Pfad des Feuers. Alexander Mosca Spatz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alexander Mosca Spatz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844260304
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      Niemand wäre so verrückt, den Zorn des Letzten Herrschers auf sich zu ziehen, nicht einmal der einfällstigte Bandit. Das Blut ist noch frisch, der Mord ist noch nicht lange her … aber wer?

      Aaron fuhr zusammen, als er nach oben blickte und erkannte, wieso Godric dort oben fest hing. Der Griff von Godrics Zeremoniendolch ragte aus seiner Brust, Blut floss die Parierstange entlang, bildete auf dem Marmorboden eine kleine Blutlache. Jemand hatte den Dolch durch seine Brust hindurch in den Stein der Statue geschlagen und Godric an der Brust ihres Gottes festgenagelt!

      Ein blutiges Diagramm war in den Oberkörper des Priesters geschnitten und der Griff des Dolchs ragte aus dessen Zentrum.

      In das Herz des Ordens … aber was soll das Pentagramm?

      „Holt ihn da runter, verdammt nochmal!“, befahl Lord Marschall Ragnir bellend. Die Magier versammelten sich um die Statue, hoben die Hände und mit ihren kinetischen Kräften zogen sie den Zeremoniendolch aus der Brust des Priesters, ließen dessen Leiche langsam auf den Altar gleiten.

      Aarons Blick folgte dem schwebenden Leichnam, als dieser sanft auf dem Altar absetzte. Kein Blut floss aus der Wunde, in der der Dolch gesteckt hatte, es war, als wäre Godrics Körper vollkommen leer. Fassungslos trat Aaron näher.

      „Er sieht aus, als hätte er das Blut förmlich geschwitzt!“

      Aaron besah sich des Pentagramms auf Godrics Brust genauer; der Mörder hatte es mit einer scharfen Klinge in die Brust geritzt, jedoch hätte ihn das nicht umgebracht. Vorsichtig drückte er neben der Stichwunde im Zentrum des Pentagramms auf die Haut. Nichts geschah, kein Blut quoll aus der Wunde hervor.

      „Wer immer der Mörder war, er muss gewusst haben, wie man Magie benutzt“, knurrte Ragnir.

      „Kein normaler Mensch hätte Godrics Leiche dort hinauf bekommen, geschweige denn ein Schwert durch die Leiche und den Stein rammen können. Eine alte Frau hat sie hier gefunden, als sie zur nächtlichen Beichte hierher kam ...“

      Aaron schluckte schwer.

      „Was habt ihr mit der Frau gemacht?“

      Der Lord Marschall antwortete nicht sofort, betrachtete nachdenklich Godrics leblosen Körper.

      „Sie ist Zeugin von etwas, das nicht an die Öffentlichkeit gelangen darf“, wich er schließlich aus und Aaron ging nicht weiter darauf ein – er wusste bereits, was das bedeutete.

      In was für einer Welt leben wir, in der ein Mensch wegen etwas, das er gesehen hat, verschwinden muss? Genauso gut hätte Evelyn die Leiche entdecken können und dann wäre sie nun auch nicht mehr hier …

      Aarons Aufmerksamkeit fiel auf etwas Glitzerndes an Godrics Finger.

      Unauffällig bückte er sich und nahm Godrics eiskalte Hand in die seinen. Seine Augenbrauen wanderten verwundert in die Höhe. Es war ein Ring; die goldene Fassung war von höchster Qualität, nur übertroffen von dem blutroten Rubin, welcher ihn zierte.

      Priester dürfen keine weltlichen Wertgegenstände besitzen. Sich mit einem Wertgegenstand erwischen zu lassen, bedeutet bestraft zu werden. Was sollte Godric also mit diesem Ring?

      Mit gerunzelter Stirn erhob er sich wieder und trat einen Schritt zurück, so dass die Magier die Leiche mit einem weißen Leinentuch bedecken konnten.

      Nur die Hand mit dem Ring ragte aus dem Tuch hervor, der Ring funkelte leicht im tanzenden Licht der Fackeln.

      „Weiß der Erzbischof Bescheid?“

      Ragnir seufzte schwer, bevor er nickte und die Paladine aus der Kirche entließ, damit sie draußen helfen konnten.

      „Ich habe ihn nicht wirklich informiert, aber die Priester stecken doch alle gemeinsam unter einer Decke. Die merken es, wenn einer aus ihrer Brut den Löffel abgibt.“

      Die Paladine, die es hörten, zuckten leicht zusammen und wandten sich rasch ab.

      Jeder wusste, dass zwischen dem Erzbischof und dem Lord Marschall heftige Spannungen herrschten, jedoch kannte nur Aaron den wahren Grund.

      Und ich wünschte, ich wüsste es nicht …

      Krachend flog das Doppeltor der Kirche auf.

      Aaron, der Lord Marschall und alle Magier wirbelten herum, Feuerbälle flammten auf, Schwerter flogen zischend aus ihren Scheiden … nur um sofort wieder weggesteckt zu werden.

      Der Erzbischof stand auf der Schwelle des Doppeltors; alle Magier fielen auf ein Knie, Aaron senkte demütig das Haupt und der Erzbischof trat betont langsam auf sie zu.

      Das Geräusch seiner schweren Schritte hallte von den hohen Wänden des Kirchengewölbes wider, sein langer brauner Mantel raschelte leise. Sofort fühlte Aaron sich klein und unbedeutend, angesichts des mächtigsten Magiers der bekannten Welt und des ältesten Menschen, der je gelebt hatte. Tiefe Furchen gruben sich in das Gesicht des Erzbischofs, sein graues Haar war sorgsam zurückgekämmt und der Blick seiner grauen, leblosen Augen ruhte zuerst auf Aaron, dann auf Ragnir.

      „Lord Marschall“, grüßte er ihn kalt und Ragnir schnaubte verächtlich; ein spöttisches Lächeln zeichnete sich auf den Lippen des Erzbischofs ab.

      „Abend, Ethgar“, schoss Ragnir gereizt zurück und der Erzbischof quittierte die offensichtliche Provokation mit einem gleichgültigen Zucken seiner Mundwinkel.

      „Ich habe gehört heute Nacht sei einer der … meinen ermordet worden. Und wie Ihr ganz treffend bemerkt habt, Lord Marschall, ich bemerke es, sobald etwas geschieht …“, er zuckte mit den Achseln, „im Gegensatz zu den Streitkräften des Ordens und der Stadtgarnison, wie mir scheint. Der Letzte Herrscher …“

      „Hat mich geschickt, um das hier zu erledigen!“, fauchte Ragnir und seine Hand schoss beinahe reflexartig zum Griff seines Schwertes; Ethgar zuckte nicht einmal.

      „General Aaron hier wird sich eine Mannschaft zusammensuchen und dann augenblicklich mit der Suche nach dem Mörder beginnen. Sobald er ihn gefunden hat, werde ich persönlich dafür Sorge tragen, dass er bluten wird …!“

      Ethgar sah Aaron lange an und dieser musste dem Drang widerstehen, dem durchdringenden Blick des alten Erzbischofs auszuweichen. Es war, als könne dieser seine Gedanken lesen wie ein offenes Buch – das beinahe mitleidige Grinsen des Erzbischofs, das auf seinem Gesicht aufbrach wie eine Wunde, half nicht gerade dabei, diese Vorstellung zu verdrängen.

      „Dann wünsche ich dem werten General viel Glück. Dies könnte sich als der schwierigste Fall herausstellen, den er bisher hatte. Hoffen wir, dass es ihn nicht überfordert …“

      Vorsichtig trat Ethgar an den verhüllten Leichnam heran, legte eine Hand auf Godrics verhüllte Stirn und flüsterte ein stilles Gebet, bevor er den Ring an Godrics Hand entdeckte.

      Seine grauen Augen weiteten sich erstaunt und er zuckte leicht zusammen, legte möglichst unauffällig eine Hand auf den Ring und ging leicht auf die Knie.

      „Die Toten haben dich zu sich gerufen“, flüsterte er leise und die anderen Paladine neigten andächtig den Kopf.

      Als der Erzbischof sich wieder erhob, war der Ring von Godrics Hand verschwunden.

      Aarons Augen verzogen sich zu funkelnden Schlitzen und er sog zischend die Luft ein, sagte jedoch nichts.

      Jetzt etwas dagegen zu sagen, würde einem Selbstmord gleichen … aber der Erzbischof hat viel zu gefasst dafür reagiert, dass einer der ehemals wichtigsten Priester des Letzten Herrschers grausam ermordet wurde; ich werde ein Auge auf ihn haben müssen.

      Erzbischof Ethgar wandte sich langsam wieder Ragnir zu und die beiden warfen sich einen vielsagenden Blick zu, bevor der Ausdruck aus ihren Gesichtern verschwand und das gewöhnliche, überhebliche Lächeln auf die Lippen des Erzischofs trat.

      „Lord Marschall …“, sagte er süffisant und musterte Aaron kurz eindringlich, „auf ein Wort bitte. Alleine!“

      Ragnirs Miene