Die Sklavin des Mahdi. Isabel de Agony. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Isabel de Agony
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753195001
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Rücken hinunter.

      „Dieses Weib beleidigt meine Augen!!“

      Er hat in einem gebrochenen Englisch gesprochen, das ich durchaus verstanden habe. Ich stehe da und weiß nicht wie ich reagieren soll. Und mit einer mehr als ungeschickten Bewegung fahre ich an meinen Kopf und der Schleier, der meine rote Haarpracht verbergen sollte, löst sich wieder. Er fällt zu Boden. Liegt nun genau zwischen mir und dem Großmufti. Er starrt mich an. Meine roten Haare scheinen ihn gleichsam zu verwirren als auch wütend zu machen. Er stößt hervor....

      „Abna Sheetan!!! Eine Tochter des Sheitan!!! Wie kannst du es wagen, mir unter die Augen zu treten?“

      Ich schaue David verwirrt an. Wie hat mich der gerade genannt? So ein unverschämtes Verhalten bin ich nicht gewohnt. Hat der ein Problem mit Frauen? Oder was für ein Problem hat der sonst mit mir? Und bevor mich David oder sonst wer aus der Delegation zurückhalten kann, geht mein Temperament wieder einmal mit mir durch. Ich baue mich vor ihm auf. Meine Augen blitzen vor Wut:

      „Mein Name ist Lady Julie de Abbeyville. Um es klar und deutlich zu sagen. Ich bin von adligem Geblüt und keine dreckige Hafenhure, die man auf diese Weise beschimpfen kann. Ich habe es nicht nötig, dass ich mich von dir derart beleidigen lasse. Was bildest du dir überhaupt ein? Ich habe dir nichts getan. Wenn du ein Gentleman bist, dann erwarte ich von dir eine Entschuldigung.“

      Einer der Männer, die schräg hinter dem Mufti stehen, scheint des englischen soweit mächtig zu sein, dass er es übersetzt. Und als ich David ansehe, da bemerke ich, dass er schreckensbleich geworden ist. Ganz leise murmelt er mir zu:

      „Bist du verrückt geworden? Ich hatte gehofft, dass ihm keiner deine Tirade übersetzen kann. Doch meine Hoffnung scheint zu trügen. Du wirst dich jetzt sofort beim Großmufti entschuldigen und ihm etwas von einem Missverständnis sagen. Wir können uns es nicht leisten, uns den Mann zum Feind zu machen. Du hast ja keine Ahnung, welche Schwierigkeiten er dir und uns allen machen kann.“

      Doch dieser Widerspruch stachelt mich nun erst recht an und nun laufe ich zur Hochform auf.

      „Das fällt mir gar nicht ein. Ich entschuldige mich doch nicht dafür, dass er mich beleidigt hat. Das kannst du wirklich nicht von mir verlangen.“

      Er packt mich und schüttelt mich. Und dann sagt er zwar leise, aber mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldet:

      „Du... wirst...... Dich.... entschuldigen!!! Jetzt!!!“

      Ich schaue verblüfft von David zum Mufti und wieder zurück. Dessen Gesicht ist vor Wut schon ganz rot angelaufen.

      „Los!! Tu es einfach!! Vielleicht können wir ihn noch besänftigen. Schluck deinen Stolz endlich hinunter und entschuldige dich bei ihm.“

      Wütend schaue ich erst David und dann den Großmufti an. Ich presse verkniffen einige Worte der Entschuldigung heraus, doch jeder der mich ansieht, erkennt, dass ich bei weitem nicht das meine, was ich sage. Schließlich spuckt mir der Mufti vor die Füße. Dreht sich dann um und rauscht mit seinem Gefolge ab. Ich atme zufrieden aus, weil ich glaube, dass ich diese Konfrontation siegreich beendet habe. Doch schon fange ich mir einen gewaltigen Rüffel ein.

      „Bravo Lady Julie.... Wir sind kaum vierundzwanzig Stunden in Jerusalem und schon hast du es geschafft, dir einen der mächtigsten Männer der Stadt zum Feind zu machen. Aber schuld bin ich selber. Ich hätte dich und dein Temperament mittlerweile kennen müssen. Und dann diese blöde Sache mit dem Kopftuch.“

      „Das war doch nur ein Versehen. Ich bin......“

      „Julie.... Keine Erklärungen mehr. Was passiert ist, das ist passiert. Am liebsten würde ich dich nach Haifa zurückschicken, denn dort wärst du außer Gefahr.“

      „Gefahr? Meinst du, dass ich in Gefahr schwebe?“

      „Ich weiß es nicht. Es kann sein. Freundlich ist dir Hadschi al-Husseini auf jeden Fall nicht gesonnen. Deine Haare haben sprichwörtlich wie ein rotes Tuch auf ihn gewirkt. Und dazu kommt dein selbstbewusstes Verhalten, das er völlig inakzeptabel gehalten hat. Denn Frauen in diesem Kulturkreis verhalten sich solchen hohen Beamten und geistlichen Würdenträgern gegenüber eher unterwürfig und demütig. Also das genaue Gegenteil von dem, was du ihm gegenüber an den Tag gelegt hast. Ich bin mir nicht sicher, ob er dir das jemals verzeihen wird. Du musst vorsichtig sein. Sehr vorsichtig.“

      „Was könnte er denn machen?“

      „Oh.... Du könntest zum Beispiel einen Unfall haben. Oder von einem Einkauf im Basar nicht zurückkommen.“

      Ich schnappe nach Luft. Kann das wirklich sein? Doch David schickt einen Boten zu Sir Stephen, der dem das Ganze schildert und dann bugsiert er mich so schnell er kann aus dem Palast des Gouverneurs. Die nächsten Tage vergehen in einer ungewissen Spannung. Ständig erwarte ich eine Art Attentat auf mich. Doch nichts geschieht. Und so gewinne ich langsam meine frühere Gelassenheit zurück. Es beginnt mich zu nerven, dass mir David bei allem was ich unternehme auf Schritt und Tritt zwei Aufpasser zur Seite gestellt hat. Ich würde so gerne diese faszinierende Stadt auf eigene Faust erkunden. Doch die beiden Leibwächter lassen mich keine Minute aus den Augen und ich wage es nicht, ihnen zu entschlüpfen. Mittlerweile haben die Grabungen begonnen. Auch diese sind nicht ganz ungefährlich, denn sie finden auf der Rückseite des Tempelbergs statt. Ums Eck ist die Klagemauer, die den Juden heilig ist und dann ist da der Tempelberg selber, auf dem eines der großen islamischen Heiligtümer, nämlich der Felsendom, steht. Von hier aus soll der Prophet Mohammed in den Himmel aufgefahren sein. Also auch das ist ein überaus heißes Pflaster. Doch die Grabungen an der Rückseite wurden von höchster Stelle in Konstantinopel genehmigt und so dürfen wir in den Höhlensystemen des Berges nach den Relikten des Tempels von Salomo forschen. Dabei werden wir sogar von der jüdischen Gemeinde unterstützt, nachdem wir ihnen versichert haben, dass wir der Klagemauer nicht zu nahekommen werden.

      Ich bin heute mit Samira, einer Küchenbediensteten und Georgios unterwegs zum Markt. Georgios ist ein breitschultriger Hüne aus der Besatzung der Star of Bethlehem, der von der Statur her sogar noch David in den Schatten stellt. Und das will schon was heißen. Wir sind unterwegs zum Markt und ich habe mich ohne Davids Wissen mit den beiden aus unserem Haus geschlichen. David würde mich am liebsten die ganze Zeit im Haus einsperren, aber das kann er vergessen. Nur gelegentlich erlauben mir Sir Stephen und er, dass ich mit zur Ausgrabungsstätte darf. Doch das ist natürlich nicht das, was ich mir ursprünglich mal unter Freiheit und Abenteuer vorgestellt habe. Dann ist die Gelegenheit da, dem wachsamen Auge meiner Aufpasser zu entschlüpfen. Samira will zum großen Wochenmarkt am Basar, weil sie da für die Expedition einkaufen will. Und Georgios wird bei dieser Gelegenheit schamlos als Träger missbraucht. Und ich will nach ein paar Tagen „Gefangenschaft“ endlich wieder mal meine Nase vor die Tür stecken. Alles verläuft absolut problemlos und ich bin in Gedanken schon richtig böse auf David wegen seiner übertriebenen Vorsicht. Dem werde ich heute Abend etwas erzählen. Wir treiben uns den ganzen Vormittag auf dem Markt herum und Samira kauft ein wie eine Besessene. Immer wieder bringt sie ihre „Beute“ zurück zur Auberge de Castille. Es ist kurz vor Mittag. Vielleicht eine halbe oder dreiviertel Stunde vor dem traditionellen Mittagsgebet der Muslime. Wir sind ein letztes Mal auf dem Markt, als plötzlich alle um mich herum auf die Knie fallen. Was ist denn hier los? Samira packt mich an der Hand und will mich nach unten ziehen. Und selbst Georgios geht nach unten.

      „Herrin.... Der Großmufti. Ihr müsst ihm die Ehre bezeugen.“

      Ausgerechnet dem. Der kann mich mal. Und so bleibe ich stur wie eine Granitsäule stehen, obwohl nun Georgios und Samira von zwei Seiten an mir zerren. Doch es ist zu spät. Er ist bereits auf mich aufmerksam geworden. Ich bin die einzige, die stehen geblieben ist. Und dass ich „vergessen“ hatte, mir mein Kopftuch umzubinden, dass tut vermutlich ein Übriges, dass ich ihm sofort ins Auge falle. Ist es Trotz, dass ich mich weigere, meine wallende Mähne zu verstecken? Ich weiß es nicht. David auf jeden Fall bringt es immer wieder zur Weißglut. Der Großmufti und sein Gefolge kommen auf uns zu. Er bleibt vor mir stehen. Mustert mich genau, doch ich halte seinem Blick stand.

      „Du schon wieder. Die Tochter des Sheitan. Die rothaarige Hexe. Ich hatte gehofft,