Der Casta-Zyklus: Initiation. Christina Maiia. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christina Maiia
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844264579
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Kim? Warum geben Sie das Ihrem alten Professor nicht als Hausaufgabe mit und ich liefere Ihnen gleich morgen meine höchst diplomatische Antwort darauf, einverstanden? Und bis dahin behalten wir zwei Hübschen das schön für uns. Was meinen Sie?“ Er lächelt.

      „Das wäre mir wirklich lieb, Professor. Verzeihen Sie, ich komme mir ziemlich dumm vor, dass ich Sie so unüberlegt überfallen habe.“

      „Ach, das ist doch Blödsinn, Kim. Sie dürfen mich jederzeit mit Problemen kontaktieren. Achten Sie bitte nur darauf, dass Sie solcherlei Thematiken nicht außerhalb des autorisierten Kreises besprechen, ja? Dann hätten wir nämlich tatsächlich ein Problem.“ Todd reaktiviert sein charmantes Selbst.

      Seine ehemalige Studentin entspannt sich sichtbar. „Da bin ich froh. Vielen Dank für Ihre Zeit, Professor Todd. Sie können sich hundertprozentig auf mich verlassen. Wenn Sie mir dazu etwas sagen können, fantastisch, wenn nicht, kein Problem. Ich verstehe das.“

      „Prima. Dann will ich Sie jetzt nicht weiter von Ihren Pflichten abhalten, Kim. Es hat mich sehr gefreut, mit Ihnen zu plaudern“, erwidert Todd, als sie sich von ihrem Stuhl erhebt. „Weiterhin viel Erfolg und bis bald“, verabschiedet er sich laut, während Kim sich umdreht und den anderen Tischen zuwendet.

      Als er Kim in sicherer Entfernung mit dem Rücken zu ihm weiß, erlaubt sich Todd einen tiefen Atemzug und lässt seinem Gesicht Platz für Entspannung. Uff, das war knapp, bringt er dieses unerwartete Gespräch auf den Punkt. Zum Glück habe ich mir nichts anmerken lassen, dank Misses K´s wunderbaren Konzentrations-Übungen. Aber das ist nicht das Eigentliche, worum es hier geht, stellt er dann nachdenklich fest. Avner macht also geheime Experimente mit einer der Sphären. Ob nun vom Rat autorisiert oder nicht, das sei einmal dahingestellt. Aber wozu verdammt nochmal tut er das nur? Todd ist nun erstmals wirklich besorgt. Die Sache mit Kevin ist die eine. Vielleicht fließt sie auch irgendwie in diese Angelegenheit mit ein. Aber eines ist auch so sicher: Da wird noch ein verdammt größeres Rad gedreht als ich zunächst dachte. Und ich müsste mich schon ziemlich täuschen, wenn das nicht auf Avners persönlichem Mist gewachsen wäre. Ja, wird ihm dann vollauf bewusst, das ist auch der eigentliche Grund, warum er vor kurzem so besorgt geklungen hat! Irgendetwas läuft da nicht so, wie er es will. Und darin mag eine gewisse Hoffnung liegen.

      Todd fährt mit seinen Überlegungen fort. Experimente mit der Schwingungs-Barriere also. Warum nur, was soll das bringen? Und dann kommt es ihm plötzlich. In seinem Gesicht bricht seine eben noch gelassene Fassade weg und das erste Mal in den drei Jahren, seit er in dieser Mission engagiert ist, wird ihm gewaltig mulmig zumute. Nein, er wird doch nicht etwa……… Nein, das kann nicht sein, das kann er doch nicht tun! Das gefährdet doch die ganze Mission!

      Gefahren

      Wie immer, wenn er mit dem alten Mann über das Leben und die Liebe philosophiert hat, ist es sehr spät geworden. Die Nacht hat die Stadt fest in ihrem zu dieser Jahreszeit noch launisch-kühlen Griff. Als Yoav die Tür zu seiner Studentenbude aufschließt, knallt er sie um ein Haar auf seinen Mitbewohner drauf. Boyle steht zu seiner Überraschung wie ein Stalker direkt hinter dem Eingang und will, kaum hat Yoav seinen Lederbeutel auf das alte Klappsofa in seinem Zimmer geworfen, sofort mit ihm reden.

      „Alter, gut, dass du endlich da bist, ich hab‘ mich schon gefragt, wann du wohl kommst!“, poltert Boyle los.

      „Was ist denn los, Mann? Heute Mittag wolltest du keine müde Silbe mit mir reden, und jetzt hältste es keine Sekunde mehr aus?“

      „Sorry, aber es ist echt dringend. Ich mach‘ mir Sorgen, weißte?“, gibt Boyle in einem Ton von sich, den Yoav noch nie in seinem Leben zuvor von ihm gehört hat.

      Sofort schaltet er um und sieht seinen Mitbewohner besorgt an. „Mann, Boyle, mach‘ mir keine Sachen, was ist denn los? Ärger mit der Uni? Haben sie dich mit dem Gras erwischt? Die Bullen? Ist jemand, den wir kennen, in der Notaufnahme gelandet? Was ist los, erzähl‘ schon!“ Yoav schnappt sich seinen Freund und schleppt ihn am Arm in die Küche. Boyle lässt sich auf einen der Stühle fallen. Yoav stellt ihm einen Becher hin und holt den Milchkanister aus dem Kühlschrank heraus. „Schieß‘ endlich los, du machst mich noch ganz verrückt“, befiehlt er, während er sich vor Boyle auf dem Stuhl gegenüber niederlässt.

      „Alter, wir müssen echt bald was unternehmen, sonst geht´s uns allen noch an den Kragen!“, fängt Boyle aufgekratzt an.

      „Wie meinst du das? Wie, an den Kragen?“

      „Ich meine, so richtig, endgültig, arrivederci la vita und so.“

      „Mann, warst du mal wieder zu lange im Netz heute Nacht?“, versucht Yoav die Sache herunterzuspielen. „Du ziehst dir das Zeug echt ein wenig zu lange und zu intensiv rein als dir gut tut, wenn du mich fragst.“

      „Ich weiß, du bist kein großer Fan davon, alles klar. Aber glaub‘ mir, Alter, die Sache ist langsam nicht mehr lustig, da geht´s jetzt richtig ab.“

      „Du meinst, die Katastrophe kommt und so?“ Boyles Beklemmung schwappt so langsam auf Yoav über.

      „Mein Gefühl sagt mir, da verschärft sich was ganz gewaltig. Du hättest mal die Foren in den letzten 36 Stunden sehen sollen, als ob die blanke Panik ausbricht, Mann. Wir müssen was tun, raus aus dieser Stadt, irgendwie. Es ist nicht mehr viel Zeit!“

      „Jetzt mal ganz langsam, Kumpel. Immer mit der Ruhe. Ok“, erwidert Yoav und holt erst einmal tief Luft. „Also, nehmen wir mal an, deine Leute haben tatsächlich recht und es passiert demnächst irgendeine große Katastrophe. Was können wir denn dann überhaupt noch machen, wie viel echten Handlungsspielraum haben wir dann überhaupt noch? Wir wissen nicht wo, wir wissen nicht was und wahrscheinlich auch nicht wie, die Regierung wird uns totsicher keine Silbe zwitschern, bevor es schon so weit ist und wir eh Futter für die Krähen sind. Die bringen vielleicht noch sich selbst schön und bequem in den nächsten Bunker, aber wir, Alter, wir sind doch für die zero, nada, niente, null.“

      „Mann, das richtet mich jetzt echt wieder auf. Genau, was ich von dir gebraucht habe“, erwidert Boyle mit lakonischer Ironie auf Yoavs Lamento.

      „Sorry, ich wollte dir echt nichts reindrücken. Aber mal ehrlich, was gibt es wirklich noch zu tun, wenn es soweit ist? Ok, wir können gleich morgen früh losziehen und ein paar Vorräte besorgen, Wasserflaschen, Konserven, Kohletabletten, Feuerzeuge, Gaskocher und all das Survival Zeug. Und das hilft uns dann zwei Tage? Dreieinhalb? Fünf? Und dann? Dann sind wir wieder da, wo wir jetzt auch sind. Tut mir echt leid, aber ich halt‘ nicht viel davon. Aber wenn´s dich beruhigt, ziehe ich gleich morgen mit dir los und dann packen wir das Zeug in die Kammer und dann ist gut, ok?“

      „Nicht in die Kammer. In die Hütte.“ Boyle flüstert die letzten drei Worte mit gesenktem Kopf in die ausgeleierte Öffnung seines verwaschenen T-Shirts. Vermeintlich geistesabwesend zupft er daran herum.

      „Welche Hütte?“, hakt Yoav mit ungeduldigem, fast hartem Ton nach.

      „Die in den Bergen………Meine Hütte………Das Chalet, das ich von meinem Großvater bekommen habe.“ Boyle schaut Yoav noch immer nicht an, während er mit viel Sinn für dramatische Pausen sein Geheimnis auspackt.

      „Das Chalet“, äfft Yoav mit hochnäsigem Ton nach. „Du meinst also, du bist Mister Krösus, mit eigener Berghütte und so, und du willst mich, Yoav Ich-Weiß-Nicht-Wie-Ich-Mein-Nächstes-Semester-Finanzieren-Soll, dahin mitnehmen?“ Sein Gesicht hat den Ausdruck totaler Fassungslosigkeit.

      „Yo, man. Könnte mir keinen besseren Kumpel zum Überleben oder Sterben vorstellen.“

      Einen Moment lang weiß Yoav beim besten Willen nicht, was er sagen soll. Boyle schaut ihn jetzt unmittelbar an, mit einer Mischung aus Verschmitztheit und bestenfalls halbernstem Schuldbewusstsein.

      „Kann ich mein Klavier mitnehmen?“, versucht es Yoav schließlich mit einem Scherz.

      „Ich weiß nicht, Alter. Scheint mir irgendwie nicht so recht auf den Pickup zu passen. Vielleicht mit der Post, hinterher?“