Doch Keno konnte nichts mehr sagen. Er stand kurz vor einer Ohnmacht. George mochte es sich kaum eingestehen, doch musste er jetzt aufhören, falls er Cat keinen Kreislaufkollaps zumuten wollte. Wütend warf er die Peitsche mit den bluttriefenden Enden in eine Ecke und rief das Wachpersonal zu sich.
Mit angewidert verzogenen Gesichtern und schnüffelnden Nasen betraten zwei schwarzgekleidete Typen das Kellerverlies. Hier war die Luft ohnehin schon muffig und kühl. Nach dieser langen Session stank es zusätzlich noch nach Schweiß, Sex und Kupfer. Als sie Keno am Kreuz hängen sahen, wussten sie auch, woher der Kupfergeruch stammte.
Er hat ihn blutig gepeitscht, dieser Bastard, dachte einer von ihnen. Jetzt müssen wir den Typen wochenlang pflegen. So eine Sauerei zu veranstalten!
Beide Wachleute hatten schon viel gesehen in ihrem Job und waren darauf trainiert, alles mit gleichgültiger Mine zu akzeptieren. Doch einen der Sklaven so zuzurichten – ganz alleine – das hatten selbst sie noch nicht erlebt.
Sie lösten Keno’s Ketten und fingen ihn auf, als er zu Boden sackte. Der größere der Beiden nahm ihn auf die Arme und trug ihn aus dem Verlies. Keno konnte keinen einzigen Schritt mehr laufen – auch nicht mit Unterstützung von beiden Seiten.
„Bringt ihn auf sein Zimmer und lasst seine Wunden behandeln. Später will ich mit dem Chef bei ihm vorbei schauen, klar?!“
„Ja, Sir!“, kam es gepresst über ihre Lippen. Ja, Arschloch, dachten beide im Chor, ohne es vom jeweils anderen zu wissen. Keno wimmerte leise, weil die Arme seines Trägers an seiner zerschnittenen Rückseite scheuerten.
„Schsch“, versuchte dieser ihn zu beruhigen, als sie durch die Gänge eilten. „Alles o. k., Kumpel. Du bekommst gleich eine Spritze, dann merkst du erst mal nichts mehr.“
Tränen rannen Keno aus den Augenwinkeln. Er schien nur noch aus Schmerz zu bestehen. Scharf, durchdringend, alle anderen Wahrnehmungen ausschaltend. Wenn er die Kraft und die Gelegenheit gehabt hätte, hätte er seinem Leben auf der Stelle ein Ende bereitet. Und das nicht nur wegen seiner bis auf die Knochen beißenden Qual, sondern auch, weil er sich zu Tode schämte. George hatte ihn dermaßen rücksichtslos benutzt und missbraucht. Bei dem Gedanken daran schrie seine Seele um Hilfe. Würde er sich jemals wieder beim Sex einfach „geben“ können? Oder würde er für immer George Garlands Stöhnen, Schnaufen und Keuchen dabei hören? Würde er ihn riechen und fühlen, wie er ihn aufriss – rücksichtslos und lachend? Dieser perverse Wahnsinnige! Er hatte zerstört, was bisher so schön war und so intim. Eine Sache, die nur Cat und John vorbehalten sein sollte.
Doch wenigstens hatte Keno nicht nachgegeben. Er konnte es einfach nicht! Lieber wäre er gestorben, als diesem kranken Bastard zu sagen, er würde ihn lieben. Ein teuer bezahlter Sieg.
Eine Stunde später lag Keno auf seinem Bett. Starke Schmerzmittel hatten ihn sozusagen in Watte gepackt. Ein unglaublich erleichtertes „Danke“ entwich seinen Lippen, als die Wirkung der Drogen einsetzte. Er lag auf dem Bauch, die Arme abgewinkelt, seine Wange auf eine Hand gelegt. Sein ganzer Rücken wurde desinfiziert und mit Heilsalben behandelt. Seine aufgerissenen Muskeln am After wurden mit Wundkleber behandelt. Die Schmerzen an dieser Stelle waren die schlimmsten. Er könnte bleibende Narben davon tragen. Das hatte ihm die hauseigene Krankenschwester bereits – ziemlich gleichmütig – mitgeteilt. Das müsse sich aber noch ein Arzt genauer ansehen.
Keno konnte seine Tränen nicht mehr kontrollieren. Sie liefen einfach. Ob er wollte oder nicht. Als wäre eine Schleuse geöffnet worden, die nicht mehr zu schließen war. Das Thai-Mädchen saß mit schockgeweiteten Augen neben ihm auf dem Bett und streichelte ununterbrochen seinen Kopf. Das tat ihm wirklich gut.
Dann öffnete sich die Zimmertüre und wie auf einen geheimen Befehl entfernten sich alle um ihn herum. Keno versuchte, so gut es ging, den Kopf zu heben, um zu sehen, wer sich ihm näherte. Die Chefin stellte sich neben ihn und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht.
„Warum hörst du nicht auf mich“, sprach sie leise zu ihm. „Du bist wirklich dumm! Jetzt wird er unter allen Umständen versuchen, deinen Willen zu brechen!“
Keno blickte zu ihr hoch. „Das wird er nie schaffen“, flüsterte er entschlossen.
Sie schüttelte langsam den Kopf und seufzte. „Das Tal der Hölle scheint dir zu gefallen. Begreifst du nicht, dass das erst der Anfang war? – Wir kriegen dich klein, verlass dich drauf!“
Hatte sie gerade „Wir“ gesagt? Na klar! Warum sollte er auch nur einem dieser kranken Hirne vertrauen? Keno drehte enttäuscht seinen Kopf von ihr weg. Die Chefin schnalzte noch einmal voller Unmut mit der Zunge und verließ schnell das Zimmer.
Keine zehn Minuten später öffnete sich erneut die Zimmertüre. Keno wusste sofort, dass George den Raum betrat. Er konnte ihn riechen; erkannte sofort sein Rasierwasser. Und noch jemand war mit dabei. Ein älterer dicker Mann mit spärlichem Haarkranz und gerötetem Gesicht. Er schnaufte leicht vor Anstrengung und Übergewicht. Beide traten an die gleiche Seite des Bettes. George packte Keno ruppig in die Haare und drehte seinen Kopf zu sich herum.
„Sieh‘ uns gefälligst an, Sklave, wenn wir den Raum betreten!“, fauchte er auf Keno herab. Ganz klar: George Garland war immer noch wütend.
„Das ist er also!“, brummte der dicke Mann und sein Blick fuhr langsam über Keno’s gesamten geschundenen Körper.
„Du hast ihn ja nicht gerade geschont, George! Ich sag dir ganz offen: wir behandeln unsere Sklaven hier pfleglicher. Natürlich sind sie nicht freiwillig hier und benehmen sich auch öfters mal dementsprechend, so dass wir sie dann maßregeln müssen. Doch ihre Haltung ist teuer und sie sind schwer zu beschaffen. Daher ist es unverantwortlich, was du gemacht hast!“
Der Mann wies vorwurfsvoll mit einer Hand auf Keno. „Er ist exquisit! Und du hast ihn halb tot geprügelt. Ich werde das kein zweites Mal in unserem Haus dulden, George. Das muss dir klar sein!“
Seine Stimme hörte sich befehlsgewohnt an und nach dem, was er vortrug, wusste Keno, dass dies der „Chef“ sein musste. Und auf einmal war George ziemlich kleinlaut.
„Ich entschuldige mich, Edward. Ich weiß auch nicht was in mich gefahren ist.“ Er seufzte wie ein Vater, der versuchte zu erklären, warum er seinem Sohn eine gescheuert hatte. Nämlich, weil er immer so frech und unverschämt war.
„Er hat sich dermaßen widersetzt und mich dadurch gereizt. Normalerweise stehe ich über solchen Provokationen, doch bei ihm …“ Er zuckte mit den Schultern. „Er macht mich einfach wahnsinnig.“
Edward nickte verständnisvoll. „Ich verstehe … nun, George, wir werden ihn eine Weile pflegen müssen. Das hast du jetzt von deinem Übermut.“
Er beugte sich über Keno’s Hintern und drückte ganz leicht dessen Arschbacken auseinander. Er tat dies mit einer Vorsicht, die Keno diesen wulstigen Fingern nie zugetraut hätte.
Der Chef schnalzte seinen Unmut heraus. „Was hast du ihm reingerammt, dass er dermaßen aufgerissen ist?!! Das wird natürlich noch mehr Zeit in Anspruch nehmen, bis man ihn wieder benutzen kann.“
Keno hätte kotzen können bei diesem Dialog. Sie redeten tatsächlich über ihn, als wäre er ein Gegenstand. Ein Sklave eben, dachte er deprimiert. Und Tränen rannen ununterbrochen aus seinen Augen.
„Ich werde ihm zusätzlich Beruhigungsmittel geben.“, grübelte Edward vor sich hin.
„Wieso das denn?“, fragte George erstaunt.
Der Dicke verzog genervt den Mund. „Also wirklich, George!! Sieh ihn dir doch mal an!! Er weint die ganze Zeit über, während wir neben ihm stehen. Bevor du einen Sklaven so schikanierst, solltest du erst einmal lernen, was es bedeutet, dermaßen große Schmerzen und Demütigungen zu ertragen! Ich führe dich gerne in die Feinheiten ein.“
George starrte auf Keno herab. Ihm wurde immer bewusster, was er eigentlich angerichtet hatte. Seine verdammte Sturheit hatte ihm ein Bein gestellt. Ihm tat das Herz weh. Keno war selbst jetzt in seinem Leid