Es ist nur unser begrenzter Zeitrahmen, der die ganze »Einheimische versus Exoten«-Kontroverse verursacht. Wind, Tiere, Meeresströmungen und Kontinentaldrift haben schon immer Arten in neue Umgebungen gebracht. Denken Sie daran, dass es seit Millionen von Jahren Milliarden Vögel gab, die über Hunderte oder Tausende von Kilometern gereist sind, jeder von ihnen mit ein paar Samen im Bauch oder an den Füßen klebend. Und jeder dieser vielen Milliarden Samen, von Tausenden von Arten, ist bereit aufzugehen, wo auch immer der Vogel Rast macht. Seit Anbeginn des Lebens wurde der Planet von wogenden, schwärmenden Artenbewegungen überflutet. Die Tatsache, dass es sich nicht um ein großes homogenes Unkrautgewirr handelt, ist ein überzeugender Beweis dafür, dass es nicht so einfach ist, in intakte Ökosysteme einzudringen.
Unsere Mobilität im Jet-Zeitalter hat die Bewegung von Arten wohl auf beunruhigende und wirtschaftlich oft schädliche Weise beschleunigt. Aber irgendwann kommt eine opportunistische Art nach einer Periode des Auf- und Abschwungs in ein Gleichgewicht mit ihrer Umgebung. Es dauert vielleicht ein Jahrzehnt oder ein Jahrhundert, Zeitspannen, die für einen Hauseigentümer wie eine Ewigkeit scheinen mögen, der sich mit Baumwürger oder Flockenblume herumschlägt. Doch eines Tages wird die neue Art ins örtliche Ökosystem »hineingezogen«, entwickelt natürliche Feinde und erlebt ungünstige Umgebungen, die sie im Zaum halten.
»Einheimisch« ist schlicht eine Frage der Perspektive: Ist eine Art heimisch an diesem Hang oder in diesem Landkreis, der Bioregion, dem Kontinent oder vielleicht auf diesem Planeten? Ich sehe eine gewisse Ironie darin, dass US-Amerikaner, die von Immigranten abstammen, »invasive Exoten« verfluchen, weil sie einheimische Arten verdrängen. Und häufig spielt eine opportunistische Art eine wichtige Rolle, wo die Natur an einem Problem arbeitet, das wir vielleicht nicht erkennen, und die besten Werkzeuge einsetzt, die ihr zur Verfügung stehen. Blutweiderich z. B. ist vielleicht das Paradebeispiel, das Enthusiasten für die Beseitigung exotischer Arten ins Feld führen. Wie sich herausstellt, verträgt er verschmutztes Wasser ausgezeichnet und eignet sich perfekt, um es zu reinigen. Wie viele andere opportunistische Arten schreit er uns geradezu an, dass es ein Problem gibt – verunreinigtes Wasser – und er ist einer der besten Akteure der Natur, um das Problem zu lösen, indem er alle Verschmutzungen herausfiltert. Studien haben zudem gezeigt, dass der Weiderich abstirbt, sobald der Verschmutzungsgrad eine relative Sauberkeit erreicht hat. Andere Forscher haben herausgefunden, dass Weiderichstellen entgegen der Annahmen ebenso viele einheimische Bestäuber und Vögel unterstützen wie die sie umgebenden Bereiche heimischer Pflanzen. Dies zeigt, dass wir uns eingehender mit den Gründen für die Dämonisierung bestimmter Arten befassen müssen.
Natürlich ist es unklug, absichtlich eine Art einzuführen, die als lokal opportunistisch bekannt ist. Permakulturisten verwenden bei der Auswahl von Pflanzen eine Sicherheitshierarchie. Verwenden Sie zunächst nach Möglichkeit eine einheimische, um die gewünschte Rolle auszufüllen. Falls für diese Nische keine heimische Pflanze existiert, verwenden Sie einen erprobten Exoten. Erst nach vielen Recherchen würde man die Einführung eines neuen Exoten in kleinem Maßstab in Erwägung ziehen. Und um ehrlich zu sein, habe ich das noch nie getan, kenne persönlich niemanden, der das getan hat, und ich empfehle es auch nicht. Es gibt Tausende von Arten, die in vielen Lebensräumen ausprobiert worden sind, und wenn eine aus dieser riesigen Auswahl nicht funktioniert, muss das, was Sie im Sinn haben, vielleicht auch gar nicht getan werden.
Ich liebe einheimische Pflanzen und pflanze sie an, wo immer es passt. Doch fast das gesamte Problem – von der Brandmarkung bestimmter sich schnell ausbreitender, bodenbildender Pionierpflanzen als böse bis hin zur Schaffung der Bedingungen, die ihre Ausbreitung begünstigen – stammt daher, dass man die Wege der Natur nicht versteht. Wenn man ökologisch denkt, verpufft das Problem entweder als Missverständnis oder eröffnet Lösungen, die im Lebenszyklus des Opportunisten stecken. Eine Pflanze gedeiht nur dann, wenn die Bedingungen dafür stimmen. Ändert man diese Bedingungen – Ränder beseitigen, nicht mehr umgraben, mit Bäumen Schatten schaffen, Verschmutzung beseitigen – wird der Opportunist fast immer aufhören, ein Problem zu sein.
Ich bin auch beunruhigt über das feindselige, polarisierte Verhältnis zu Pflanzen, das ein übereifriger Enthusiasmus für Einheimische fördern kann. Dies kann zu einer Geisteshaltung von »heimische Gewächse gut, alles andere schlecht« führen, was den Blutdruck des Gärtners beim Anblick jeder exotischen Pflanze zum Kochen bringt. Wut ist nicht die beste Emotion, mit der man in den Garten gehen sollte. Und wir alle sind für so viele unserer Bedürfnisse enorm auf nicht heimische Gewächse angewiesen. Sehen wir uns nur mal unser Essen an. Woher kam das Frühstück heute früh? Ich wäre überrascht, wenn viele US-Amerikaner regelmäßig eine Pflanze essen, die in ihrem Staat heimisch ist. So sind etwa die einzigen verbreiteten Nahrungspflanzen, die aus Nordamerika stammen, Sonnenblumen, Hopfen, Kürbis, einige Nüsse und Beeren. Fast alles, was wir essen, kam ursprünglich aus anderen Kontinenten. Wenn wir exotische Arten eliminieren, wären die meisten von uns ziemlich hungrig, bis wir lernen würden, örtliche Wurzeln, Beeren, Nüsse und Wildgemüse zu essen.
Daher plädiere ich für eine vernünftige Balance aus heimischen und exotischen Pflanzen in unseren Landschaften. Wir werden wohl kaum imstande sein, unsere Städte in heimische Wildnis zurückzuverwandeln, doch unsere Gärten können eine wichtige Rolle dabei spielen, die Funktionen und Dienste instandzusetzen, die von der Umwelt unseres Planeten geboten werden. Eine wichtige Annahme dieses Buches ist, dass unsere eigenen Gärten es uns ermöglichen, den unaufhörlichen Druck auf die Gesundheit des Planeten zu verringern. Die Techniken der Permakultur und der ökologischen Gestaltung ermöglichen es uns auf einfache, intelligente und schöne Art, einige unserer eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Wir können Landschaften schaffen, die in ähnlicher Weise wie die in der Natur agieren, aber ein wenig an ihnen herumbasteln, um ihren Ertrag für die Menschen zu steigern und gleichzeitig heimischen Lebensraum zu bewahren. Und wenn wir das tun, können einige Massentierhaltungsbetriebe und Industriewälder wieder zu Wildnis werden.
Wir haben von Kulturen, die in relativer Harmonie mit ihrer Umgebung leben, und aus wissenschaftlichen Studien über Ökologie und Landwirtschaft genügend Wissen gesammelt, um Gärten zu schaffen, die wilden Tieren und Pflanzen Habitat und Unterstützung für die Menschen bieten. Sie sehen nicht wie Farmen aus. Stattdessen fühlen sie sich wie die einheimische Vegetation an, aber können optimiert werden, um die Bedürfnisse und Interessen der menschlichen Bewohner zu erfüllen. Stellen Sie sich Ihre Lieblingslandschaft vor und sehen Sie sich dabei, wie Sie Obst von den Bäumen pflücken, einen knackigen Salat aus den Blättern zubereiten, einen Strauß üppiger Blumen schneiden und einen Vorrat Gartenpfähle vom Bambusfeld anlegen. Diese Gärten stellen den Menschen eine Menge Platz zur Verfügung, verhalten sich jedoch wie Ökosysteme, recyceln Nährstoffe, reinigen Wasser und Luft und bieten heimischer und eingebürgerter Flora und Fauna ein Zuhause.
Designer Joel Glanzberg steht 1989 in New Mexico im kargen Wüstengrundstück des Flowering Tree Permaculture Institute.
Natürliche und ökologische Gärten betonen die Rolle von Pflanzengemeinschaften, d. h. Gruppierungen von Bäumen, Büschen und nicht verholzten Pflanzen, die natürlich zusammen vorkommen und zu einem Ganzen verbunden zu sein scheinen. Der Unterschied ist, dass natürliche Gärten versuchen, einheimische Pflanzengemeinschaften nachzuahmen, während die Gärten in diesem Buch heimische Pflanzen, Nahrungspflanzen, Heil- und Küchenkräuter, Insekten und Vögel anlockende Arten, Pflanzen, die Boden bilden und andere zu synergistischen, für beide Seiten vorteilhaften Gruppierungen kombinieren. Diese »synthetischen« Pflanzengemeinschaften, die von der Permakultur Gilden genannt werden, bilden gesunde, interagierende Netzwerke, die die Arbeit des Gärtners vermindern, Menschen und Wildtieren ausreichend Gaben liefern und die Kreisläufe der Natur wiederherstellen.
Indigene Gesellschaften, vor allem in den Tropen, haben Gilden seit Jahrtausenden verwendet, um nachhaltige Landschaften zu schaffen. Erst seit Kurzem verstehen wir, was sie da und wie sie das machen. Ethnologen verwechselten die üppigen und produktiven Hausgärten, die tropische Häuser umgaben, mit wildem Dschungel, so perfekt hatten die Bewohner den umgebenden Wald nachgeahmt. Von diesen Gärtnern haben wir etwas darüber gelernt, wie man Landschaften kreiert, die genau wie die Natur