Trissa, Hexe von Eichstätt. Lars Gelting. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lars Gelting
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738092639
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die richtige Entscheidung und wusste doch: Sie konnte sich nicht mehr entscheiden, sie würde zubeißen!

      Als sie sich endlich aufrichtete, hüllte ihn ihre Entschlossenheit geradezu ein, „Ich denke, ich muss euren Vorschlag annehmen!“ Sie schmunzelte, „Ehrlich gesagt kann ich gar nicht anders. Die Vorstellung, einen Protestanten im Besitz Fürstbischöflicher Wechsel zu wissen, ist einfach unwiderstehlich. Was euren Geschäftspartner angeht, so werden wir das Geschäft…“

      Er beugte sich vor, hob, Widerspruch andeutend, die Hand, „Nicht „wir“! Ich werde lediglich die Verbindung mit meinem Geschäftspartner herstellen, ein zufälliges Treffen. Das Geschäft ist allein eure Angelegenheit!“ damit schob er ihr ruhig die zwei vor ihm liegenden Wechsel wieder zu. „Wie gesagt: Es darf nach außen keine Verbindung zu mir geben!“

      „Das hatten wir besprochen und ihr habt mein Wort. Aber die Frage ist doch: Ist der Mann informiert wenn ich ihn treffe oder muss ich ihn etwa ansprechen, um mit ihm Kontakt aufzunehmen? Wie soll das gehen?“

      „Ihr habt Recht! Ich werde ihn natürlich informieren, auf seine Verschwiegenheit kann ich mich verlassen und….“

      Sie beugte sich vor, ließ ihn erstaunt innehalten, „Verzeiht, dass ich euch unterbreche! Gebt mir einen kleinen Vorsprung und unterrichtet ihn vorerst nicht davon, dass sein Verhandlungspartner eine Frau ist! Es würde mich im Voraus schwächen.“

      Er legte den Kopf zurück, betrachtete sie nachdenklich, konzentriert, „Wie stellt ihr euch das vor? Er wird Informationen von mir haben wollen. Und ich brauche ihn weiterhin als Geschäftspartner!“

      „Das Angebot könnte über einen Mittelsmann erfolgt sein, ihr habt lediglich die Wechsel gesehen. Izaak war oft gezwungen, diesen Weg zu nehmen und ich als Frau leider auch.“ Sie zog bedauernd die Schultern hoch, „Das Geschäft bestimmt die Spielregeln, wir müssen uns anpassen.“

      Er grinste amüsiert, schüttelte leicht den Kopf, „Unverantwortlich von meinem Freund Izaak, euch so in die Schule genommen zu haben. Allerdings wäre es wohl nicht klug, für die Besprechung des Geschäftes ein Treffen hier in meinem Hause zu vereinbaren, wir sollten einen anderen Treffpunkt finden. Wo kann ich euch erreichen, wenn ich Näheres weiß und wenn der Handel mit dem Bistum Eichstätt vollzogen wurde?“ Er war offensichtlich zufrieden, lehnte sich, verwöhnt von den Sonnenstrahlen, entspannt zurück und schaute Therese zu, wie sie ihre Papiere sorgsam wieder im Mantel verschwinden ließ.

      „Ich weiß es noch nicht!“ Therese erhob sich, und begann damit, die Bänder ihres Mantels zu schließen. „Möglicherweise gar in Eichstätt. Ich werde euch benachrichtigen.“

      „Gut! Wartet einen Augenblick!“

      Die Zeitspanne, in der er den Raum verließ reichte gerade aus, um der aufschäumenden Freude über das Gelingen dieses lange geplanten und herbeigesehnten Vorganges wieder Herr zu werden. Wenig später brachte sie Jacob Loderer vor die Haustür und verabschiedet sich von ihr.

      Ein wichtiger Schritt war getan! Therese atmete tief durch, blickte sinnend zu dem Platz, an dem vor einiger Zeit noch der dunkle Wagen stand, lächelte verschmitzt! Hätte sie auch nur geahnt, welche Folgen dieser Handel noch haben sollte, ihr wäre das Lächeln vergangen.

      3. Das, was übrigblieb – unverhofftes Wiedersehen

      Naturgemäß werden Katzen bei ihren Beutezügen und dem nachfolgenden Appetit anregenden Zerlegespiel nicht von einem Gewissen gehemmt. Auch die Graugetigerte hatte mit ihrem Opfer, einer – trotz aller Nachstellungen – ziemlich ansehnlichen Hausmaus, keinerlei Erbarmen. Sie ließ sich genüsslich mit ihrem bereits arg zugerichteten Opfer auf einem großen, flachen Stein vor der Eingangstüre zur Bäckerei nieder. Behutsam, so als solle der Ärmsten nur nicht vorzeitig das Schlimmste passieren, legte sie die Maus aus ihrem Maul zwischen die Pfoten und leckte sie dort zunächst einmal ab. Unvermittelt dann spießte sie das arme Wesen mit einer blitzschnellen Bewegung ihrer Krallenpfote auf, schlackerte es mit vor Verzückung schräg gelegtem Kopf einige Male rasch hin und her und warf es – sozusagen aus dem Pfotengelenk – in die Höhe. Spannungsgeladen wartete sie, bis sich die Maus in aufkeimender Hoffnung einige wackelige Mauseschritte in Richtung Misthaufen entfernt hatte, um dann den Fangvorgang wie auch das offenbar appetitanregende Spiel zu wiederholen.

      Fasziniert sah Therese, neben dem Hauseingang auf einer Holzkiste sitzend, diesem Tun zu. Es beeindruckte sie, dass alle Katzen, egal wo sie diese im Reich beobachten konnte, immer das gleiche Fang – Fressritual vollzogen.

      Jäh unterbrach die Katze ihr Spiel, spießte die Maus sachte auf ihre Daumenkralle und schaute konzentriert an Therese vorbei. Diese hatte ihr Umfeld vollkommen aus den Augen verloren und nahm erst jetzt den Jungen wahr, der in Höhe des Nachbarhauses direkt auf sie zuschlenderte.

      Er mochte 16 Jahre alt sein. In den zu großen Schaftstiefeln, und der ausgeblichenen roten Uniformjacke, wirkte er ärmlich – typischer Bauernjunge: schlaksig, zäh, wettergebräunt. Jedenfalls sah sich die Katze veranlasst, vorsorglich mit ihrer Beute im Hauseingang zu verschwinden.

      Therese richtete sich auf, lehnte sich zurück an die Hauswand und musterte den Näherkommenden.

      Einen guten Katzensprung von ihr entfernt blieb er stehen, streckte die geöffnete Hand aus und fragt mit der noch unjustierten Stimme des Halbwüchsigen, ob das ihr gehöre. Ein rascher Blick genügte „Pater Gregor?“ Sie blickte zu ihm auf, fragend, gespannt.

      Der Junge löste sich etwas „Er wartet auf euch.“

      „Wo?“ Therese erhob sich und streckte die Hand nach dem Kruzifix aus.

      „Außerhalb der Stadt. Es ist nicht weit, ich fahre euch hin!“ Therese sah an dem Jungen vorbei, sah einige Schritte entfernt den einfachen Karren warten. Sie hatte ihn nicht kommen hören.

      Der Junge lenkte den Wagen zügig durch die überfüllte Stadt, deren Straßen innerhalb weniger Tagen wieder so trocken geworden waren, dass sich hinter dem Wagen kleine Staubwölkchen bildeten.

      Sie verließen die Stadt durch das obere Tor. Fuhren vorbei am Hause Jacob Loderers, der, wie besprochen, in den vergangenen Tagen sowohl den Handel mit Eichstätt abgeschlossen hatte als auch ein Treffen mit Ferdinand Spenner, dem strengen Augsburger, vereinbaren konnte. Therese fühlte sich leicht, unbeschwert, am Ziel all dessen, was sie sich seit Jahren immer wieder vorgestellt und gewünscht hatte.

      Vor dem Wagen tauchten Zelte auf, zuerst nur vereinzelt direkt am Fluss, große, eindrucksvolle mit Wimpeln geschmückte Zelte. Auf den Wiesenflächen zwischen den Zelten grasten Pferde, gehalten von kurzen Stricken, die an einem der Vorderläufe befestigt waren.

      Bald aber änderte sich das Bild, schlängelte sich der schmale Fahrweg zwischen dicht stehenden, grauen Zelten hindurch. Die Sicht war eingeengt, es roch nach Feuer, nach Rauch. Und überall wieselten Kinder herum, kamen kreischend herbeigerannt, kaum dass der langsam fahrenden Wagen in ihre Nähe kam.

      Der Junge zügelte das Pferd, worauf sie augenblicklich von einer lachenden und kreischenden Kinderschar eingeholt und umringt wurden. Vor dem Wagen überquerte ein Soldat trunkentaumelig den Weg, strebte einer Gruppe von Soldaten zu, die vor einem Zelt auf Kisten saßen und Karten spielten. Nur kurz und ohne erkennbares Interesse zuckten deren Blicke herüber zum Wagen, Spiel und Fahrt konnten weitergehen. Wie Hühner stoben die Kinder vor dem Wagen auseinander, der wieder etwas zügiger fahren konnte und bald darauf das letzte Zelt passierte.

      Sie tauchten in die Kühle des Waldes ein. Rauch hing zwischen den Bäumen, verlor sich jedoch, je weiter sie sich vom Lager entfernten und in den Wald hineinfuhren. Therese schaute auf den Rücken des vor ihr stehenden Jungen, der, in jeder Hand einen Zügel, aufgerichtet und mit fliegenden Haaren sein Pferd in die Spur zwang. Schon bald nahm der Junge das Tempo zurück und folgte einem schmalen, zwischen Farnen und kleinen Sträuchern kaum erkennbaren Weg entlang einer großen Wiese.

      Ihnen fast gegenüber stand die Nachmittagssonne und Therese musste die Hand über die Augen legen, um über die Wiese hinwegsehen zu können. An ihrem oberen Ende, erkannte sie ein recht großes