Eolanee. Michael H. Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael H. Schenk
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847688563
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meisten von ihnen waren zudem, neben den üblichen Köchern mit Farsawurzeln, mit metallenen Schwertern bewaffnet. Auch Hans Gruppe war inzwischen mit solchen Klingen ausgestattet. Sie hatten sie beim Massaker an den mentevischen Soldaten erbeutet. Diese Handvoll Schwerter, Pfeile und Bogen mussten ausreichen, die Eskorte der Oberherrin auszulöschen. Es durften keine Farsas eingesetzt werden, denn die Wunden der getöteten Eskorte mussten so aussehen, als seien Menschen für den Überfall verantwortlich.

      Han-Keltor leckte sich über die aufgesprungenen Lippen.

      Für einen Augenblick war er versucht, seine Wasserflasche zu nehmen. Viel war nicht mehr darin. Sie hatten den Hinterhalt schon vor einer Weile vorbereitet und kein Wasser nachfüllen können. Es wäre ein schlechtes Beispiel für die Männer, wenn ihr Führer seine Flasche als Erster leerte. Er drehte sich missmutig auf den Bauch herum, nahm einen kleinen Stein und schob ihn in den Mund.

      „Die Eskorte der Thaanit ist nur zwanzig Echsenreiter stark. Aber es sind ausgewählte Kämpfer.“ Lutrus nahm sich ebenfalls einen Stein. „Es sind die Besten.“

      „Unsere Männer sind gut und der Hinterhalt sorgfältig angelegt. Wir haben alles bedacht.“

      Der alte Krieger wiegte den Kopf. „Man hat nie alles bedacht. Wird sie dir nicht langweilig?“

      „Was?“

      „Tirana-Valkar. Macht es dir immer noch Spaß, sie zu besteigen?“

      Lutrus war Hans bester Krieger und sein Vertrauter. Kein anderer Mann hätte diese Worte ausgesprochen und sie überlebt. Han sah den Älteren an und lächelte. „Du kennst ihre Schenkel nicht. Zwischen ihnen wird es niemals langweilig.“

      „Kann ich offen sprechen?“

      „Du bist der Einzige, der das kann, das weißt du.“

      „Behalte sie gut im Auge. Sie ist verdammt ehrgeizig und wenn sie erst Thaanit geworden ist, wird sie durch nichts mehr aufgehalten.“

      Han-Keltor zuckte die Schultern. „Auch ich bin ehrgeizig. Und ich werde ihr oberster Kriegsherr sein.“

      „Sei trotzdem vorsichtig. Sie ist nicht nur ehrgeizig, sondern auch ohne Ehre. Du könntest ihr im Wege stehen.“

      Han-Keltor duckte sich tiefer hinter den Kamm des kleinen Hügels. „Sie kommen. Staub an der Biegung des Passes. Das müssen sie sein.“ Er wandte sich den wartenden Kriegern zu und gab das vereinbarte Zeichen.

      Der Pass war eigentlich eine lange Schlucht, die sich in dem riesigen Gebirge entlang zog, welches die Länder der Berengar vom Reich der Menschen trennte. Diese Schlucht folgte dem unsichtbaren Grenzverlauf und war stellenweise mehrere Kilometer breit. Von ihr zweigten ein paar Pfade ab, die in das Land Menteva hinein führten. Diese wenigen Gebirgspässe wurden bewacht. Auf der einen Seite von den Spähern der Berengar und auf der anderen von den Soldaten Mentevas.

      Immer wieder versuchten kleine Trupps der Berengar in das Gebiet des Feindes vorzudringen. Vor allem in der Nacht gelang es hin und wieder, an den Wachen vorbei zu schleichen. Die Soldaten Mentevas versuchten dies zu verhindern, um die wehrlosen Grenzdörfer zu schützen. Sie waren gute und fähige Soldaten, aber keine Bergbewohner. Zwischen Fels und Sand waren sie den Berengar unterlegen, die mit dem Land zu verschmelzen schienen. Han-Keltor war mit einer Handvoll seiner Männer in die Nähe eines Grenzpostens geschlichen und hatte einige der Soldaten zu einer Verfolgung verleiten können. Die Menschen hatten dies mit ihrem Leben bezahlt. Ihre Leiber und Waffen würden Han-Keltor nun behilflich sein, den ersehnten Krieg endlich auszulösen.

      Der Krieg gegen die Menschen war unausweichlich, daran hatte Han keinen Zweifel. Doch die meisten Kriegsherren der Clans zögerten. Keiner ihrer Kampftrupps würde über die Grenze gehen, solange die Thaanit nicht den Befehl dazu gab. Die Blauhand war alleine jedoch zu schwach, den Krieg zu den Menschen zu tragen und die Menschen wiederum waren zu klug, ins Land der Berengar vorzudringen. Für Han und seine verschworene Gruppe stand somit fest, dass die alte Thaanit sterben musste, damit eine neue Thaanit den Krieg befehlen konnte.

      Die Thaanit war die Oberherrin der Berengar. Sie stand den Clans und ihrem Rat vor und entschied über die Geschicke des Volkes. Die Frauen des Rates, des Thaan der Berengar, berieten sie dabei, aber die Thaanit war es, welche die letzte Entscheidung fällte. Sie war eine sehr kluge und sehr alte Frau und sie hatte ihr hohes Alter nur erreicht, da sie auch eine sehr vorsichtige Frau war. Seit die Berengar vereint waren, wurde sie zwar nicht mehr von feindlichen Clans bedroht, doch die Thaanit wusste, dass es Neider gab und die Grenze zum Menschenreich Menteva war relativ nah. So hatte sie bei dieser Reise die übliche Ehreneskorte von zehn Echsenreitern verdoppelt.

      Heset-Barnor war ein erfahrener und kampferprobter Veteran vieler Schlachten und er führte die Eskorte an. Er ritt eine der größten Reitechsen, die man je gesehen hatte und es war ein Männchen mit tiefrotem Kehlsack. Heset-Barnor war während der Reise durch den Pass unruhig gewesen und ständig zwischen Vorhut und Nachhut hin und her getrabt. Die zahllosen Felsen und Klippen waren hervorragende Möglichkeiten für einen Hinterhalt und der oberste Leibwächter der Thaanit entspannte sich merklich, als man sich nun dem Ende der langen Schlucht und dem offenen Gelände näherte.

      Er trieb die Spornstachel in die Flanken seiner Reitechse und ritt neben den Wagen, in dem die Thaanit reiste. Früher hatte die Oberherrin es genossen, selbst auf einer Echse zu reiten, aber die vielen Jahre ihres Lebens hatten von Sareda-Manor ihren Tribut gefordert. Doch obwohl ihr Körper allmählich zu zerfallen begann, waren ihr Verstand und ihr Willen ungebrochen. Sie lag auf den weichen Polstern eines zweirädrigen Wagens, der von zwei Echsen gezogen wurde. Es waren kastrierte Männchen, die auch in der Nähe brünstiger Weibchen nicht unruhig waren und der Oberherrin somit eine ruhige Fahrt garantierten. Der Fahrer auf dem überdachten Bock achtete darauf, dass die Räder des ungefederten Fahrzeugs nicht in tiefe Löcher sackten oder gegen größere Steine stießen. Der Rücken der Oberherrin schmerzte wieder einmal und es war nicht ratsam, ihren Unmut zu erregen.

      „Der Pass öffnet sich, Hohe Thaanit“, sagte Heset-Barnor ehrerbietig. „Freies Gelände liegt vor uns. Das Schlimmste habe wir nun überstanden.“

      „Du meinst die größte Gefahr, Heset-Barnor. Die größte Gefahr.“ Die Stimme Sareda-Manors glich einem heiseren Krächzen. „Aber nicht das Schlimmste. Warte, bis dein Rücken einmal so schmerzt, wie meiner. Dann kann der Tod dir eine Erlösung sein.“

      Der Führer der Leibwächter warf dem Fahrer einen scharfen Blick zu. Aber der Mann tat, was er konnte, um es der Thaanit leichter zu machen. „Wir werden bald freien Sand erreichen. Dann wird der Weg besser.“

      Es war drückend heiß und die Luft schien zu flimmern. Die Männer der Eskorte waren froh, das offene Land zu erreichen, wo sich die Hitze nicht zwischen den Felsen staute. Selbst die Echsen litten, obwohl sie die Wärme der Wüste gewohnt waren.

      Wieder einmal glitten Heset-Barnors Blicke über die Hänge der Schlucht, sogen jede Einzelheit in sich auf. Er sah, wie eine der Reitechsen aus dem Tritt kam und die Formation verließ. Der Kehlsack begann sich intensiver zu färben und die Echse beugte sich ein wenig vor, balancierte ihren Körper mit dem kräftigen Schwanz aus.

      „Verflucht.“ Heset spornte sein eigenes Männchen an. Auch ihm war anzumerken, dass es Witterung aufgenommen hatte, aber Heset hatte sein Rep gut trainiert und es folgte seinem Willen. „Gebt Acht, Männer“, rief er der Vorhut zu. „Hier muss sich ein brünstiges Weibchen herumtreiben.“

      Die Echsen lebten eigentlich in Gruppen, aber es kam vor, dass paarungsbereite Weibchen einzeln umherstreiften um einen Bullen zu suchen und ein neues Rudel zu gründen.

      Das erregte Reptilmännchen in der Vorhut reagierte kaum noch auf die Befehle seines Reiters und verließ die Formation. Es war ein verdammtes Pech, hier draußen auf ein brünstiges Weibchen zu stoßen und doppeltes Pech, dass dieses Rep-Männchen der Eskorte nicht kastriert worden waren.

      Ein anderer Reiter der Vorhut sah, dass sein Gefährte in Schwierigkeiten war. Er scherte ebenfalls aus, um ihm beizustehen und das wild gewordene Männchen zu beruhigen.

      „Haltet die Formation“, brüllte