„Ha, ha“, unterbricht Laura den Polizistin. Sie weiß schon, dass er einen Anmachspruch loswerden wollte. „Leider habe ich keine Zeit für Scherze. Ich brauche meinen Wagen schnellst möglich zurück.“legt ihre mitgebrachten Dokumente alle auf die Theke. Der Polizist schaut sich die Dokumente an, nimmt in die Hand und sagt:
„Einen Moment, bitte, Frau äääääh ach ja Ferreira. Ich komme gleich zurück. Setzen Sie sich kurz hin. “zeigt auf die Stuhlreihe, die sich vor dem Schalterbereich befindet und verschwindet mit den Dokumenten im Hinterzimmer.
„Nein Danke, ich bleibe lieber stehen. Es wird doch hoffentlich nicht zu lang dauern“, ruft Laura ihm hinterher.tippt aufgeregt mit ihren Fingern auf der Theke. Sekunden kommen ihr wie Minuten vor. Dann fünf Minuten kommt der Polizist zurück zu ihr. Er hat einige Sachen in seiner und legt sie alle auf die Theke.
„Das haben wir im Handschuhfach ihre Auto gefunden. Sie hatten bei meinem Kollegen, der Sie angerufen hat, angegeben, dass Sie den Diebstahl nicht bemerkt hatten. Wie kommt es, dass die Geldbörse mit Bankkarten und Ihr Handy sich Auto befinden ?“
„Äh, die muss ich wohl im Wagen vergessen haben“, stottert Laura unsicher, schaut sich die Gegenstände auf der Theke an und stellt fest: „Das Bargeld wurde aber aus der Geldbörse genommen.“
„Ja, hier ist der Schlüssel. Der Wagen steht hinten im Hof. Bitte unterschreiben Sie noch hier, dass ich Ihnen alle Gegenstände überreicht habe“, der Polizist zeigt mit dem Zeigefinger auf ein Papierformular und legt den Schlüssel und einen Kugelschreiber auf die Theke.nimmt erst den Kugelschreiber und unterschreibt ungelesen das Formular. Dann greift sie sich den Schlüssel, die Geldbörse und das Handy und fragt:
„Kann ich jetzt gehen ?“
„Ja, klar einen schönen Tag“
„Danke“verlässt die Polizeistation und geht auf den Hof. Da sieht sie auch schon ihren Wagen. Sie öffnet die Fahrertür mit dem Schlüssel und steigt ein. Bevor sie startet schaut sie sich im Wagen um, ob irgendetwas fehlt oder irgendetwas zu viel dort ist. Sie kann nichts besonderes entdecken. Dann lässt den Wagen und biegt in die Estrada de Itapecerica ein. Sie fährt die Straße nordöstlich stadteinwärts. Da keine Zeit mehr ist nach Hause zu fahren, beschließt sie direkt zum Stadion Pacaembu mit dem Auto zu fahren. Nach knapp zehn Kilometern am Ende der Estrada de Itapecerica überquert sie den Rio Pinheiros über die Ponte João Dias. Nach der Brücke verlässt sie diese Straße und fährt auf der Avenida das Nações Unidas in Richtung Norden. Nach weiteren zehn Kilometern verlässt sie die Avenida das Nações Unidas und biegt in die Avenida Rebouças ein. Nach einer halben Stunde ist sie in der Nähe des Hospital das Clinicas. Hier sucht sie sich einen Parkplatz in den SeitenStraßen. Sie hat Glück, dass gerade ein anderer Wagen einen Platz am Straßenrand freimacht. Sie parkt ihr Auto dort ein. Es ist noch eine viertel Stunde bis zum Treffzeitpunkt 15 Uhr. Sie geht zu Fuß Richtung Metrostation. Auf der Straße befinden sich schon einige Leute in Corinthians-Trikots.
6
Janaina, gekleidet in einem kurzen Minirock und einem schwarzen ärmellosen Shirt mit Corinthians-Wappen auf der Vorderseite, parkt ihren Wagen in der Nähe von Naomis Haus. Sie will nicht klingeln, da sie sonst von Naomis Eltern in ein Gespräch verwickelt wird, und deshalb eventuell nicht pünktlich zum Spielbeginn im Stadion ankommt. Sie ruft Naomi auf ihrem Handy an.
„Hallo Janaina“, meldet sich Naomi.
„Hallo Naomi, ich bin gleich bei Dir. Gehe schon mal vor die Tür. Wir sind spät dran. Laura wird schon auf uns warten.“
„Ja, ich bin schon auf dem Weg.“
Naomi zieht sich ihre Schuhe an. Sie ist ebenfalls mit einem ärmellosen Corinthinas-Shirt bekleidet und trägt eine enge weiße Jeans-Hose. Sie geht auf die Straße, und da sieht sie auch schon Janaina, wie sie ihr auf dem Fußweg entgegenkommt. Sie begrüßen sich mit Wangen küssen.
„Lass uns gleich zur Metro gehen“, beginnt Janaina das Gespräch hektisch. „Wir haben keine Zeit. Laura ist bestimmt schon vor Ort.
Sie gehen mit schnellen Schritten zur Metrostadion Liberdade, die sich eine viertel Stunde Fußweg entfernt von Naomis Haus befindet. Nach ihrer Ankunft am Bahnsteig brauchen sie nur eine Minute zu warten, dann kommt schon ein Zug Richtung Jabaquara. Der Zug ist sehr voll. Es befinden sich viele Fußballfans unter den Fahrgästen.
„Hey Ihr beiden hübschen Corinthianas, seit Ihr ohne Begleitung unterwegs?“ macht ein Fußballfan die beiden an.
„Ja, genau wie Du“, entgegnet Janaina. „Und genau wie Du werden wir auch ohne Begleitung bleiben!“
„Aber beschwert Euch später nicht, dass Ihr einsam seit“, der Fan wendet sich von den beiden Frauen ab. Janaina reagiert nicht und gibt keine Antwort mehr. Wenige Minuten später erreichen sie die Station Paraiso. Die beiden Frauen und die anderen Fußballfans verlassen den Zug und gehen gegenüber am Bahnsteig in einen wartenden Zug der grünen Linie Richtung Vila Madalena. Als alle eingestiegen sind, fährt der Zug los. Nach ein paar Stationen kommen sie an der Station Clinicas an, wo sich die Polizistinnen treffen wollten. Es ist schon 15:30 Uhr, aber Laura ist ebenfalls gerade erst am Ausgang der Metrostation angekommen. Janaina ruft Laura auf ihrem Handy an, als sie mit Naomi die Metro verlässt. Sie verabreden, dass sie sich am Ausgang an der Avenida Dr. Arnoldo treffen. Wenige Minuten später kommen sie zusammen und begrüßen sich gegenseitig.
„Bist du auch mit dem gleichen Zug wie wir vor knapp fünf Minuten angekommen?“ fragt Naomi Laura.
„Nein, ich bin doch mit dem Auto gekommen“, antwortet Laura.
„Ach, ich dachte, Du wolltest ebenfalls mit der Metro kommen. Hast Du das nicht gesagt, als wir telefoniert haben?“ will Janaina wissen.
„Ja, wollte ich erst. Dann habe ich es mir doch anders überlegt und bin doch mit dem Auto gekommen.“
Sie gehen gemeinsam über die Rua Major Natanael und die Rua Itajobi zum Stadion. Da sie sich schon vorher Eintrittkarten besorgt haben, brauchen sie nicht an der Kasse anzustehen, sondern gehen direkt ins Stadion. Als sie an ihren Plätzen ankommen, sind die Mannschaften schon auf dem Platz, die Hymnen wurden schon gespielt, und die Spieler beider Teams bereits vorgestellt. Dann pfeift der Schiedsrichter die Begegnung an. Die Corinthians-Fans feuern ihre Mannschaft an. Die drei Polizistinnen stimmen in den Chor der Fans mit ein. Minuten vergehen, in denen sich beide Teams in taktischem Mittelfeldspiel und kurzen Querpässen neutralisieren. Plötzlich kommt in der 16. Minute eine lange Flanke von Flamengo in den Strafraum von Corinthians. Ein Stürmer von Flamengo versucht den Ball anzunehmen und sein Gegenspieler von Corinthians versucht ihn daran zu hindern. Da fällt der Stürmer. Ein Pfiff ertönt. Der Schiedsrichter läuft Richtung Strafraum. Alle Corinthians-Fans denken, dass auf Schwalbe und Freistoß für Corinthians entschieden wird, doch dann zeigt der Schiedsrichter auf den Elfmeterpunkt. Fast das ganze Stadion springt auf und beschimpft den Schiedsrichter, so auch die drei Polizistinnen. In diesem Krach klingelt Janainas Handy. Sie holt es hervor, schaut auf das Display und sieht, dass es die Nummer ihres Chefs Charly ist.
„Das ist Charly“, sagt sie zu ihren beiden Kolleginnen. „Wisst Ihr, was er an unserem freien Tag wollen kann ?“
„Nein“, antwortet Naomi. „Vielleicht gibt es irgendeine neue Entwicklung in unserem aktuellen Fall.“
„Ich weiß auch nichts“, bemerkt Laura und hofft, dass der Anruf nichts mit ihrem Überfall bzw. ihrem Autodiebstahl zu tun hat.
„Ach, es wird schon nicht so wichtig sein, dass es unbedingt jetzt während des Fußballspiels erledigt werden muss“. Janaina legt ihr Handy zurück in ihre Tasche.
Dann läuft auch schon der Spieler von Flamengo zu Strafstoß an. Er schiesst den Ball links unten ins Eck, der Torwart hat sich für die andere Seite entschieden. 0:1, die Spieler von Flamengo freuen sich alle und laufen zu ihrer Trainerbank. Im weiten Rund des Stadions gellt eine Mischung aus Pfeifkonzert und Buhrufen. Die Polizistinnen stimmen wieder mit ein und scheinen Charlys Anruf bereits vergessen zu haben,