Ella biss sich auf die Unterlippe, nickte aber schließlich. Was genau konnte sie daran nicht wollen? Es war doch viel praktischer als zu laufen?
Oder hatte sie etwa Angst, bei ihm mitzufahren? Sie kam ihm eigentlich nicht vor wie der Typ übervorsichtiges Frauchen.
"Wenn es dir lieber ist, können wir uns auch im Park treffen", bot er vorsichtshalber an. Er wollte sie nicht einschüchtern.
"Nein, nein, schon okay."
ELLA
Seufzend betrat sie das Haus, nachdem sie Fabio verabschiedet hatte.
"Hey Granny!"
"Hey Liebes, das Essen ist fertig."
Ella lächelte, ging zu ihrer Großmutter und küsste sie auf die Wange. Dann setzten sie sich gemeinsam an den Esstisch.
Granny fragte sie wie jeden Tag nach der Arbeit und nach Fabio. Ella schaute auf ihren Teller und schob das Essen hin und her. Es war irgendwie komisch mit Granny über ihn zu reden. Sie wollte ihn nicht teilen, nicht einmal die kleinsten Informationen über ihn. Das war Quatsch, das war ihr klar, aber an dem Gefühl änderte das nichts.
"Er holt mich morgen früh ab und kommt mit ins Tierheim."
Granny lächelte. "Dann kann ich ihn auch mal sehen."
In Ellas Kopf erschien ein Bild, wie Granny an der Tür stand und Fabio genau inspizierte. Sie würde ihn ausquetschen und Dinge über ihn erfahren, die noch nicht einmal Ella wusste.
"Granny …", setzte sie besorgt an.
"Keine Sorge, Mäuschen. Ich werde am Küchenfenster stehen und mein Frühstück machen, wie jeden Tag. Nicht mehr und nicht weniger."
Ella lächelte sie dankbar an.
Nach dem Essen verzog Ella sich mit einem Buch in ihr Zimmer.
Wirklich aufs Lesen konnte sie sich nicht konzentrieren. Fabio tauchte immer wieder in ihren Gedanken auf. Sie dachte an seine schmalen Lippen, die nun schon zweimal ihre Wange geküsst hatten und jedes Mal dieses angenehme Kribbeln auf ihrer Haut hinterließen.
FABIO
"Guten Morgen, warum bist du denn schon so früh auf?", fragte Sky, als er in die Küche kam.
Ryan schenkte ihm nur ein finsteres Nicken, als hätte er Ryan mit seinem Anblick gerade den Morgen versaut, dann widmete er sich wieder seiner Zeitung.
"Guten Morgen. Ich gehe ins Tierheim."
In Zeitlupe senkte Ryan seine Zeitung. Fabio könnte ihn beruhigen, aber irgendwie fühlte er sich absolut nicht dazu veranlasst.
Sky hielt mit dem Löffel auf halbem Weg zu Marrys Mund inne und sah ein wenig verunsichert zwischen ihm und Ryan hin und her.
"Wir haben hier keine Tiere", sagte Ryan und nahm einen Schluck von seinem Kaffee.
Fabio ließ sich ebenfalls einen aus der Maschine.
"Hab ich mitbekommen." Er genoss es ein klein wenig zu sehr, wie angespannt die beiden waren.
"Wir haben nicht vor, das zu ändern", fuhr Ryan fort.
Fabio ärgerte sich ein wenig darüber, dass er für Sky mitsprach. Sie wohl auch, denn sie funkelte ihn böse an.
"Naja, wir haben darüber gesprochen, ob wir vielleicht einen Hund haben möchten, aber Ryan ist noch nicht davon überzeugt."
Fabio würde sich niemals einen Hund anschaffen. Sie waren viel zu abhängig von einem. Wenn überhaupt würde er eine Katze wollen. Die waren selbstständig. Aber auch um die musste man sich kümmern, sie machten Dreck und brauchten Aufmerksamkeit.
Er wurde von der leisen Diskussion hinter ihm aus seinen Gedanken gerissen.
Mit der Kaffeetasse in der Hand drehte er sich um und beobachtete die beiden.
Zum ersten Mal verspürte er dabei keinen Stich in seinem Herzen.
Er sah einfach nur eine Freundin, die mit ihrem Mann diskutierte, nicht die verlorene Liebe seines Lebens. Vielleicht schaffte er es doch langsam, ein wenig Abstand von allem zu bekommen.
Möglicherweise war es doch gut, sich all dem hier auszusetzen und hautnah zu sehen, wie gut die beiden zusammen passten. Es schien ihm wirklich dabei zu helfen, über alles hinwegzukommen.
"Bevor ihr jetzt einen Streit vom Zaun brecht, ich habe nicht vor, mir ein Tier anzuschaffen. Ich habe nur angeboten, einen Tag dort zu helfen."
Sky zog eine Augenbraue nach oben. "Du bist aber nicht unbedingt der Typ dazu."
Fabio lächelte. Sie kannten sich einfach zu gut. "Ja, ich möchte einer Freundin helfen."
Wenn möglich, wanderte ihre Augenbraue noch höher. "Keiner unserer Freunde arbeitet dort."
Fabio zuckte nur mit den Schultern, leerte seinen Kaffee und ging zur Tür.
"Bis heute Abend!"
Obwohl er fünf Minuten zu früh war, riss Ella in dem Moment die Haustür auf, in dem er am Randstein hielt.
Schade, er hätte sie gern an der Tür abgeholt und einen Blick ins Innere dieses Hauses geworfen.
Sie kam so schnell die Stufen herunter, dass er kaum Zeit hatte auszusteigen.
"Hi. Bleib ruhig sitzen", sagte sie und öffnete sich die Beifahrertür, ehe er um den Wagen herumgehen konnte. Also ließ er sich wieder auf den Sitz gleiten.
"Hey, alles klar bei dir?"
"Ja." Sie lächelte, schnallte sich an und beschrieb ihm dann den Weg, den er fahren musste.
Obwohl das Tierheim nicht allzu weit weg sein konnte, da Ella täglich zu Fuß dorthin lief, kam ihm die Fahrt endlos vor.
"Deswegen laufe ich lieber. Um acht Uhr in Boston Auto zu fahren, ist eine Strafe."
Dann deutete sie auf eine schmale Straße, an deren Ende er bereits das große, weiße Gebäude sehen konnte.
Er parkte den Wagen vor dem Willkommenschild, dann stiegen sie beide aus.
Das Bellen war ohrenbetäubend. "Mein Gott, wie hältst du das aus?", fragte er und zwang sich, nicht die Hände auf die Ohren zu legen.
Ella lachte. "Die sind nicht immer so, aber sie wissen, dass es Fütterungszeit ist. Wahrscheinlich ist schon jemand im Gebäude, den sie gehört haben."
Sie führte ihn zu einer roten Eingangstür und sperrte sie auf.
"Guten Morgen, Alfred. Ich habe heute Unterstützung mitgebracht."
Aus einer Tür, die rechts am Ende des schmalen Ganges abging, kam ein älterer Mann.
"Guten Morgen, Ella, das ist eine schöne Überraschung."
Er kam zu ihnen, während Fabio die Unmengen von Fotos an den Wänden des Ganges ansah. Lauter glücklich wirkende Menschen, die ein oder mehrere Tiere um sich herum versammelt hatten.
Ella stellte ihm Alfred vor und sie schüttelten sich die Hand. "Schön, dass Sie da sind. Ella wird Ihnen zeigen, wie Sie uns zur Hand gehen können."
Dann verschwand er wieder durch die Tür, durch die er gekommen war.
"Dann komm", sagte Ella, nahm ihn bei der Hand und zog ihn hinter sich her.
Es fühlte sich verdammt gut an, ihre Hand in seiner zu spüren. Seine Haut kribbelte. Die Wärme, die ihre Haut ausstrahlte, breitete sich in seinem ganzen Körper aus.
In dem kleinen Personalraum gab sie ihm einen Kittel, den er über seinen Pullover ziehen konnte. Zum ersten Mal sah er Ella ohne die dicke Jacke. Sie war immer noch rundlich, aber es passte zu ihr. Wohlproportionierte Kurven, die sich himmlisch anfühlen mussten.
Sie erklärte ihm, wie die Hunde gefüttert