7 Monate Herbstgefühle. Anke-Larissa Ahlgrimm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anke-Larissa Ahlgrimm
Издательство: Bookwire
Серия: Glückszahl 7
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742730060
Скачать книгу
möchtest du essen, minette?“, fragte ich eine viertel Stunde später, kurz nachdem Haven die Wohnung verlassen hatte. Lilac, die mit ihrem Kopf auf den Handflächen gestützt am Esstisch saß und mich beobachtete, zuckte mit den Achseln. „Nudeln?“

      „Makkaroni mit Käse?“, fragte das Mädchen zurück und ich verzog nachdenklich mein Gesicht. Da ich mich eher im Backbereich auskannte, war ich mir nicht sicher, ob ich wusste, wie man das Gericht machte. „Ich weiß, wie’s geht.“

      „Gut.“ Lachend winkte ich Havens Tochter zu mir und ließ sie auf die Küchenanrichte klettern. Ich holte alle nötigen Zutaten heraus, wobei ich dabei noch keine Hilfe brauchte. Erst danach diktierte mir Lilac das Rezept und sah mir penibel auf die Finger. Innerhalb einer halben Stunde hatte ich uns ein Abendessen gezaubert und es musste nur noch von Lilac abgeschmeckt werden.

      „Pusten“, befahl sie kichernd und ich beugte mich vor, um auf den Löffel zu pusten. Sobald es Lilac lange genug war, nahm sie mir das Besteck aus der Hand und steckte es sich in den Mund. Gespielt ängstlich betrachtete ich Lilac, während sie kaute, und stieß bei ihrem bösen Blick ein leises Wimmern aus.

      „Und?“ Die Hoffnung konnte ich nicht aus meiner Stimme verbannen. Auf Lilacs Gesicht breitete sich ein breites Lächeln aus und sie beugte sich vor, um mir einen Kuss auf die Wange zu drücken. „Besser als Havens?“

      Lachend schüttelte sie ihren Kopf. „Daddy kocht am besten, aber du bist ganz knapp auf dem zweiten Platz mit Granny.“

      Schmunzelnd küsste ich Lilacs Schläfe und tat uns jeweils eine Portion in zwei Schalen. „Das genügt mir.“

      ∞

      [6. September, 2016]

      Viele Patienten beschwerten sich über das Essen im Krankenhaus. Und wenn ich viele sagte, meinte ich fast alle. Das Amüsante war, dass dies nur für das Essen galt, das an die Betten gebracht wurde. In der Cafeteria schmeckte es wundervoll. Deswegen holte ich mir in meinen Pausen auch immer dort etwas– oder am Automaten, wenn es schnell gehen musste.

      Ich hatte mir gerade ein Schinken-Käse-Sandwich gekauft und war dabei es im Gehen zu verzehren, als sich ein Idiot im Arztkittel in meinen Weg stellte.

      „Rubie.“ Sein Tonfall war harsch und wenn ich heute nicht so tiefenentspannt wäre, hätte ich mich bestimmt gewundert. Stattdessen biss ich herzhaft in mein Mittagessen.

      „Leo?“, fragte ich schließlich, nachdem ich auch die letzten Reste heruntergeschluckt hatte. Der Braunhaarige verschränkte seine Arme vor der Brust und sah mich mit zusammengekniffenen Augen an.

      „Ist Marina Summer deine Patientin?“

      Ich runzelte verwirrt meine Stirn. „Das ist sie, ja.“

      „Falsch“, erwiderte Leo wie aus der Pistole geschossen. „Sie ist meine Patientin.“

      „Du bist Anfänger. Darfst du die Patienten überhaupt schon anfassen?“ Spottend zog ich eine Augenbraue hoch und verschränkte ebenfalls meine Arme vor meiner Brust, wobei ich immer noch auf mein Sandwich achten musste.

      „Natürlich, du -“, setzte Leo wütend an, riss sich dann aber zusammen und fing von neuem an. „Dr. Williamson hat mich für sie verantwortlich gemacht und was sehe ich, als ich gerade ihre Werte gecheckt habe?“

      „Dass sie putzmunter ist und bestimmt bald operiert werden kann?“, schlug ich vor, doch Leos Blick war eigentlich Antwort genug. Er hatte seine Augen wieder zusammengekniffen, auf seiner Stirn bildeten sich winzige Falten und im Großen und Ganzen sah er aus, wie ein wütender Chihuahua – also nicht sehr angsteinflößend.

      „Du hast die Dosis ihrer Schmerzmittel erhöht, Cooper!“

      „Das ist zwar nicht mein Nachname, aber du hast Recht.“

      Leo hielt für einen Moment inne, bevor er langsam weitersprach. „Und warum zum Teufel?“

      „Vielleicht weil sie Schmerzen hatte?“, antwortete ich sachlich und warf Leo einen Blick zu, als ob er ein Irrer war. Warum machte er so einen Aufstand? Dann hatte ich eben Marina ein bisschen mehr Schmerzmittel als sonst gegeben. Ihre Operation war noch nicht geplant, also war das kein Problem. „Was machen diese paar Milligramm denn aus?“

      Leo knirschte leise mit den Zähnen. Er wusste, ich hatte Recht – zumindest hoffte ich dies.

      „Hör zu, ich verstehe, es hat deinen Stolz angeknackst. Das nächste Mal, wenn du jemanden in der Pädiatrie behandelst, sage ich dir Bescheid“, sagte ich, nachdem Leo für eine weitere Minute geschwiegen und mich böse angestarrt hatte. Ich hatte mich damit irgendwie ergeben, allerdings war mir das ziemlich egal. Leo wirkte nicht so, als würde ihn die Pädiatrie sehr interessieren, weswegen wir uns hoffentlich nicht so oft über den Weg laufen würden.

      „Gut“, murmelte Leo und für einen Moment sah er aus wie ein kleiner Schuljunge, so wie er auf seine Schuhe starrte. Dann blickte er allerdings wieder auf mit einem triumphalen Lächeln auf den Lippen. „Ich bin sowieso viel besser als du.“

      „In was?“, hakte ich belustigt nach. Wollte er mich jetzt etwa in seine Spiele einbinden? „Im Arztspielen? Da hast du Recht, mir fehlt das Medizinstudium. Aber zumindest weiß ich, wo sich die Radiologie befindet.“ Mit diesen Worten und einem breiten Grinsen im Gesicht ging ich an Leo vorbei und schmiss die Verpackung meines Sandwiches weg. Leo folgte mir fassungslos.

      „Das war einmal und ich wollte ganz sicher nicht in der Pädiatrie enden“, beschwerte er sich. Ich sah ihn mit gehobener Augenbraue an. Vielleicht hasste ich diesen Anfänger doch nicht so sehr? Er amüsierte mich. Und mein Vater hatte mal gesagt, dass man die Personen, die einen bespaßten, bei sich behalten sollte – oder so ähnlich.

      „Bist du dir da sicher, Dr. …“ Mein Blick huschte wie bei unserem ersten Treffen zu seinem Namensschild. Dieses Mal trug er es, weswegen ich nicht warten musste, bis er mir bei seinem Nachnamen auf die Sprünge half. „Leondre? Ich dachte, du heißt Leo?“

      „Ist eine Abkürzung“, sagte der Blauäugige geistesabwesend und sah auf seinen Pieper, der an seinem Hosenbund befestigt war. Seine Lippen waren zu seiner Linie zusammengepresst und auf einmal war er weder wütend noch triumphiert, sondern fast schon traurig oder zumindest bedrückt. „Ich muss los, die Arbeit ruft.“ Und schon war er verschwunden.

      Verwirrt runzelte ich meine Stirn. Hatte ich irgendetwas Falsches gesagt? Schließlich hatte ich ihn nur nach seinem Namen gefragt. Klar konnte ich nicht sagen, dass ich den Namen Leondre je zuvor gehört hatte, aber das war ja nicht sonderlich schlimm, richtig?

      Als Rae plötzlich vor mir stand und mich fragend ansah, befand ich mich immer noch mitten im Gang und kaute auf meiner Unterlippe.

      „Alles okay?“ Rae musterte mich besorgt und legte eine Hand auf meine Schulter. Ich nickte vorsichtig. „Ist irgendetwas passiert?“

      „Nein“, seufzte ich und fuhr mir einmal übers Gesicht. Dann straffte ich meine Schultern, stellte mich gerade hin und setzte ein Lächeln auf. „Nur Leo.“

      „Ich habe ihn schon wieder verpasst?“, fragte die Brünette schmollend und folgte mir zu dem Empfang der Pädiatrie. Sie und Debbie fragten mich auf Arbeit dauernd über den Assistenzarzt aus. Schließlich hatten sie keinen Möchtegern-Arzt, der ihnen auf die Nerven ging.

      „Ja, aber dieses Mal war er irgendwie komisch“, murmelte ich nachdenklich und sah durch die Akten, die sich auf dem Tresen stapelten. „Ich kann’s nicht beschreiben, aber eventuell habe ich irgendeine Linie überschritten.“

      Rae verzog kurz ihr Gesicht, bevor sie ihren Kopf schüttelte. „So bist du nicht. Es war bestimmt nur ein Missverständnis und bald flirtet er dich wieder an.“ Grinsend zwinkerte sie mir zu und ließ ihre blauen Augen funkeln. Ich stieß ein übertriebenes Seufzen aus und tat so, als würde ich sie mit einer Akte schlagen.

      Ich war froh sie und Debbie zu haben, egal wie nervig sie auch manchmal waren.

      V