Die Ei-Geborenen. Michael H. Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael H. Schenk
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847698166
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wie es die Ehre der 7ten Lanzenreiter verlangte.

      „In der letzten Zeit kommen die Walven mit größeren Gruppen“, wandte sich Sonia Malten an den Regimentskommandeur.

      „Kein Wunder, wenn du und deine Streife schon öfter zugeschlagen haben.“

      Die blonde Frau schüttelte den Kopf. „Nein, da steckt etwas anderes dahinter. Wir haben erst mit den Hinterhalten begonnen, nachdem die Bestien immer öfter in der Nähe von Norkam-Reet auftauchten. Das sind keine Kundschafter, die über den Pass kommen, Svenem Jolas. Das sind Trupps, die unsere Streifen schlachten wollen. So können sie uns, Leben um Leben, schwächen.“

      „Du meinst also, die Bestien haben Größeres vor?“

      „Eine normale Streife von uns besteht aus vier Mann. Das wissen die Walven ganz genau. Deshalb ließen sie sich auch zum Angriff provozieren, als ein Teil unserer Gruppe in der Passmitte stand.“ Sie seufzte leise. „Die Burschen sind nicht dumm. Nachdem nun erneut einer ihrer Trupps verschwunden ist, werden sie vorsichtiger werden.“

      Svenem lenkte sein Einhorn dichter an das der blonden Frau. „Ich habe vorhin einmal gesagt, du bist sehr jung für eine Streifenführerin.“ Er sah sie ernst an. „Nun frage ich mich, warum du nicht längst Hauptmann bist und eine Schwadron führen.“

      Sonia Malten lächelte ihn an. „Mit einer Schwadron kann ich mich den Walven nicht auf diese Weise stellen.“

      Ihr Lächeln hatte etwas Beunruhigendes, Raubtierartiges und ließ Svenem frösteln. „Das Töten macht dir Spaß, nicht wahr?“

      „Walven töten?“ Erneut lachte sie auf. „Ja, das macht mir Spaß.“

      „Eine Frau sollte an andere Dinge denken“, brummte Svenem.

      „Solche Dinge wie Kinder und Familie?“ Sonia strich sanft über den Ansatz von Ragos Horn. „Nicht bei den Lanzenreitern, Kommandeur. Nicht, solange es Walven gibt. Aber irgendwann, später einmal… Vielleicht…“

      Svenem warf einen Blick zurück, auf das Einhorn, welches eine leblose Last trug. Für die Lanzenreiterin Monara würde es kein Später geben. Keine Aussicht auf die Gründung einer Familie. Aber vielleicht gab es ein paar Menschen, die der Toten nun die Chance hierzu verdankten.

      Kapitel 4 In der Stadt des Kaisers

      Je weiter sich die Stadt Newam auf der Landseite ausgedehnt hatte und je mehr Bewohner in ihr lebten, desto schwieriger war es geworden, all die Menschen mit Lebensmitteln zu versorgen. Das Problem war durch die zahlreichen Bauernhöfe und Rinderzuchten im Umland gelöst worden. Aber Newam war nicht nur eine Stadt. Es war die Stadt des Kaisers, die Hauptstadt des Imperiums. Ihre Bewohner verlangten nicht nur nach den Dingen, die das Überleben ermöglichten, sondern auch nach jenen, die es verschönten. Es gab eine Unzahl größerer und kleinerer Läden in den Straßen, verteilt auf die Viertel der Stadt, aber der umfangreichste Warenumschlag und Handel erfolgte über die vier großen Märkte. Der im Zentrum war der Größte und Bedeutendste. Eine Unzahl von Waren aus allen Teilen des Imperiums strömte auf den Markt, der nie zu ruhen schien.

      Die Güter wurden auf den Straßen des Imperiums transportiert. Jenen breiten und gepflasterten Straßen, die es den Truppen des Imperators ermöglichten, bei jeder Witterung rasch zu marschieren. Sie waren schon vor Jahrhunderten entstanden und mehrere Generationen hatten an ihnen gebaut. Jede Stadt und jedes Dorf hatte bereitwillig mitgeholfen, den Gewaltakt zu bewältigen. Manchmal waren die quadratischen Steinplatten über Hunderte von Kilometern transportiert worden, eine quälende Arbeit für Mensch und Tier. Man hatte sie auf sich genommen, denn die Menschen behielten die Schlacht von Mintalon in ewiger Erinnerung. Jener blutige Kampf, bei dem die menschlichen Regimenter von den Walven fast vernichtet worden wären. Ein Teil der Truppen hatte, durch den Schlamm eines mehrtägigen Regens behindert, das Schlachtfeld nicht rechtzeitig erreichen können. Die Walven waren damals nur unter hohen Verlusten zurückgeschlagen worden. Keiner der Überlebenden sprach danach von einem Sieg. So waren die Straßen des Imperiums entstanden, die es nun wie steinerne Bänder durchzogen. Wo sie von Wasserläufen unterbrochen wurden, überspannten Brücken die Hindernisse. Gleichgültig, welche Weite überwunden werden musste, die Brücken wurden stets von drei Bogen getragen. Sie symbolisierten die drei Grundelemente des Lebens, Erde, Wasser und Luft.

      Auch das Wasser wurde zum Transport genutzt. Wo die Flüsse sanft dahinglitten, war es leicht, die Waren mit den flachen Booten zu bewegen. Dies geschah mit kleinen Segeln und langen Stangen, die man in den Grund presste, um den flachen Kahn abzustoßen. An gefährlichen Stromschnellen gab es Umschlagplätze, an denen die Fracht entladen und weiter unten, mit anderen Booten, weitertransportiert wurden. Stromaufwärts wurden keine Güter bewegt. Es war mühselig genug, die leeren Kähne gegen den Druck des Wassers zu bewegen. An stabilen Tauen wurden sie dann, durch die Kraft von menschlichen oder tierischen Muskeln, auf Pfaden gezogen, die an einer Seite des Flusses angelegt waren.

      Der Markt von Alt-Newam war ein Zeichen für die Größe und Vielfältigkeit des Imperiums.

      Der riesige Platz diente an besonderen Festtagen den Vorführungen der Schausteller oder der Parade der imperialen Schwadronen und war großzügig angelegt. An den Seiten des Rechtecks ragten hohe Säulen aus blauem Marmor empor. Sie wurden noch von drei weiteren überragt, die in der Mitte des Platzes standen. Von den seitlichen Säulen führten Leinen zu den mittleren hinüber, an denen weiße Tücher zum Sonnenschutz aufgezogen werden konnten. Immer wieder mussten diese Sonnensegel erneuert werden, da der aufsteigende Rauch der zahlreichen Kochstellen des Marktes sie verschmutzte oder die Witterung ihnen zusetzte.

      Die ersten Anzeichen, dass man sich dem Markt von Alt-Newam näherte, waren die vielfältigen Gerüche, und das Gewirr von Stimmen und Geräuschen, die bald ein normales Gespräch unmöglich machten. An den hölzernen Ständen wurden Nahrungsmittel aller Art geboten und oft auch zubereitet. Geflügel, Rinder und Fisch, dazu Getreide und Brot, Salate und Muscheln, Gemüse und Gewürze wurden angeboten. Ebenso Lederwaren und Bekleidung, und die verschiedensten Dinge des täglichen Bedarfes, von den feinen Nähnadeln über Brennholz bis zu Waren, deren Zweck die Verschönerung des Lebens war. Der Handel erstreckte sich über das ganze Imperium und darüber hinaus, bis in das Inselreich der Duragen und das ferne Alaneris. Die hochgeborenen Frauen der vornehmen Häuser schätzten Duftstoffe aus vielfältigen Extrakten, und es gab Skulpturen und Gemälde, mit denen sich ein Heim schmücken ließ.

      Menschen verschiedenen Alters und unterschiedlicher Herkunft bevölkerten den Markt, dazwischen Gruppen von Nutztieren, die zum Verkauf angeboten oder frisch geschlachtet wurden. Während das einfache Volk farbenfrohe Bekleidung schätzte, bevorzugten die Hochgeborenen schlichte Gewänder in einfachen Farben.

      Densen Jolas hatte sich entschlossen, in seiner freien Zeit zum Markt zu gehen. Er hatte die Uniform der imperialen Leibgarde abgelegt und trug eine rote Kniehose und einen mehrfarbigen Wams, wie er im Volk geschätzt wurde. Sein Schwert hatte er zurückgelassen und trug lediglich den schmalen Dolch bei sich, wie er von den meisten Männern und Frauen geführt wurde. Die Klinge war eher Werkzeug, als Waffe, und die Stücke Fleisch, die man damit aufspießte, waren gewürzt und schmackhaft.

      Densen schätzte es, sich unauffällig unter dem Volk bewegen zu können. Das imperiale Wappen der Uniform hätte für Aufmerksamkeit gesorgt. Natürlich gab es Männer und Frauen in der Bekleidung der imperialen Truppe auf dem Markt. Die meisten nutzten ihre Freizeit, um kleine Besorgungen zu erledigen, andere trugen ihre Waffen sichtbar zur Schau. Sie waren ohne Harnisch, aber mit Helm, an dessen imperialem Wappenschild eine aufragende schwarze Feder befestigt war. Diese Männer und Frauen waren, dank der hohen Feder, auch in der Menge leicht zu entdecken. Man nannte sie im einfachen Volk „Federträger“. Sie achteten im Namen des Kaisers darauf, dass alles seine Ordnung hatte, und bei jedem Handel der Anteil von Imperator und Senat beglichen wurde. Gelegentlich mussten die Federträger einen Streit schlichten, vor allem am späten Abend, wenn die Schenken sich zu leeren begannen. Sehr viel seltener mussten sie einschreiten, weil ein Dieb sich am Eigentum eines anderen vergriffen hatte.

      Der Wohlstand des Volkes war nicht gleichmäßig verteilt. Ein Dorf zu gründen,