Das kleine Paradies. Ida Uhlich. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ida Uhlich
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737584524
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hart.

      »Also ich kann schweigen. Wenn du nicht möchtest...«

      »Hey«, unterbrach er sie diesmal sanfter, »ich habe es dir gerne gezeigt. Jack kann es ruhig wissen.«

      Sie fuhren schweigend weiter und Julia schaute aus dem Fenster. Die Straße führte direkt am Meer entlang; oberhalb der Klippen. Julia fand es atemberaubend. Nach 5 Minuten bog er in einen kleinen Weg ein, der hinauf zur Klippe führte.

      Er fuhr langsamer und sagte: »Es wird dir dort gefallen.«

      »Schöner, als dein kleines Paradies?«

      Er lachte. »Nein, anders!«

      Er mochte es, wie sie über Little Castle sprach. Auch er empfand es als paradiesisch. Sie parkten hinter dem Haus. Er half ihr aus dem Auto, hielt ihr die Tür vom Restaurant auf und beim Hineingehen umfasste er ihre Taille. Sie schmunzelte und er bemerkte es.

      »Was ist?«

      Sie zuckte mit den Schultern. »Du bist so... na ja... so höflich.«

      »Ist das etwas Schlimmes?«

      Verlegen kratzte er sich am Kopf. Bevor Julia antworten konnte, stand plötzlich ein Mann vor ihnen. Er war Ende 50 und hatte noch volles, aber fast weißes Haar. Er hatte ein rundliches Gesicht und einen klaren Blick.

      »Hey Kevin, schön dich mal wieder hier bei uns zu sehen«, sagte er freundlich und umarmte ihn väterlich.

      Kevin erwiderte lächelnd: »Hallo Adam! Ja, es ist schön mal wieder hier zu sein.... Julia, das ist Adam.... Adam, das ist Julia.«

      Er gab Julia die Hand und begrüßte sie sehr herzlich: »Julia, es freut mich sie hier begrüßen zu können.«

      Sie lächelte ihn freundlich an.

      »Adam, hast du noch ein Tisch direkt am Fenster frei?«

      Er eilte voraus und sagte im Gehen: »Aber natürlich Kevin. Sogar deinen Lieblingsplatz.«

      Kevin schob Julia sanft vor sich her. Sie drehte sich kurz um und flüsterte: »Ihr seid hier alle verdammt höflich. Und... du hast Recht. Es gefällt mir hier.«

      Er grinste zufrieden. Das Restaurant war sehr gemütlich eingerichtet. In warmen Erdtönen und vielen Holzbalken. Obwohl der Raum sehr groß war, standen nur wenige Tische darin. Sehr großzügig angeordnet, so dass man ungestört reden konnte, ohne vom Nachbartisch gestört zu werden. Die Fenster gewährten einen Blick auf das, im Moment, unruhige Meer. Das Haus stand fast am Ende der Klippe und zwischen Hauswand und Steinmauer waren es nur 3 Meter.

      Adam zog ihr den Stuhl vor und verteilte die Speisekarten: »Darf ich schon etwas zu trinken bringen?«

      »Was möchtest du trinken Julia?«

      »Einen Milchkaffee, bitte.«

      »Aber gern. Kevin? So wie immer?«

      »Ja, Danke Adam.«

      Er verschwand lautlos und Julia beugte sich zu Kevin hinüber.

      »Du bist oft hier?«

      Er räuspert sich und antwortete lächelnd: »Na ja. Es gab mal eine Zeit, da war ich regelmäßig hier. Das ist aber schon lange her. Adam freut sich immer, wenn ich mal wieder vorbeischaue.«

      »Das hat man gemerkt. Seine Augen glänzten ja richtig.«

      »Er ist ein guter Freund meines Vaters. Ich kenne ihn schon seit meiner Kindheit.«

      »Bist du eigentlich Schotte?«

      »Nein, ich bin in England geboren. Als ich drei war, sind meine Eltern nach Amerika gezogen. Sie haben aber ihre Freunde nie aus den Augen verloren. Ich mache, wie du ja bereits schon weißt, oft hier Urlaub, bzw. nehme ich mir eine Auszeit vom Promirummel in Amerika.«

      Adam kam mit den Getränken und fragte Julia höflich: »Gefällt es ihnen hier in Schottland?«

      »Oh, ich bin erst vor wenigen Stunden angekommen«, sie schaute zu Kevin und zwinkerte ihm zu. Sein Puls raste.

      »Aber das, was ich bis jetzt gesehen habe, ist einfach so paradiesisch, dass mir manchmal die Worte fehlen.«

      Adam lächelte zufrieden und zu Kevin gewandt sagte er: »Ihr würde Little Castle bestimmt gefallen.«

      Sie schwieg und er schaute ihr tief in die Augen und sagte: »Davon spricht sie!«

      Adam schaute von einem zum anderen und dann breitete sich ein glückliches Lächeln auf seinem Gesicht aus. Er legte seine kleine Hand auf Kevins Schulter und drückte sie kurz.

      »Das ist gut so, mein Sohn!«, sagte er gerührt und verschwand.

      Erst jetzt löste er seinen Blick von Julia und schaute verstohlen auf seine Hände. Sie bemerkte wieder die beklemmende Stimmung und sagte: »Du hättest es ihm nicht sagen müssen. Ich habe es extra nicht erwähnt. Nur du weißt, was ich beschreibe, wenn ich paradiesisch sage.«

      »Das war auch sehr freundlich von dir. Wir müssen es aber nicht verheimlichen, ehrlich. Es kann wirklich jeder wissen, dass wir dort waren.«

      »Okay! Wie du willst.«

      Er berührte kurz ihre Hand. »Nun erzähl von dir ein wenig.«

      »Oh je, da gibt es nicht viel zu erzählen. Mein Leben wird neben deinem recht langweilig klingen.«

      »Das glaube ich nicht«, sagte er ruhig. „Okay, dann frage ich dich aus.«

      Sie grinste und verdrehte die Augen. Sie stützte ihren Kopf mit den Händen ab und sagte: »Okay, was willst du wissen? Ich bin bereit!«

      »Also... wo bist du geboren.«

      »Hmm, das ist einfach. In Berlin.«

      »Wo lebst du?«

      »In Berlin.«

      »Wo leben deine Eltern?«

      »Meine Eltern leben nicht mehr.«

      »Das tut mir leid. Bitte verzeih!«

      Er nahm spontan Ihre Hand und hielt sie ganz fest. Er wollte sie nicht mehr loslassen und sie ließ es zu; leicht errötet. Sie musste sich eingestehen, dass sie seine Berührungen als sehr angenehm empfand. Schnell sagte sie: »Ist schon gut, das konntest du ja nicht wissen.«

      Er schwieg und deshalb sprach sie weiter.

      »Meine Eltern sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Ich war gerade 13 und ein unausstehlicher Teenager. Mein Onkel, der Bruder meines Vaters, hat mich großgezogen. Es wäre ungerecht zu sagen, dass ich mit ihm nicht glücklich war. Meine Eltern haben mir aber trotzdem sehr gefehlt. Ich liebe meinen Onkel über alles. Er ist ein warmherziger und gütiger Mensch. Ich habe ihm viel zu verdanken. Auch, dass ich meinen Traumberuf ausüben kann, ist allein sein Verdienst. Er hat mich immer in allem unterstützt. Er sagte immer ‚Julia, du weißt immer am besten, was für dich gut ist. Ich vertraue dir‘. Sein größtes Opfer allerdings war, dass er für mich nach Deutschland gezogen ist. Er verkaufte das Haus meiner Eltern und wir zogen in eine kleine Eigentumswohnung. Das restliche Geld hat er für mich angelegt. Erst als er der Meinung war, dass ich alleine klar komme, ist er wieder nach Spanien gezogen.«

      »Es war wirklich sehr gütig und selbstlos von deinem Onkel, dass er sich um dich gekümmert hat.«

      »Oh ja. Er hat ein großes Herz. Ich habe meine Eltern vermisst, aber keine Liebe.«

      »Du bist auch sehr warmherzig und eine außergewöhnliche Frau. Deine Eltern wären stolz auf dich.«

      »Hmm, vor allem darüber, dass ich Katastrophen anziehe?«, scherzte sie verlegen. Auf sein Kompliment war sie nicht vorbereitet. Außerdem konnte sie von jeher nicht mit so etwas umgehen.

      »Sag das nicht, oder bin ich eine Katastrophe?«

      Er zeigte mit der rechten Hand auf sich. Mit der linken hielt er ihre noch immer fest und dachte auch nicht im Traum daran,