7 Monate Herbstgefühle. Anke-Larissa Ahlgrimm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anke-Larissa Ahlgrimm
Издательство: Bookwire
Серия: Glückszahl 7
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742730060
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Stiefmutter‘ beinahe ihre Stiefkinder umbrachte. Etwas, dass ich sicherlich nicht vorhatte mit Lilac.

      „Ich will keine Stiefmutter sein“, sagte ich immer noch mit gerunzelter Stirn. Pam rollte mit den Augen. Verständlich, schließlich war ich es mehr oder weniger. Naja, falls ich Haven jemals heiraten sollte.

      „Aber du wolltest ja auch keine Mutter sein, richtig?“ Pam warf mir einen prüfenden Blick zu. Meine Augen wanderten zu meinen Fingern, die gerade dabei waren mit dem Reißverschluss meiner Jacke zu spielen.

      Ich hatte nicht gewusst, dass Haven seiner Freundin davon erzählt hatte. Ich dachte, es wäre etwas Persönliches zwischen ihm und mir gewesen. Ich hatte mich wohl getäuscht. Vielleicht sollte ich auch herumlaufen und jedem erzählen, dass Lilac nicht Havens leibliche Tochter war. Vielleicht sollte ich es nicht tun, nur um ihm zu zeigen, dass ich die Klügere war.

      „Ich habe meine Gründe, Pam“, brachte ich schließlich heraus und sah sie kopfschüttelnd an. Hoffentlich bemerkte sie nun, dass dies ein Thema war, über das ich nicht sprach – schon gar nicht mit ihr.

      ∞

      [15. September, 2016]

      „Daddy, kann ich meinen Wollpulli mitnehmen? Den Blauen mit dem Delfin drauf?“, fragte Lilac aufgeregt und hüpfte auf unserem Bett auf und ab. Wenn sie die Matratze weiterhin so quälte, würde unser Koffer noch herunterfallen – oder schlimmer: der Koffer und Lilac würden fallen.

      Haven rollte mit den Augen und warf mir einen amüsierten Blick zu. „Darling, wir verbringen das Wochenende in England, nicht der Antarktis.“ Abrupt blieb Lilac auf dem Bett stehen und ließ ihre Schultern hängen.

      „Ich darf ihn nicht mitnehmen?“ Sie sah Haven mit traurigen Augen an und ich musste mir ein Lachen verkneifen, da ihre Manipulation für mich sehr offensichtlich war.

      „Mach was du willst“, seufzte Haven und keine Sekunde später sprang Lilac von der Matratze, um in ihr Zimmer zu ihrem eigenen Koffer zu rennen. Mein Freund schüttelte stumm den Kopf und faltete selbst einen dünnen Pullover zusammen. Kichernd drückte ich ihm einen Kuss auf die Wange. „Ich habe das Gefühl, dass dies ein langes Wochenende wird.“ Das hatte ich auch. Aber nicht, weil Lilac ihre gesamte Wintergarderobe einpacken würde. Der Grund nannte sich meine Mutter. Es war nämlich so: Diese Woche hatte meine kurze Urlaubszeit begonnen. Eigentlich war geplant gewesen, dass ich eine Woche bei meiner Familie in England verbrachte, doch das ging leider nicht. Lilac hatte schließlich innerhalb der Woche Schule und Haven wollte unbedingt ebenfalls seine Mutter besuchen. Ich konnte es ihm nicht verdenken und schon gar nicht verbieten. Also machten wir uns ein schönes Wochenende. Morgen – am Freitag – würde unser Flieger gegen sieben Uhr abends gehen, sodass wir morgens in England ankamen. Lilac war wohl am meisten aufgeregt. Sie freute sich auf England, auf ihre Großmutter und – was für mich eher irritierend war – auch auf meine Familie. Sie wollte sie endlich richtig kennenlernen und wollte herausfinden, ob meine Mutter genauso gut kochen konnte wie Havens. Das konnte sie wirklich, aber ob sie das Lilac zeigen würde, war wohl eine andere Sache.

      „Also darf ich meine Wollpullis auch nicht mitnehmen?“, neckte ich Haven grinsend. Kopfschüttelnd zog der Lockenkopf mich an sich und pikste mir in die Hüfte. Er wusste genau, dass ich dort kitzelig war. Deswegen schlug ich auch seine Finger von mir und drückte ihm stattdessen einen Kuss auf die Lippen.

      „Sonntag soll der letzte warme Tag in England werden“, erklärte Haven ruhig, nachdem sich unsere Lippen wieder getrennt hatten. Nachdenklich runzelte ich meine Stirn.

      „Warm im Sinne von Badewetter?“

      „Laut Mum schon.“ Haven zuckte mit den Achseln und fuhr damit fort unseren Koffer zu befüllen. Ich hingegen kramte nun in meinem Kleiderschrank nach meinem Badeanzug. Es würde ja nicht schaden, wenn ich ihn einpackte – auch wenn wir eventuell nicht schwimmen gehen würden.

      „Hast du die Zahnbürsten schon eingepackt?“, fragte ich, nachdem ich den hellblauen Badeanzug unter einem BH hervorgezogen hatte. Haven sah mich mit gerunzelter Stirn an, bevor er schmunzelnd den Kopf schüttelte.

      „Bee, wir müssen uns nochmal die Zähne putzen, da kann ich sie ja noch nicht eingepackt haben.“

      „Oh“, machte ich lachend und schlug mir in Gedanken gegen die Stirn. Manchmal wäre es wirklich von Vorteil, wenn ich mein Gehirn benutzen würde. „Naja, aber vergessen dürfen wir es trotzdem nicht.“

      Leise lachte Haven und schlang von hinten seine Arme um mich. „Ich freue mich so auf unseren kleinen Trip.“ Ich stieß ein sanftes Seufzen aus und lehnte mich an Havens Brust. Ich spürte, wie er mir einen Kuss auf den Kopf drückte und dann seine Nase in meinem Haar vergrub.

      „Ich auch“, murmelte ich. „Aber ich habe irgendwie Angst vor der Reaktion meiner Familie, verstehst du?“

      Haven summte leise und festigte seinen Griff um mich. „Ich glaube nicht, dass deine Brüder dich anders behandeln, nur weil wir beide ein Paar sind.“

      „Nein.“ Lachend schüttelte ich meinen Kopf und drehte mich in Havens Armen, sodass ich ihm in die grünen Augen schauen konnte. „Ich mache mir eher Sorgen wegen Maman.“

      Haven verzog erst sein Gesicht und sah dann nachdenklich auf den Boden. Ich konnte auch ihm ansehen, dass er sich nicht wirklich auf die Begegnung mit meiner Mutter freute. „Dieses Mal haben wir die Oberhand, Rubie.“

      „Wir haben die Oberhand?“

      „Wir wissen die Wahrheit. Wir wissen, was sie getan hat und wir wissen, was wir falsch gemacht haben. Wir lieben uns und das kann sie uns nicht wegnehmen.“ Ich hob meine Hand, um Haven über das Gesicht zu streichen. Seine Haut fühlte sich unter meinen Fingern an wie Samt.

      „Maman wird einen Schock bekommen“, schmunzelte ich fast schon schadenfroh und spielte mit einer Locke, die Haven ins Gesicht gefallen war. „Es sei denn deine Mutter hat uns verraten?“

      „Das würde sie nie.“ Haven schüttelte fest seinen Kopf. Ich lächelte sanft und küsste seine Wange. Ich hatte mir schon immer gewünscht die Beziehung zu meiner Mutter wäre so wundervoll wie die von Haven und Marie. Die beiden verstanden sich ohne Worte und Marie wusste immer, wann Haven sein Ding machen musste und ließ ihn dementsprechend in Ruhe. Außerdem war sie in Freudentränen ausgebrochen, als sie erfahren hatte, dass Haven und ich endlich zusammengefunden hatten.

      Bevor ich noch etwas zu Haven sagen konnte, stand auch Lilac wieder im Türrahmen und sah uns mit schiefgelegtem Kopf an. Ich musste mir ein Lachen verkneifen, da sie mit diesem Blick ein wenig aussah, wie ein verlorener Welpe.

      „Ihr sollt packen und nicht kuscheln“, sagte sie streng und stemmte ihre Hände in die Hüfte. Sofort löste sich von Haven von mir, jedoch nicht um Lilas Worten zu folgen, sondern um seine Tochter durch die Wohnung zu jagen. Lachend beobachtete ich die Jagd, während die kleine Stimme in meinem Kopf sich fragte, wie ich nur so etwas verdient hatte. Mein Leben war zu keinem Zeitpunkt einfach gewesen, aber zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass dies in Ordnung war. Vielleicht brauchte ich ein konstantes Chaos und vielleicht sollte Lilac dieses Chaos verursachen.

      VII

      [17. September, 2016]

      Ich war die Letzte, die Marie in eine feste Umarmung zog, was nicht hieß, dass sie nicht minder herzlich war. Sofort fiel mir eine Last von den Schultern, die ich nicht einmal bemerkt hatte, und ich drückte mich an Havens Mutter. Ihr lieblicher Geruch, der so sehr dem von Haven ähnelte, stieg mir in die Nase und ich fühlte mich automatisch wohl. Diesen Effekt hatte Marie schon immer auf mich gehabt.

      „Du bist so groß geworden“, stellte Marie lachend fest und strich mir liebevoll über die Wange. „Und so hübsch. Ich hab dich ja jetzt seit Jahren nicht mehr richtig gesehen.“

      „Es ist schön wieder hier zu sein“, lächelte ich. Marie sah noch genauso aus wie früher. Es waren zwar ein paar Lachfältchen mehr dazu gekommen, aber Haven sah ihr immer noch so ähnlich, wie er es als Kind getan hatte.