Pfad des Feuers. Alexander Mosca Spatz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alexander Mosca Spatz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844260304
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im Hafenviertel gefunden und mich zu Aaron gebracht“, antwortete er langsam und hob den Kopf.

      Liyold war der Einzige, dem er mit Aaron noch trauen konnte; die einzige andere Person, der er vertraut hatte, war nun tot, einfach vom Antlitz der Welt gewischt.

      „Gut“, antwortete der Fremde leise und ließ seine Fingerknochen krachen, „dann suche diesen Liyold auf und lasse dir dort weiterhelfen. Es tut mir leid.“

      Trotz seiner Erschöpfung schaffte Sirian es, überrascht drein zu blicken.

      „Es tut dir leid? Was soll dir denn leidtun? Du hast absolut gar nicht …“, der Fremde griff nach ihm und bevor Sirian seinen Satz beenden konnte, warf er Sirian in eine kleine Mulde im Fundament eines Hauses, die in die Kanalisation führte. Fassungslos rutschte Sirian über die steinerne Kante, der Gestank der Kanalisation schlug ihm in die Nase und er krachte mit voller Wucht auf den Stein, rutschte halb in das dreckige Wasser.

      Bevor er das Bewusstsein verlor, hörte er Azard oben laut fluchen.

      Heute habe ich eine Rede vor dem Gilderat Moréngards halten dürfen, nachdem mir Lyras diese Möglichkeit arrangiert hat. Im Gilderat sitzen all die, die begreifen, dass mein Vater nicht der Mann ist, der sie retten wird; außer den Königstreuen, den Soldaten meines Vaters, scheint jeder von ihnen begriffen zu haben, dass nur ich sie retten kann.

      Ich weiß, das hört sich egozentrisch und arrogant an, aber ich habe die letzten Schlachten gegen die Vampire geschlagen! Ich stand dort, vorne in den ersten Reihen und habe mit Ragnir an meiner Seite Tod und Verderben unter den Vampiren gesät – und wir haben gewonnen.

      Wir haben es bereits geschafft, sie hinter die Linien zurückzudrängen, in denen sie sich eingegraben haben.

      Der Gilderat hat mir die Gelder zugesichert, die ich brauche, um einen Wall aus Festungen zu bauen, der das Herz Moréngards, nämlich den Westen, vom Osten trennt, wo wir kaum vorteilhaftes Gelände haben, um uns verteidigen zu können; alle verfügbaren Männer und Frauen werden zum Bau dieses lazianischen Walls angefordert werden und die Kosten übernimmt mein Vater, König Maioran.

      Alle industriell und wirtschaftlich wichtigen Gebiete sollten somit geschützt sein und es uns erlauben, diesen Krieg weiterzuführen, ohne dass wir mit Verlusten in der Wirtschaft zu rechnen haben. So wird es uns möglich sein, uns wirksam zu verteidigen und langsam aber sicher eine Armee auszuheben, mit der wir einen Angriff führen können. Die Vampire haben nur eine begrenzte Anzahl von Blutsklaven, die sie mit sich führen können und wir setzen alles daran, ihre Versorgungslinien zu unterbrechen.

      Dank des Straßennetzes und der vielen kleinen vom Orden angelegten Verstecke können wir kleine Truppen zur Zerstörung der feindlichen Versorgungslinien losschicken und so den Vormarsch der Vampire stoppen.

      Dieser Krieg ist gewaltig und gewaltig sind die Mittel, die wir brauchen werden. Aber wenn wir alles in kleinen Schritten angehen, dann können wir gewinnen!

      I

      Das Gilderatsgebäude war eines der wichtigsten Bauwerke der Oberstadt.

      Aus weißem Marmor gehauen und gemeißelt versinnbildlichte es die Macht des Ascentanischen Volkes und ihre Überlegenheit gegenüber den anderen Reichen des Nordens. Die Arx Potestatis, auf Ascentisch die Festung der Macht, wie die gehobenen Bevölkerungskreise das Gilderatsgebäude nannten, erstreckte sich über den ganzen Ostteil der Oberstadt und umschloss einen riesigen Platz, sowie das eigentliche Gebäude. Von oben betrachtet war die Arx Potestatis ein großes Quadrat aus Marmor, in dessen Mitte eine gewaltige Kuppel thronte; direkt unter jener befand sich die Halle des Gilderats. Im Rest des Gebäudes waren Archive untergebracht; Protokolle von Sitzungen, Notizen und Anträge der Bürger, alles wurde hier aufbewahrt. Darüber hinaus erstreckte sich die Arx Potestatis auch in die Tiefe, beherbergte unzählige Tunnel und ein ganzes Labyrinth bis tief in die Erde, wo geheime Aufzeichnungen der vergangenen Könige und Staatsmänner aufgehoben wurden.

      Es gab vier große Eingänge, jeweils auf der Nord -, Süd -, Ost -, und Westseite des Gebäudes, die von zwei großen Statuen von Helden der Menschheit flankiert wurden. Hoch auf der Kuppel, über allen anderen stand eine Statue des Letzten Herrschers, die majestätisch die Arme über all die anderen ausstreckte; die Botschaft, die dieses Bild vermittelte war klar.

      Es hatte Helden gegeben und diese gab es noch immer … doch der Letzte Herrscher stand über ihnen allen. Ein großer Balkon führte einmal um das gesamte Gebäude herum und gewährte einen flüchtigen Einblick in das Gebäude, doch sonst gab es keinerlei Fenster. Erzbischof Ethgar hatte das gesamte Gebäude mit einem magischen Bann belegt, so dass das Sonnenlicht nach innen durch den Marmor drang, jedoch nur für diejenigen, die sich in dem Gebäude befanden. So bekam man von innen den Eindruck, alle Wände und die Kuppel bestünden aus Glas.

      Paladine des Ordens patrouillierten vierundzwanzig Stunden am Tag um die Arx Potestatis, Priester hielten ihre Predigten und Vertreter der verschiedenen Zünfte und Gilden hielten Reden über die Vorteile ihrer jeweiligen Fraktion.

      Die Entstehung des Gilderats ging Jahrhunderte zurück, als das Volk immer mächtiger wurde und unter der Tyrannei des Königs Erzach II. zu leiden hatte.

      Die einzelnen Schmiede, Bäcker, Metzger und Tuchhändler schlossen sich in verschiedenen Zünften zusammen und widersetzen sich dem König, indem sie die Wirtschaft des Landes zu kippen drohten. Als sie merkten, dass sie so Druck auf den König und dessen Hof ausüben konnten, schlossen sie sich zu Gilden zusammen. Die Zunft der Schmiede, Metallverarbeiter, Werkzeughersteller, Holzfäller und auch einige Mitglieder der Bauernzunft schlossen sich zur ersten Gilde zusammen. Kurz darauf folgten weitere Gildegründungen und auch der Adel begann den Vorteil darin zu sehen und begann, sich im Geschäft einzuklinken – wer würde die Möglichkeit, Einfluss auf den König auszuüben denn nicht nutzen? Jede Zunft hatte einen Zunftsvorsitzendern und zusammen mit den Zunftsvorsitzenden seiner Gilde repräsentierte er diese vor den anderen.

      So kam es, dass sie mit dem Bau der Arx Potestatis begannen und wöchentlich tagten, um die Tyrannei des Königs zu bannen oder zumindest ein wenig zu dämpfen; kam er ihren Forderungen nicht nach, hörten sie einfach auf zu produzieren und die Wirtschaft des Reiches drohte einzubrechen.

      So tat Erzach alles, was der Gilderat von ihm verlangte und dankte schließlich ab. Den neuen König wählte der Gilderat und so wurde das erste Mal ein Bürgerlicher zum König. Das hätte der Anfang eines großen Richtungswechsels werden können, nämlich, dass der Gilderat den König wählte. Doch der Adel heiratete sich schnell in die neue Königsfamilie ein und kurz darauf hatten die Blaublütigen wieder die Macht inne – der Gilderat jedoch existierte weiter und vertrat in gewisser Hinsicht das Volk, auch wenn die Harmonie, mit der sie unmittelbar nach der Gründung zusammen gearbeitet hatten, nun nicht mehr existierte.

      Wollte man in Moréngard ein Geschäft eröffnen, so war dies ein steiniger Weg, der noch mehr Papierkram verursachte als ein Mord. Als Erstes musste man sich bei der jeweiligen Gilde melden, sagen, wo und wann man sein Gewerbe eröffnen wollte und welche Erfahrung man in seinem Geschäft schon besaß. Im Zweifelsfall musste der Anwärter eine Prüfung bestehen, aufgesetzt vom jeweiligen Zunftsvorsitzenden und bekam dann einen Erlaubnisschein.

      Fünf Jahre lang durfte man arbeiten, bevor man sich schließlich einer Zunft anschließen musste; war man in einer Zunft, so war man auch gleichzeitig Mitglied der Gilde und musste somit auch Zahlungen an die jeweiligen Gildevorsitzenden zahlen, die diese Zahlungen nutzten, um die Interessen der Gilde im Gilderat durchzusetzen. Die dort herrschende Bürokratie war ein undurchsichtiges Netz aus Zusammenschlüssen und fadenscheinigen Bündnissen, die nur gemacht wurden, um sie wieder zu brechen. Verstieß die Gilde jemanden, so hatte dieser keine Chance mehr, seinem Gewerbe in Moréngard nachzukommen und musste sich eine andere Möglichkeit suchen, sein Geld zu verdienen. Unter dem Letzten Herrscher hatte sich der Sinn des Gilderats sowieso gewandelt.

      Nun vertraten die Gilden direkt den Willen des Volkes und versuchten diesen durchzusetzen, jedoch war der Letzte Herrscher nicht dumm. Seine erste Tat als Letzter Herrscher