Fate of Whisky. Joachim Koller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Joachim Koller
Издательство: Bookwire
Серия: Lost Tales
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750218000
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Ich habe den Film schon so oft geschaut, dass ich mir den Film auf eine zweite Videokassette kopiert habe, falls bei dieser einmal das Band reißt.«

      Julias Lieblingsfilm war ›Backdraft – Männer, die durchs Feuer gehen‹. Niko hatte einiges über den Film gehört, ihn aber noch nicht gesehen.

      »Dann wird es aber höchste Zeit!«, meinte Julia. Wie selbstverständlich entledigte sie sich ihrer Kleidung und schlüpfte in Unterwäsche unter die Bettdecke.

      Nikos Blick quittierte sie mit einem verführerischen Lächeln.

      »Schau nicht so. Ich bin genauso nervös und angespannt. Ich tu nur so locker. Aber ich weiß, dass du der Richtige bist und ich bin mir sicher, dass ich keine Sekunde heute Nacht bereuen werde.«

      Niko tat es ihr gleich und kam zu ihr ins Bett. Julia schnappte sich die Fernbedienung und legte sich an seine Schulter.

      »Aber wehe dir, wenn du einschläfst.«

      »Keine Sorge, das wird nicht passieren«, versicherte er ihr mit einem Kuss auf ihren Kopf.

      »Ich nehme an, du hast vorgesorgt?«, fragte sie leise, während sie den Film startete.

      Niko verkniff sich ein Lachen.

      »Was ist denn?«

      »Ja, ich habe vorgesorgt. Ich und jeder, dem ich erklärt habe, warum ich heute Abend nicht mit durch die Lokale ziehe. Gute Freunde sind manchmal schlimmer als die ärgsten Feinde.« Niko zog seinen Rucksack ans Bett.

      »Um die ganzen Gummis zu verbrauchen, brauchen wir lange«, meinte er und deutete auf die Außentasche.

      »Dann ist es ja gut, dass wir die ganze Nacht lang Zeit haben«, antwortete Julia frech, pausierte den Film, noch bevor er überhaupt angefangen hatte, und drehte sich zu Niko.

      »Der Film läuft uns nicht davon.«

      »Ich dir auch nicht, mein süßer Schatz.«

      »Das ist schön zu hören«, antwortete sie und küsste ihn.

      Niko erwachte und musste sich erst orientieren. Lange rote Haare lagen über seinem Gesicht, er spürte Julias Kopf auf seiner Brust, ihre Hände an seinen Schultern. Es war schon helllichter Tag. Was ihn aber nicht verwunderte, immerhin waren sie erst gegen Mitternacht dazu gekommen, den Film anzusehen. Und nachher wollten sie nicht sofort einschlafen.

      Niko bewegte sich nicht, um seine Freundin weiterschlafen zu lassen. Sanft strich er sich ihre Haare aus dem Gesicht und umarmte sie vorsichtig. So blieb er noch einige Zeit liegen, bis Julia sich regte und langsam munter wurde.

      »Guten Morgen, mein Schatz«, murmelte sie verschlafen.

      »Morgen. So würde ich gerne jeden Tag aufwachen. Eng umschlungen mit dir im Arm.«

      ---***---

      Alison lauschte Nikos Geschichte, wobei sie mehrmals schmunzelte.

      »Ihr wart gerade einmal zwei, drei Monate zusammen und schon wird von einem gemeinsamen Leben und der großen Liebe geredet?«

      »Wir waren jung und voller Träume.«

      »Und geblendet von einer amerikanischen Teenie-Serie. Aber Talisker ist eine gute Wahl. Er wird auf Skye hergestellt, der einzige Whisky, der auf der Insel produziert wird. Eine sehr rauchig schmeckende Sorte, sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Ich persönlich mag eher die Varianten aus Speyside, zum Beispiel den weltberühmten Glenfiddich.«

      »Egal welcher, ich würde jetzt gerne einen trinken. Nur zum Aufwärmen.« Niko rieb über seine Arme und immer wieder seine Nase.

      Sie erreichten den Waldrand und traten auf eine dichte grüne Wiese. Das Gras war mindestens zehn Zentimeter hoch, der Boden lehmig und derart durchnässt, dass sie bei jedem Schritt mehrere Zentimeter einsanken. Dazu kam der Regen, der nun ohne den Schutz der Bäume auf sie niederging. Waren es bisher nur wenige Tropfen gewesen, wurden sie nun mit Wasser regelrecht übergossen.

      »Man sagt in Schottland: Der Regen von heute ist der Whisky von morgen«, versuchte Alison, ihre triste Stimmung aufzulockern.

      Das freie Wiesenstück war nicht sonderlich groß, nach dreihundert Metern gelangten sie wieder in den Schutz eines dichten Waldes. Der Bachverlauf neben ihnen war inzwischen zu einem breiten Flussbett angewachsen.

      »Wir gehen immer noch in Richtung Südwest«, sagte Niko emotionslos. Er versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen, was ihm aber nicht gelang. Die Erinnerungen an seine Jugend und sein ungewollter Flug machten ihm zu schaffen. Dazu zerrten Kälte und Nässe an seinen Kräften.

      »Was habt ihr denn sonst unternommen, wenn du nie zu ihr konntest und bei dir die Wohnung zu klein war?«

      »Was?«, schreckte Niko aus seinen Gedanken hoch.

      »Wenn du nicht zu deiner Freundin konntest, was habt ihr dann unternommen? So wie du erzählt hast, dürftet ihr ziemlich unzertrennlich gewesen sein.«

      »Ja, das waren wir.«

      Niko überlegte, ob er weiterhin über diese alten Geschichten nachdenken wollte.

      Was soll´s. Es lenkt wenigstens etwas von der Situation hier ab, entschied er. »Wir sind gern ins Kino gegangen. Es gab einige gute Filme 1993. Täglich grüßt das Murmeltier, Last Action Hero ...« »Sollte ich die kennen?« »Einen kennst du sicher. Den ersten Teil einer Kinoserie, die Geschichte geschrieben hat.« »Star Wars?« »So alt bin ich nun auch wieder nicht. Nein, Jurassic Park.« »Ja, den kenne ich. Ein guter Film, tolle Effekte, spannend.« »Genau. So spannend, dass wir tatsächlich den ganzen Film im Kino gesehen haben, ohne Ablenkung.« »Süß«, meinte Alison grinsend. Niko erzählte weiter, wie sie bei den Spezialeffekten im Kino große Augen machten, da diese im Vergleich zur heutigen Computertechnik vollkommen neu waren. »Damals musste man die Dinosaurier zum Teil noch wirklich bauen.« »Aber wohl kaum in Originalgröße?«, meinte Alison. Niko sah zu ihr und erkannte, wie auch ihr die Kälte zu schaffen machte. Im Gegensatz zu ihm hatte sie wenigstens eine dünne Jacke, die ihr aber nur minimalen Schutz bot. Inzwischen waren auch seine Schuhe vollständig durchnässt, bei jedem Schritt spürte er das kalte Wasser zwischen seinen Zehen. Kurz darauf verließen sie erneut den Wald. Niko rechnete damit, erneut über eine Wiese zum nächsten Waldstück wandern zu müssen. »Mechty me!« Alisons freudiger Aufschrei ließ ihn seine Kapuze heben. »Wie bitte?« »Mechty me, oder für Dich: Oh mein Gott! Wir sind wieder in der Zivilisation!« Niko folgte ihrem Blick und erkannte, was Alison so glücklich stimmte. »Ein Dorf, bin ich ...« »Ich glaube ich weiß, wo wir sind. So weit sind wir gar nicht weggetragen worden«, fiel sie ihm ins Wort und beschleunigte ihren Gang. Nur wenige Meter vor ihnen war ein niedriger Stacheldrahtzaun, der die dahinterliegenden Bahngleise vom Wald trennte. Dahinter führte eine weitläufige abfallende Wiese zu einem Dorf. Ein Dutzend Einfamilienhäuser, eine Tankstelle und ein paar größere Gebäude, die durch den dichten Regen schemenhaft zu erkennen waren. Die Entdeckung gab auch Niko neue Kraft. »Unser Whisky wartet schon auf uns«, sagte er und zog ein Stück der Fallschirmplane aus seinem Rucksack. Mehrmals zusammengefaltet bot sie genug Schutz, um den Stacheldraht zu überqueren. Der Hügel zur Ortschaft diente an anderen Tagen Kühen als Weidefläche. Davon zeugten Kuhfladen und sichtbare Grundstücksabgrenzungen aus Büschen und Holzpflöcken. An jedem anderen Tag hätte Niko die Landschaft genossen, das saftige Grün mitsamt dem Bach, der sich über mehrere kleine Wasserfälle hinab zog. Im Moment hatte er nur eines im Sinn. So ein kleiner Ort hat hoffentlich irgendeine Übernachtungsmöglichkeit. Eine Dusche und ein Bett. Und etwas zu Essen und Trinken.Die Wiese endete für Alison und Niko an einem Spielplatz. Niko war noch nie so froh, wieder Asphalt unter seinen Füßen zu spüren. Selbst das Geräusch von Fahrzeugen, die durch den Ort fuhren, sorgte für gute Stimmung bei ihm. Sie gelangten auf die Hauptstraße, die einzige größere Straße im Ort. Neben der Straße stand eine Lore, gefüllt mit Blumen und der Aufschrift ›Welcome to the Tyndrum Inn‹. »Tyndrum. Dann lag ich richtig mit meiner Vermutung.« Alison war die Erleichterung deutlich anzuhören. »Früher war Tyndrum ein Bergwerksdorf. Hier wurde sogar Gold abgebaut. Damals war ...« »Nicht jetzt«, unterbrach Niko und deutete auf den Eingang des Gasthauses, »Wir brauchen ein Zimmer.« Die Dame hinter dem Tisch der Rezeption wirkte nicht sonderlich verwundert, als sie das völlig erschöpfte,