In meinem Herzen nur du. Katharina Burkhardt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Katharina Burkhardt
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738086201
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Blick zu und konzentrierte sich dann wieder auf die Ponys, einen Schimmel und einen Braunen. Er kraulte den Braunen zwischen den Ohren, der schloss die Augen halb und senkte seinen Kopf noch tiefer herab.

      Greta hielt an. »Das gefällt ihm.«

      »Ich weiß«, brummte Finn. Er sah sie immer noch nicht an.

      Greta umklammerte ihren Fahrradlenker und wartete ab. In der Reitschule gab es ein Pferd, das jedes Mal misstrauisch guckte, wenn ihm jemand zu nahe kam, und die Zähne bleckte. Greta hatte ewig Angst vor ihm gehabt – bis sie eines Tages so lange vor seiner Box stehen blieb und mit ihm sprach, bis es von selber zu ihr kam und die Nase leise schnaubend zwischen den Gitterstäben hindurch steckte.

      Vielleicht, so dachte sie, verloren sie und Finn ja auch die Scheu voreinander, wenn sie nur lange genug stehenblieb.

      Finn empfand es als schreiende Ungerechtigkeit, dass sein Vater ihm das Reiten verboten hatte. Es gab keinen vernünftigen Grund dafür, außer den, dass sein Vater ihn nicht liebte und ihn daher derart bestrafte. Das Einzige, was ihm blieb, waren die gelegentlichen Ausflüge zu einer der Weiden, wo er Stunden damit zubrachte, den Pferden beim Grasen zuzuschauen.

      Hier, bei diesen schönen, sanften Tieren, die dennoch über so viel Kraft verfügten, fühlte er sich wohl. Von ihnen ging keine Bedrohung aus.

      Und nun wurde die friedliche Stimmung ausgerechnet durch Greta Bubendey gestört. Finn wappnete sich schon für ihren hochnäsigen Blick, mit dem sie sich in der Regel von ihm abwandte, als sie völlig überraschend bremste und von ihrem Rad stieg.

      Hastig drehte er den Kopf fort, damit sie sein Gesicht nicht sah. Er hatte von dem Sturz gegen den Küchenschrank eine Schwellung davongetragen, die mittlerweile in allen Violetttönen schillerte.

      Finn konzentrierte sich darauf, Gras zu rupfen und es Falco und Polly über den Zaun zu reichen. Er spürte Gretas Blicke im Nacken, sie schien jede seiner Bewegungen aufmerksam zu verfolgen. Das verunsicherte ihn und machte ihn nervös. Als er sich verstohlen nach ihr umsah, stellte er fest, dass sie sich nicht vom Fleck gerührt hatte. Sie stand reglos da, ihr schickes, neues Fahrrad zwischen den Beinen, die Arme auf dem Lenker abgestützt, und beobachtete Finn unverwandt.

      »Was gibts denn da zu glotzen?«, fragte er unwirsch.

      »Nichts.« Gretas Stimme klang weniger forsch als sonst, aber sie blieb reglos stehen.

      Finn riss ein Grasbüschel aus, das er Polly ins Maul schob. Er würde jetzt zu gern einfach zu Greta hinüberschlendern und irgendetwas Lässiges sagen, aber ihm fiel beim besten Willen nichts ein. Seine große Klappe hatte ihn genauso verlassen wie sein Mut.

      Langsam und sehr umständlich stieg Greta wieder auf ihr Rad und fuhr im Schneckentempo weiter. Enttäuschung breitete sich in Finns Bauch aus, und im nächsten Moment schwang er sich auf seine klapprige Rostlaube und fuhr in einigem Abstand hinter Greta her. Erst als sie den Feldweg verließen und auf eine Straße gelangten, die in den Ort führte, holte er zu ihr auf.

      Sie war braun gebrannt und ihre Haare, die ihr offen auf die Schultern fielen, waren noch heller als sonst. Die blauen Augen leuchteten wie die Kornblumen am Wegesrand. Finn brachte vor Bewunderung keinen Ton heraus.

      Greta lächelte, aber es war nicht das freche Grinsen, das er an ihr kannte. Vielmehr wirkte sie verlegen, als sei es ihr peinlich, Seite an Seite mit Finn zu radeln.

      Er wollte schon davonsausen, um sich nicht weiter zu blamieren, als sie unvermittelt das Schweigen brach.

      »Ich finde das voll gemein.«

      »Was?«

      »Das da.« Sie zeigte auf seine blutunterlaufene Wange.

      Finn zuckte zusammen, als habe Greta ihn geschlagen. »Ich hab mich am Küchenschrank gestoßen.«

      »Ich weiß.« Sie sprach mit solch einer Bestimmtheit, dass Finn erschrak.

      Ihm war klar, dass die ganze Stadt über seinen Vater tratschte, und er schämte sich dafür. Aber dass Greta davon wusste, beunruhigte ihn besonders. Es war, als würde sie seine privatesten Geheimnisse kennen.

      »Es tut mir so leid«, sagte sie leise und Finn musste sich rasch abwenden, weil er den Ausdruck in ihren Augen nicht ertrug.

      »Ist ja nicht deine Schuld«, sagte er ebenso leise.

      »Nein. Aber deine Schuld ist es auch nicht.«

      Noch bevor Finn sich von seinem Erstaunen erholt hatte, tauchten auf der Straße zwei Mädchen aus Gretas Schule auf. Sie gesellte sich lachend zu ihnen und schien Finn augenblicklich vergessen zu haben.

      Er stellte sich in die Pedale und machte, dass er fortkam.

      Im August gab es einige sehr heiße Tage und Greta fuhr mit Mareike nach der Schule zum Baden an den See. Halb Travenstedt war hier versammelt. Greta und Mareike gesellten sich zu ein paar Mädchen aus ihrer Klasse. Sie breiteten ihre Badelaken aus und gingen alle zusammen schwimmen. Der Untergrund des Sees war an dieser Stelle sandig und fiel flach ab, sodass auch kleine Kinder gefahrlos plantschen konnten. Erst nach etlichen Metern wurde das Wasser deutlich tiefer und dann auch gleich sehr kalt.

      Nachdem sie eine Weile ausgelassen herumgetobt hatten, trockneten sie sich ab und Greta und Mareike reihten sich in die lange Schlange am Kiosk ein, um Eis zu kaufen. Sie mussten ewig warten, die Sonne brannte ihnen auf den Kopf, und Greta trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Ihr Blick schweifte über die Liegewiese. Es hatten sich überall größere Gruppen gebildet – hier hockten ein paar Freundinnen aus Julias Klasse zusammen, da saßen Jungs und Mädchen aus der Haupt- und Realschule beieinander. Einige der Jungen kickten einen Ball hin und her, was zwischen all den Leuten, die auf ihren Handtüchern lagen, ein heikles Unterfangen war.

      Greta entdeckte eine Gruppe Jungen aus ihrer Klasse, von denen drei jetzt auch zum Kiosk schlenderten.

      »Die Schönlinge sind im Anmarsch«, zischte sie Mareike zu, die sich sofort neugierig umdrehte.

      Der Anführer der Gruppe war Markus Weiß, ein Junge mit einem mädchenhaft schönen Gesicht, das von blonden Locken umrahmt wurde. Auch seine Begleiter sahen ausgesprochen hübsch aus. Sie alle zeichneten sich dadurch aus, dass sie immer besonders schick angezogen herumliefen und sehr wichtig taten. An diesem Tag trugen sie allerdings nur Shorts oder Badehosen. Wichtig und schick sahen sie trotzdem aus. Jetzt reihten sie sich an der Schlange vor dem Kiosk ein.

      Mareike stieß einen leisen Seufzer aus und Greta kicherte. Sie wusste, dass ihre Freundin heimlich für Markus schwärmte, obwohl sie offiziell behauptete, er sei ein schrecklicher Angeber.

      »Das geht ja hier nie weiter«, stöhnte sie mit einem Blick nach vorne. Soeben hatte jemand vier Portionen Pommes und Currywurst bestellt. Das konnte dauern. Sie schaute sich erneut um, und da entdeckte sie Finn bei den Jungen, die Fußball spielten. Er trug eine abgeschnittene Jeans und rannte auf nackten Füßen hinter dem Ball her. Heimlich bewunderte Greta, wie geschickt er einem Mitspieler den Ball abnahm.

      »Ich nehme ein Capri. Oder doch lieber Cola Pop?«, überlegte Mareike, und Greta zwang sich, den Blick von Finn abzuwenden.

      »Ich nehme ein Dolomiti«, erklärte sie. »Wie immer.«

      Da entstand hinter ihnen ein Tumult.

      »Pass doch auf, du Penner!«, rief Markus Weiß wütend. Alle drehten sich neugierig um. Offenbar war Markus von dem Ball getroffen worden, mit dem Finn und seine Freunde spielten. Jemand sagte etwas, was Greta nicht verstand. Daraufhin trat Markus aus der Reihe.

      »Sag das noch mal!« Er baute sich drohend vor Finn auf, der am nächsten zu ihm stand.

      »Ich habe nichts gesagt«, erklärte Finn, was stimmte.

      »Nicht Fußball spielen können und dann auch noch frech werden«, höhnte Markus und trat noch dichter an Finn heran.

      Greta hielt den Atem an, als die beiden Jungen einander grimmig musterten.

      »Du