So verwendet man dieses Buch
Gaias Garten ist in drei Teile gegliedert. Der Rest des ersten Teils führt weiter in die Idee des Gartens als ein Ökosystem ein. Kapitel 2 bietet eine einfache Anleitung zu den Konzepten aus der Ökologie, die Gärtner anwenden können, damit ihre Gärten mehr wie die Natur funktionieren. Keine Angst – das ist kein Lehrbuch, es ist ein Gärtnerhandbuch, ich rede also nicht sehr viel über technische Details. Ich gebe ausreichend praktische Beispiele, wie ökologische Prinzipien funktionieren. Kapitel 3 beschreibt im Anschluss den Designablauf und die Techniken, die bei der Gestaltung eines ökologischen Gartens angewandt werden. Die meisten dieser Ideen werden jenen vertraut sein, die in Permakultur bewandert sind, aber neu für Leute, die einen herkömmlichen Gärtnerhintergrund haben.
Im zweiten Teil des Buches gehen wir von der Theorie zur Praxis und betrachten die Bestandteile des ökologischen Gartens. Je ein Kapitel befasst sich mit dem Boden (Kapitel 4), Wasser (Kapitel 5), den Pflanzen (Kapitel 6) und Tieren (Kapitel 7), doch aus einer anderen Perspektive als die meisten Gartenbücher. Statt Erde, Wasser, Pflanzen und Tiere als statisch anzusehen, als Objekte, die manipuliert werden, damit sie tun, was wir wollen, behandle ich sie dynamisch und in steter Veränderung, mit eigenen Qualitäten, die es zu verstehen gilt, um erfolgreich damit zu arbeiten und als untrennbar verknüpft mit allen anderen Teilen des Gartens.
Der dritte Teil zeigt, wie man die Elemente des Gartens in einem Garten-Ökosystem zusammenführt. Kapitel 8 beginnt mit einfachen Mischkultur-Techniken und erklärt sie genauer, um zu zeigen, wie man Polykulturen (Mischungen aus mehreren bis vielen Pflanzenarten, die zusammenwirken) und von Menschen geschaffene Pflanzengemeinschaften oder Gilden bildet. Kapitel 9 bietet mehrere Methoden zum Entwurf von Gartengilden an. Aufbauend auf diesen beiden Kapiteln beschreibt Kapitel 10, wie man Pflanzen und Gilden zu einem mehrstöckigen Nahrungswald oder Waldgarten zusammensetzt. Kapitel 11 bietet Strategien und Techniken für besondere Herausforderungen, mit denen Stadtbewohner konfrontiert sind. Das letzte Kapitel verdeutlicht, wie diese Gärten ein Eigenleben entwickeln und zu autarken Mini-Ökosystemen heranreifen, die viel mehr sind als die Summe ihrer Teile. Ich gebe auch ein paar Tipps und Techniken, um diesen Prozess zu beschleunigen.
Der Haupttext des Buches erklärt die Ideen hinter einem ökologischen Garten und gibt Beispiele und Beschreibungen der umgesetzten Ideen. Spezifische Gartentechniken sind gewöhnlich vom Text in Kästen abgesetzt, damit man sie leicht finden kann. Es gibt auch Listen von Pflanzen, die relevant für die Ideen im Text (Insekten anlockende Arten, trockenheitsverträgliche Pflanzen usw.) sind, und der Anhang enthält eine große Tabelle nützlicher, multifunktionaler Pflanzen und ihrer Eigenschaften.
Viele der Techniken und Ideen in diesem Buch können für sich allein verwendet werden, einfach als Mittel, um einen konventionellen Garten produktiver oder freundlicher zur Erde zu gestalten. Es ist aber auch nichts falsch daran, einen Kombi-Ansatz für diese Ideen zu wählen und nur diejenigen zu verwenden, die sich leicht in eine bestehende Landschaft einfügen lassen. Doch diese Techniken sind auch synergistisch; je mehr man sie in die Praxis umsetzt, desto mehr arbeiten sie zusammen, um eine reich verbundene und vollständige Landschaft zu schaffen, die mehr ist als eine Gruppe unabhängiger Teile. Diese widerstandsfähigen, dynamischen Garten-Ökosysteme verhalten sich wie die der Natur, während sie für uns sorgen und unsere Ansprüche an die schwindenden Ressourcen dieses Planeten reduzieren.
KAPITEL ZWEI
Die Ökologie eines Gärtners
Etwas raubte das Essen der Bullock-Brüder. Joe, Douglas und Sam Bullock waren in den frühen 1980er Jahren auf die San Juan Islands in Washington gezogen und fingen an, einen Nahrungswald zu pflanzen. Sie bauten den Boden ihres Grundstücks auf und pflanzten Obstbäume, Nussbäume und Hunderte anderer Arten, die alle dazu gedacht waren, die Artenvielfalt und Üppigkeit dieses einst verbuschten, brombeerüberwucherten Grundstücks zu fördern. Zehn Jahre später beschatteten Walnussbäume und Bambushaine die Wege. Pflaumen, Pfirsiche, Kirschen und Äpfel hingen in dichten Girlanden von ausladenden Ästen, und unter ihnen breiteten sich über jeden Zentimeter Boden Blumen, Beeren, essbares Grünzeug und bodenbildende Pflanzen aus. Die Bullocks hatten ein sich selbst erneuerndes Ökosystem geschaffen, das ihre Familien und Besucher ernährte, Baumschulbestände für ihre Landschaftsgestaltungsfirma lieferte und örtlichen Wildtieren Schutz bot.
Eine Randzone ihres Grundstücks grenzte an ein Feuchtgebiet, das ein paar Jahre zuvor aus aufgegebenen landwirtschaftlichen Flächen zurückgewonnen worden war. Am Rande der Marsch wuchsen Rohrkolben in dicken Beständen. Junge Rohrkolbentriebe sind eine leckere Wildnahrung und für mehrere Jahre hatten die Brüder im Frühling und Sommer die Babytriebe geerntet, gedämpft oder sautiert und sie in ihre Mahlzeiten integriert. Doch in einem Jahr konnten sie keine Sprossen finden, nur raue, reife Rohrkolbenstängel. Ihre natürliche Nahrungsquelle war versiegt und die Brüder wollten wissen, warum.
Bei näherer Betrachtung der Marsch stellte sich heraus, dass ein Tier die jungen Schösslinge kurz über dem Wasserspiegel abnagte.
Die Diebe waren gründlich. Es blieb nichts für die Bullock-Brüder und ihre Familien übrig.
Schnell war klar, wer sich hier gütlich tat. »Wir hatten festgestellt, dass mit der Entwicklung des Sumpfs, während er immer produktiver wurde, die Bisamrattenpopulation richtig in Fahrt kam«, berichtete Douglas Bullock. Die Brüder hatten Gartenbeete gebaut, die bis ins Sumpfland reichten, d. h. sie kopierten eine Idee der alten Azteken. Sie hatten Halbinseln erzeugt, indem sie Stroh und Äste anhäuften, die wie Finger in den See hineinreichten, bedeckten sie mit nährstoffreichem Sumpfschlamm und bepflanzten diese sich selbst bewässernden Gartenbeete, oder Chinampas, mit Nahrungs- und Wildpflanzen. Die Tiere vor Ort, die bereits das neue Feuchtgebiet genossen, reagierten auf den verbesserten Lebensraum der Chinampas mit explosiver Vermehrung. Enten, Eisvögel, Reiher und andere Wasservögel gab es nun im Überfluss, aber eben auch Bisamratten. »Plötzlich sah der Sumpf wie ein geschäftiger Hafen aus, durchzogen von den Blasenspuren der Bisamratten«, erzählte Douglas. Ganze Flotten von Bisamratten gruben am Rand der Marsch Tunnel in den nährstoffreichen Boden und knabberten an den Rohrkolbentrieben. Die weniger flinken Menschen hatten keine Chance gegenüber den fleißigen Nagern.
Die Brüder beklagten den Verlust ihrer Wildnahrung, weigerten sich aber, die Schuldigen auszurotten. »Erstens töten wir nicht die Wildtiere, die wir selbst angelockt haben«, erklärte Douglas. »Zweitens hätten wir wochenlang Bisamratten schießen können, aber sie hätten sich einfach weiter vermehrt. Der Lebensraum war zu gut.«
Ein oder zwei Jahre ohne Rohrkolben gingen vorbei. Dann waren die leckeren Sprossen plötzlich wieder da und der einst so geschäftige »Hafen« war ruhiger geworden. Die Bisamrattenpopulation