Leo ist verknallt. Sabine-Franziska Weinberger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sabine-Franziska Weinberger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783847647706
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      „Zum Volleyballspielen? Das spielt man mit einem Ball!“, formt Leo mit beiden Händen eine Kugel in die Luft.

      „Das weiß ich auch“, schaute Kathi leicht misstrauiscg, da sie irgendwie das Gefühl hat, dass Leonie sie loswerden will.

      „Ich spiele heute nicht Volleyball, da ich etwas anderes vorhabe. Und deshalb suche ich meinen Fön. Hast du ihn gesehen?“

      „Du hast etwas anderes vor?“, bekommt Leo pizzagroße Augen. „Was denn?

      „None of your business“, antwortet Katharina, um Leos Neugier einen Dämpfer zu versetzen.

      „Das bedeutet für alle, die nicht Englisch können?“, will Leo wissen.

      „Dass sie mehr Englisch lernen sollten“, lächelt ihre große Schwester ein herablassend. „Und jetzt wüsste ich gern, wo mein Fön ist. Hast du ihn gesehen?“

      Leo ärgert sich immer, wenn Kathi mit ihrem Englisch angibt. Weil sie sich dann immer so blöd vorkommt. Und überhaupt nichts versteht. Aber heute glaubt sie dank Pauli trotz des englischen Ausweichmanövers ihrer großen Schwester zu wissen, was diese im Schilde führt. Aber das behält sie schön für sich. Und so erwidert sie möglichst auffällig unauffällig: „Nein, habe ich nicht. Außerdem lasse ich meine Haare von der Luft trocknen.“

      „Meistens, aber nicht immer“, erwidert Kathi pampig.

      „Stimmt“, pflichtet ihr Leo bei. „Und im Fall von nicht immer verwende ich Mamas Fön.“

      „Wehe dir, wenn das nicht stimmt!“, macht ihre Schwester auf dem Absatz kehrt und verschlumpft sich aus Leos Zimmer, ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren.

      Kurz darauf klopft es wieder an Leos Tür.

      „Hast du vielleicht auch noch deinen Kopf verloren?“, öffnet Leo ein wenig zu schwungvoll ihre Zimmertür.

      „Nein, der ist dran. Noch!“, schenkt ihr Paulchen ein schiefes Grinsen.

      „Pauli!“, greift Leo nach dem Arm des Jungen und zieht ihn schnell in ihr Zimmer.

      „Was hast du denn?“, wundert sich der Kleine.

      „Es ist noch da!“, flüstert Leo und zieht ihn schnell in die Mitte des Raumes.

      „Was? Das grüne Monster mit den gelben Augen und den sieben Beinen?“, musterte sie der Erstklässler leicht verwundert. „Tut mir leid Leo, aber darauf fall’ ich nicht mehr rein, da ich seit dem Kindergarten nicht mehr an Monster glaube. Aus dem Alter bin ich raus!“

      „Ich rede auch nicht von einem Monster, sondern von einem Schlumpf, äh ... von meiner Schwester“, drehte sich Leonie zu ihm um und wirft ihm einen vielsagenden Blick zu. „Kathi ist noch im Haus. Verstehst du? IM HAUS!“

      Der kleine Pauli versteht durchaus. Er ist ja nicht von gestern. Nur weil er in der ersten Klasse sitzt, heißt das noch lange nicht, dass er ein Blödmann ist.

      „Solange sie hier ist, können wir den Brief unmöglich lesen“, bestätigt er Leonies Bedenken.

      „Du bist schlauer, als du aussiehst“, gibt ihm das Mädchen Kopf nickend zu verstehen.

      Pauli ist sich nicht ganz sicher, ob er das als Kompliment oder Beleidigung auffassen soll, während er nach einer Möglichkeit sucht, den Inhalt des Briefes doch noch in Erfahrung zu bringen. Angestrengt denkt er nach.

      „Wenn wir die Türe zusperren?“, beginnt er flüsternd, „können wir dann Matthis Brief lesen?“

      „Keine gute Idee“, schüttelt Leo ihren Kopf. „Dann wissen doch alle, dass wir etwas zu verheimlichen haben.“

      „Aber wir haben doch etwas zu verheimlichen“, zieht der Erstklässler seine Stirn kraus.

      Leonie lächelt schwach. „Stimmt. Aber das müssen die anderen doch nicht wissen, oder?“

      „Nein, natürlich nicht“, gibt ihr der Kleine Recht. „Soll ich gehen und etwas später wieder kommen?“

      Leonie überlegt kurz. Im Grunde wäre das wohl das Beste, allerdings ist sie viel zu neugierig auf Matthis Brief. Deshalb denkt sie auch angestrengt nach und reibt sich kurz wie Wickie nachdenklich die Nase. Mit Erfolg.

      „Ich hab's!“, ruft sie nach einer Weile aufgeregt. „Wir nehmen ein Buch und legen den Brief hinein. Falls jemand ins Zimmer kommt, tun wir so, als würde ich mit dir Lesen üben“, beginnt ihr Gesichtchen aufgeregt zu glühen.

      „Genial“, muss Pauli ihr beipflichten. „Für ein Mädchen bist du echt schlau, Leo. Allerdings gibt es noch ein kleines Problem“, gibt der Junge zu bedenken.

      „Was für ein Problem?“, hebt das Mädchen erwartungsvoll seine Augen­brauen.

      „Ich will nicht, dass du verstehst, was du liest, deshalb werde ich dir die Ohren zuhalten, damit du dich nicht verplapperst, falls Kathi uns doch überrascht.“

      „Was?“ Einen Moment lang starrt Leonie den Erstklässler mit offenem Mund an. Gegen ihren Willen spürt sie, wie sich ihre Mundwinkel langsam nach oben ziehen, bis sie schließlich über das ganze Gesicht grinst. Ein einziger Blick in ihre Augen verrät dem Kleinen, dass Leonie offensichtlich etwas ungemein komisch findet, aber so sehr er sich auch bemüht, kann er nichts Lustiges im Zimmer entdecken. Und einen Witz hat er auch nicht erzählt. Allerdings stört es ihn nicht sonderlich, wenn sie lacht, solange sie nur seine Bedingung erfüllt.

      „Ich werde dir beim Lesen die Ohren zu halten, damit du uns nicht verraten kannst, falls Kathi oder sonst wer reinplatzt“, wiederholt Paulchen mit Nachdruck, und seine eindringliche Miene gibt zu verstehen, dass er von seiner Forderung nicht abrücken wird.

      „Von mir aus“, lenkt das Mädchen ein. „Machen wir es so, wie du es sagst“, schmunzelt es, muss sich jedoch innerlich schon ein bisschen über die Einfältigkeit des Kleinen wundern.

      „Setz dich auf diesen Stuhl!“, zeigt der Junge auf ihren Drehsessel, worauf Leo widerspruchslos gehorcht und auf dem Stuhl vor ihr Platz nimmt. Erwartungsvoll beobachtet sie, wie Paulchen ein fein säuberlich gefaltetes Papier aus seiner Tasche zieht, eines ihrer Bücher vom Boden hochhebt und vor ihr auf den Schreibtisch legt.

      „Öffne das Buch!“, ordnet der Junge an, worauf Leo mit schmalen Fingern das Buch aufschlägt, und Paulchen schnell Matthias' Brief drauflegt. Dann tritt er beinahe lautlos hinter sie und hält ihr mit beiden Händen fest die Ohren zu. Irgendwie kommt sich Leonie ziemlich blöd vor. Jetzt wäre wohl der richtige Moment, Pauli über seinen Irrglauben aufzuklären, doch ein Blick auf den Brief lässt ihr schlechtes Gewissen sofort verblassen. Wie von selbst saugen sich ihre Augen an den Zeilen vor ihr fest und sie beginnt wie hypnotisiert zu lesen.

       Liebste Kathi,

       morgens kann ich nichts essen, weil ich an dich denke; mittags kann ich nichts essen, weil ich an dich denke;

       abends kann ich nichts essen, weil ich an dich denke.

       Bitte komm heute um fünf Uhr zum alten Brunnen.

       Ich muss dir etwas geben.

       Dein 4 ever,

       Matthias

      Nachdem Leo den Brief zu Ende gelesen hat, ist es in ihrem Zimmer mucksmäuschenstill. In den Köpfen der beiden Kinder geht es drunter und drüber.

      „Der Matthi ist so ein Schrumpfhirn“, denkt sich der kleine Pauli. Den ganzen Tag isst er nichts, da er immer an Kathi denken muss und nachts kann er bestimmt nicht schlafen, weil er hungrig ist. Aber er hat es ja schon immer gewusst, dass bei seinem ältesten Bruder ein paar Schrauben locker, weshalb er vermutlich auch nicht ganz dicht ist.

      Da Pauli jedoch noch nicht sehr viel Erfahrung mit Liebesbriefen