Pfad des Feuers. Alexander Mosca Spatz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alexander Mosca Spatz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844260304
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in die Reihen der Banditen geschickt. Es war keine perfekte Tarnung, doch sie hatte gereicht; nun würde Luciana sich mit einigen Banditen treffen und während der Versammlung würde eine Truppe Gardisten den Treffpunkt stürmen, um sämtliche Beweise und Banditen festnehmen.

      Sie bog von der Marktstraße in eine der verwinkelten Gassen ab und wickelte sich enger in ihren Mantel, als ein kalter Wind durch die Straßen fuhr.

      Die Unterstadt war das zweitälteste Viertel der Stadt, errichtet als Gebäude für die Arbeiter, die die der Oberstadt errichteten – nur waren die Übergangswohnungen bereits zu ihrem festen Sitz geworden. Der Adel hatte es nicht riskieren wollen, dass seine Machtposition gefährdet wurde und so hatte man die Armen kurzerhand hierher verbannt.

      Sie erreichte eine halb verfallene Straße der Unterstadt und hielt zielstrebig auf eines der alten Gebäude zu, während sie sich vergewisserte, dass ihr kein gewöhnlicher Bürger folgte.

      Vor der Tür angekommen, klopfte sie gegen die eiserne Tür und das Geräusch hallte lange auf der langen Straße wider. Einen Augenblick geschah nichts, dann quietschte die Tür leise und sie öffnete sich einen Spalt breit, schwang ein wenig nach innen, so dass Luciana hätte hinein sehen können – hätte vor ihr nicht ein Berg von einem Mann gestanden.

      Der kahle Kopf des Mannes glänzte vor Schweiß und seine Arme waren angespannt, als er sich durch den schmalen Spalt der Tür schob und die baumstammartigen Arme vor der Brust verschränkte, die den Vergleich mit der eines Ochsen nicht zu scheuen brauchte.

      „Na wen haben wir denn da …“, grunzte er und runzelte seine wulstige Stirn.

      „Die kleine Gossen – Adelige … ich hätte nicht gedacht, dass du wirklich auftauchst, Mädchen. Und ich bin immer noch der Meinung, dass das nichts für Weiber ist.“

      Der Wärter zuckte mit den Achseln und lehnte sich an den Türrahmen.

      Luciana legte den Kopf in den Nacken und erwiderte ungeniert den starren Blick des Wächters, deutete mit einem Nicken in die Innenseite des Raums.

      „Die Lösung lautet Drake und jetzt lass mich rein. Ich lasse mich nicht von dir einschüchtern, weder von deinen Muskeln noch von deinen Bemerkungen!“, antwortete sie schließlich und die Augen des Wächters weiteten sich leicht vor Unglauben; kurz dachte sie, er würde sie für ihren barschen Tonfall schlagen, dann wuchtete er jedoch die Tür auf und trat mit einem Knurren beiseite, so dass sie eintreten konnte.

      In dem schummrigen Raum roch es nach Moder und verbranntem Fleisch, das über einem kleinen Kaminfeuer hing. Der Kamin bildete die gesamte Rückwand des geräumigen Zimmers und warf sein flackerndes Licht an die alten Holzwände, an denen Luciana Kakerlaken und Maden entlang krabbeln sah. Das Herz des Zimmers bildete ein langer Tisch, an dem die verschiedenen Führer der unterschiedlichen, kleinen Banditengruppen saßen und lauthals über etwas lachten, das Luciana nicht verstand. Als sie eintrat und die schwere Eisentür krachend wieder ins Schloss fiel, wandten sich alle um und die Gespräche verstummten, das Gelächter verebbte, machte einer drückenden Stille Platz; vor allem einer der Banditen musterte sie mit verachtendem Interesse – er erhob sich laut von seinem Stuhl und breitete mit einem spöttischen Lächeln die Arme aus.

      „Unsere kleine Gossen – Adlige!“, rief er aus und die anderen wandten sich ebenfalls zu ihr um. Ihre gierigen Blicke glitten über ihren Körper und Luciana wurde heiß unter ihrer Lederrüstung, ließ es sich jedoch nicht anmerken.

      „Verzeih die Verspätung, Drake …“, entschuldigte sie sich mit fester Stimme, ließ ihren Mantel von ihren Schultern gleiten und warf ihn an eine alte Garderobe.

      „Die Gardisten halten vermehrt Wache, seit ihr gezielter zuschlagt und ich hatte keine Lust einer Patrouille in die Arme zu laufen. Ich musste einen kleinen Umweg nehmen.“

      Drake verschränkte die massigen Arme vor der Brust und seine Miene verfinsterte sich leicht.

      Alle Banditen hatten Glatzen und trugen die selben schwarzen Lederhosen; so erkannten sie sich gegenseitig in den Docks, wo sie, getarnt als Arbeiter, ihren Geschäften nachgingen.

      Luciana schlenderte betont lässig auf einen der wenigen freien Stühle zu und setzte sich an das Kopfende des Tisches. Als sie Platz nahm, ächzte der Holzstuhl und wackelte bedrohlich, aber sie hielt den Blick fest auf die Tischplatte gerichtet. Essensreste und umgekippte Weinbecher bedeckten den Tisch, Wein tropfte über die Tischkante auf den zerfressenen Holzboden.

      „Wir waren gerade dabei zu besprechen, welchen Wert du für uns hast. Unser Rudelführer mag es gar nicht, dass wir dich mit eingespannt haben, also gib uns einen Grund, dich bei uns zu behalten … ansonsten könnte das hier nämlich sehr böse ausgehen“, lachte Drake und fuhr unauffällig über den Griff seines Streitkolbens, der offen auf dem Tisch lag.

      Ihr solltet mir lieber einen Grund geben, euch nicht ans Messer zu liefern, erwiderte Luciana in Gedanken verächtlich, setzte jedoch ein Lächeln auf; Sie spürte, wie Zorn in ihr aufstieg und die Gedanken von vorhin als sie die Statue des Letzten Herrschers gesehen hatte, verblassten. Der Letzte Herrscher mochte vielleicht gleichgültig sein gegenüber dem Schicksal der ärmeren Bürger, doch diese Männer hier bluteten die Unterstadt aus und machten keinen Hehl aus ihren Verbrechen, ja sie prahlten sogar mit ihnen! Alleine dafür würde sie sich jederzeit wieder der Stadtgarnison anschließen, auch wenn ihr eigentlicher Grund ein anderer war …

      „Ich habe Informationen über die Truppenbewegungen des Ordens von einem Freund von mir kopieren können. Offensichtlich ahnt der Letzte Herrscher nicht, dass sich der Widerstand in seiner Hauptstadt regt und lässt die anderen Festungen und Städte befestigen; die meisten Paladine des Ordens sind auf der Straße unterwegs und jagen alles, was den Handel gefährden könnte, anstatt hier in der Hauptstadt nach Leuten wie uns zu suchen“, antwortete sie schließlich, holte eine falsche Karte der Truppenbewegung heraus und breitete das Pergament auf dem Tisch aus. Die Banditen beugten sich interessiert vor – sie wusste, dass keiner von ihnen den Wert dieses Stückchens Pergament erkennen konnte, selbst wenn es echt gewesen wäre.

      Hinter der eigentlichen Revolte und der Planung steckte ein schlauer Kopf; diese Männer hier waren nur die ausführenden Hände eines viel verstrickteren und komplizierten Konstrukts.

      Dieser Trupp hier hatte in den letzten Jahren dutzende Waffenlieferungen des Ordens überfallen und hatte diese verschwinden lassen – wohin, das wusste keiner von ihnen, doch wenn sie die Anführer dieser Gruppe schnappten, wäre es nur eine Frage der Zeit, bevor sie es herausfanden; und die Strippenzieher waren gerade alle hier versammelt, an einem Fleck … bald wäre all das endlich vorbei!

      Während die Banditen angestrengt versuchten, aus der Karte schlau zu werden, fiel Luciana ein Mann im hinteren Teil des Raumes auf; sein Gesicht lag vollkommen im Schatten, verdeckt von einer schwarzen Kapuze. Er stand einfach nur da, hielt die Arme vor der Brust verschränkt und schien sie zu mustern, als erwarte er irgendetwas von ihr. Wer immer dieser Fremde war, sie hatte ihn noch nie gesehen. Ungestüm erwiderte sie den Blick der Gestalt und richtete sich auf ihrem Stuhl etwas auf, hielt trotzig stand und im Schatten der Kapuze meinte sie so etwas wie ein Lächeln zu erkennen, als sie plötzlich anfing um den Tisch herumzulaufen.

      Trotz des Gemurmels der Banditen konnte sie die gestiefelten Schritte des Mannes genau hören, sie hallten laut in ihren Ohren wider und je näher die Gestalt kam, desto unwohler fühlte Luciana sich; schließlich hielt sie es nicht mehr aus und wandte den Blick ab.

      „Eine Karte?“, stieß Drake aus und erhob sich ruckartig von seinem Stuhl; das abfällige Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden und Luciana fuhr hoch, presste sich mit ihrem Rücken gegen die Stuhllehne und alle anderen warfen unsichere Blicke zwischen ihr und Drake hin und her.

      „Was ist dein Problem, Drake? Hast du erwartet, ich brächte euch den Kopf des Letzten Herrschers?“, fragte Luciana leise und versuchte möglichst still zu bleiben.

      Es ist noch zu früh!, ermahnte sie sich in Gedanken, wenn die Situation jetzt eskaliert, fallen sie über mich her und sind verschwunden, bevor die Gardisten hier auftauchen! Ich brauche noch etwas Zeit!

      Drake