1999, also mit deutlichem zeitlichen Verzug zu anderen europäischen Staaten wurde die Tonnagesteuer in Deutschland eingeführt und die niederländische Tonnagesteuerregelung als Vorbild genommen, wie von zahlreichen anderen Ländern auch.
Im internationalen Vergleich der Subventionen für die Schifffahrt bewegt sich Deutschland im oberen Segment, auch wenn deutsche Schiffseigner da anderer Ansicht sind und uns jeden Tag neu zu suggerieren versuchen, dass sie wirtschaftlich unterlegen und konkurrenzlos sind. Was für Schifffahrtsgesellschaften bedingt sogar zutrifft, aber eben nur für die Schifffahrtsgesellschaften. Deren Eigner/ Besitzer haben sich in den Boomzeiten schon längst saniert, Kapital aus den Unternehmen gezogen und ihre Schäfchen im Trockenen und müssen wirklich nicht die Hamburger Tafel mit ihrer Anwesenheit beehren oder HARTZ IV Anträge auf ihren Schreibtischen bearbeiten. Ihre Unternehmensformen haben sie so aufgebaut, dass sie nur minimal persönlich in Haftung genommen werden können. Wie begehrt deutsche Schifffahrtsförderung ist, lässt sich daran erkennen, dass ausländische Schifffahrtsunternehmen ernsthaft Ansiedlungen ihrer Unternehmen in Deutschland in Betracht zogen, um von diesen Förderrichtlinien zu profitieren. Es kann also nicht so niederschmetternd um die deutsche Schifffahrtsförderung bestellt sein, wie von Vertretern der Schiffseigner behauptet. Besonders die deutsche Tonnagesteuer scheint ein wesentlicher Aspekt solcher Gedankenspiele zu sein.
Und diese ist tatsächlich ein Sahnebonbon im internationalen Tonnagesteuermarkt, weil es explizit für die deutsche Tonnagesteuerregelung keine Bindung an die deutsche Flagge gibt, nur an das internationale deutsche Schiffsregister. In anderen europäischen Ländern gibt es da wesentlich strengere Kriterien, die auch eine Flaggenbindung beinhalten.
Wie aus der vorhergehenden Aufzählung der deutschen Tonnagesteuerkriterien ersichtlich wird, ist die Führung der deutschen Flagge nicht zwingend vorgeschrieben. Lediglich die Registrierung im internationalen deutschen Register (ISR) ist ein Muss und natürlich die Erfüllung der anderen genannten Kriterien. Und die Registrierung ist gegeben, auch wenn Schiffe in der sogenannten Bareboat Charter unter einer ausländischen Flagge in der internationalen Fahrt eingesetzt werden. Es ist also für Schiffseigner möglich jedes Schiff unter einer anderen Flagge zu betreiben, als der deutschen.
Tonnagesteuerregime / Subventionssysteme in der internationalen Seeschifffahrt
Eine kurze Übersicht soll den Zweck von Tonnagesteuerregimen und Subventionssystemen der Flaggenstaaten erläutern:
Die pauschalierte Gewinnermittlung in der Seeschifffahrt (bezeichnet als Tonnagesteuer/ im englischen (Tonnage Tax) dient dem Zweck Investments in der nationalen Schifffahrt zu stimulieren. Aus diesem Grund heraus gibt es eine ganze Reihe von Staaten, die als Flaggenstaaten in der internationalen Seeschifffahrt fungieren, die dieses Instrument wirtschaftlicher Stimulierung in ihre nationalen Förderkataloge aufgenommen haben. Außerdem gibt es noch weitere wirtschaftliche Stimulationsformen in Form besonderer staatlicher Subventionen, die speziell in Europa anzutreffen sind und die trotz Inanspruchnahme der Tonnagesteuer gewährt werden, z.B.
die Senkung von Lohnnebenkosten der Schiffseigner im Rahmen von nationalen Direktzahlungen
(Finanzhilfen), z.B. Deutschland
den Lohnsteuereinbehalt durch Schiffseigner auf die Lohnsteuer der Seeleute, dabei variieren die
prozentualen Anteile in den jeweiligen Staaten, z.B. Deutschland/ Niederlande u.a.
Befreiung von Versicherungssteuern für Schiffserlöspools
Zusätzliche Anreize für die Schifffahrtsindustrie, sogenannte Shipping incentives (Schifffahrtsanreize), z.B. Fördergelder, Steuererleichterungen, Steuererlässe, Lohnsteuereinbehalt sollen jene Schifffahrtsunternehmen, die nicht die Tonnagesteuer (Tonnage Tax) in Anspruch nehmen, mittels anderer aufgeführter Förderformen unterstützen, mit dem Ziel der Verringerung der Last der Unternehmenseinkommenssteuer (Corporate Income Tax – CIT), Beschränkung der Unternehmenseinkommensteuer bis hin zu vollkommener Steuerbefreiung. Die dafür genutzten Steuer- bzw. Finanzinstrumente variieren in den jeweiligen Staaten in ihrem Umfang und ihrer Effektivität.
Einige Staaten bieten keine speziellen Subventionen für deren Schifffahrtsindustrie an. An deren Stelle erlauben die Steuergesetze besondere Regelungen (als favourable tax regime bezeichnet). Schifffahrtsunternehmen, die in diesen Ländern registriert sind (incorporated) unterliegen mit ihrem weltweiten Einkommen der Steuerpflicht (meistens um die 25 %). Das trifft auch für Schifffahrtsunternehmen zu, die nicht in diesen Ländern ansässig sind. Wenn allerdings in diesen Ländern Schifffahrtsunternehmen als sogenannte „International Business Corporation (IBC)“ oder „International Society with Restricted Liability“ registriert/ lizensiert sind, dann sind sie von allen Steuerzahlungen ausgenommen, solange sie ihre Geschäfte als Einzelpersonen und Unternehmen tätigen, die nicht in diesen Staaten ansässig sind. Auch hier gibt es nationale Unterschiede, die sich aber nur geringfügig unterscheiden (z.B. Isle of Man, Antigua & Barbuda, Barbados, Bahamas, Bermudas, Estland, Santa Lucia, Südafrika)
Allen wirtschaftsstimulierenden Maßnahmen ist gemeinsam, dass sie dem Ziel dienen sollen, Schifffahrtsunternehmen und Schiffsmanagementgesellschaften der jeweiligen nationalen Flaggenstaaten aber auch ausländische Gesellschaften finanziell zu entlasteten, zu fördern und steuerlich besser zu stellen, als andere Wirtschaftsbereiche. Was dazu beiträgt, dass die Seeschifffahrt erhebliche Kostensenkungen dadurch erfährt. Allein aus den unterschiedlichsten Förderkriterien und der Förderpraxis der verschiedenen Flaggenstaaten wird ersichtlich, dass hier ein Wettbewerb der Fördersysteme in der Schifffahrt dominiert. Mit wirtschaftlichem Wettbewerb hat das nichts mehr zu tun. Und auf den rein wirtschaftlichen Wettbewerb bezogen, ist es eher selbstzerstörerisch als förderlich.
Das erklärt auch, warum besonders die europäischen Staaten, einschließlich Deutschland gerade bei den Personalkosten erheblich unter Druck gesetzt sind, aufgrund geltender europäischer tariflicher Sozialstandards, die es so in Asien nicht gibt und Heuerdumping somit zum Schifffahrtsunternehmenssport ausufern lassen mit den bekannten Ergebnissen. Dabei wird jedoch bewusst verschwiegen, dass erhebliche Finanzielle Beihilfen durch die Bundesregierung bereitgestellt werden, um diesen Wettbewerbsnachteil weitgehend zu kompensieren. Was allerdings nicht gesagt wird, ist, dass Ausbildungsstandard und Arbeitseffizienz europäischer Seeleute anhand von glaubwürdigen Studien nachgewiesener Maßen höher sind, als die asiatischer Besatzungen. Verwundert ist der Autor darüber allerdings nicht, die eigenen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte in der Seefahrt in der Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Nationen bestätigen das nur.
PriceWaterhouseCoopers International Ltd. (PwC) hat in einer Dokumentation als Empfehlung für Schiffseigner/ Schifffahrtsgesellschaften mit dem Namen: „Choosing your course – Corporate taxation of the shipping industry around the globe“ (März 2015) eine interessante vergleichende Gegenüberstellung der verschiedenen Förderprogramme und Steuerrichtlinien von Flaggenstaaten veröffentlicht. Es handelt sich hierbei um eine Empfehlung für Schifffahrtsunternehmen und erhebt keinen Anspruch auf beratungsrelevante Inhalte, dient also rein informellen Aussagen. Sie ist jedoch sehr empfehlenswert zu lesen, weil zum einen relativ aktuell, vom März 2015, zum anderen detaillierte Informationen der verschiedenen Fördersysteme für jeden Interessenten verständlich erläutert werden. In der nachfolgenden Übersicht werden die Förderregime der Flaggenstaaten ersichtlich, allerdings vermisst der Autor für Deutschland die Aufführung von Shipping incentives (Finanzhilfen zur Lohnnebenkostensenkung/ Lohnsteuereinbehalt/ Ausbildungsförderung):
Key shipping countries and their respective tax regimes
Country Tax regime
Antigua and Barbuda Favourable tax regime
Barbados Favourable tax regime
Belgium Tonnage tax – Dutch model
Bermuda