur privatrechtlich mittels Vertragsschluss, ggf. unter Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, regeln. Wegen der begriffsnotwendigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben sind im Zweifelsfalle eine öffentlich-rechtliche Organisationsform und ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis zu vermuten[648].
3. Zulassungsanspruch
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Das Recht auf Zulassung zur Benutzung öffentlicher Einrichtungen, welches in allen Gemeindeordnungen vorgesehen ist, steht allen Einwohnern zu sowie Personen zu, die in der Gemeinde ein Grundstück besitzen oder eine gewerbliche Niederlassung haben (sog. Forensen)[649]. Hingegen sind Einwohner benachbarter Gemeinden von der Nutzung der öffentlichen Einrichtung grundsätzlich ausgeschlossen[650]. Jedoch kann sich ein Anspruch auf Zulassung Gemeindefremder aus der Widmung ergeben, wenn diese auch Ortsfremde erfasst. Im Übrigen haben auch Auswärtige einen Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung, der sich im Einzelfall durch eine Ermessensreduzierung auf Null zu einem Zulassungsanspruch verdichten kann[651]. Diese Grundsätze gelten entsprechend für juristische Personen und Personenvereinigungen. Insoweit ist entscheidend, wo sie ihren Sitz haben.
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Der Zulassungsanspruch wird durch das geltende Recht und den Widmungsakt der betreffenden Einrichtung begrenzt. Ist die Kapazität einer Einrichtung erschöpft, so ist die Gemeinde nicht zur Schaffung neuer bzw. weiterer Kapazitäten verpflichtet, selbst wenn hierfür ein Bedarf besteht, es sei denn, es handelt sich um eine Pflichtaufgabe[652]. Allerdings darf