Mitternachtswende. Melanie Ruschmeyer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Melanie Ruschmeyer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738044980
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mit dem Feuer, was Carla sehr imponierte. Marc schien die Angst vor diesem tödlichen Element zu fehlen.

      Schließlich kam sie an der Küche vorbei. Die Tür war geschlossen. Niemand brauchte diesen Raum mehr. Er war eine Fehlinvestition, denn er würde noch lange verlassen bleiben. Flora war fort. Carla wusste jedoch ihre Gefühle für diese Frau nicht einzuordnen. Für Sarah war sie ein lieber Mensch gewesen, den sie sehr geschätzt hatte. Für sie war Flora ein gewöhnlicher Mensch, nichts weiter. Wollte sie dazugehören, müsste sie ein Vampir werden. Im Nachhinein, so kam ihr der Gedanke, verstand sie nicht, warum man diese Frau nicht verwandelt hatte. Es war ihr Wunsch gewesen, warum ihn ihr verwehren? Ein Stirnrunzeln huschte über ihr Gesicht, als ihr einfiel, dass sie erst neunzehn war. Somit war das ehemalige Dienstmädchen noch nicht bereit; ihr Körper und ihr Geist waren angeblich zu schwach.

      Doch Carla konnte sich nicht vorstellen, dass ein Jahr einen schlechteren Vampir aus ihr gemacht hätten. Oder etwa doch? Sie zuckte gelangweilt mit den Schulter, denn es war ihr gleich.

      Direkt neben der Küchentür, befand sich eine weitere. Auf ihr war ein Display mit Ziffernblock befestigt. Hierbei handelte es sich um das Kühlsystem, dass den Innenraum temperierte. Sofort schnappte Carla nach dem eisernen Griff und öffnete die Tür. Es zischte. Ein leichter Nebel drückte sich durch den Schlitz und kündigte den enormen Temperaturunterschied an. Diese Tatsache war eine der Wenigen, die Carla als schade empfand. Wie der Nebel herausquoll und nach ihren nackten Oberarmen griff, fragte sie sich, wie sich Kälte anfühlte. Die kleinen Wasserperlen, die sich auf ihrer Haut bildeten, kitzelten sie. Der Unterschied blieb ihr jedoch verborgen.

      Mit einem leisen Seufzer erstickte sie ihr Interesse daran und trat endlich ein.

      Etliche Regale taten sich vor ihr auf. Normalerweise waren diese prall gefüllt mit Plastikbeuteln, heute allerdings erschien diese Kammer gähnend leer. Wieder einmal hatte jemand vergessen für Nachschub zu sorgen, oder er war noch nicht eingetroffen.

      Eine der wenigen übrigen Blutkonserven schnappte Carla sich und trank die rote Flüssigkeit gierig aus. Ihr Körper lechzte förmlich danach, wie nach einer sehr langen Durststrecke geschunden. Manchmal glaubte sie, dass die Abstände zwischen ihren Mahlzeiten sich verkürzten, doch das konnte nicht sein.

      Als sie mit dem leeren Behälter den Raum wieder verließ, bemerkt sie Elest. Von der Treppe aus beobachtete sie Carla. Die Schwester der Hausbesitzerin war ihr suspekt. Kurz nachdem sie sich hier eingenistet hatte, wurde sie von dieser Frau verfolgt. Sie war überall, wie eine zweite Haut, die man abstreifen wollte, es aber leider nicht vermochte.

      Elests glatte, weiße Haare verrieten sie. War ihr Körper auch verdeckt, wollten ihre Haare sich nicht tarnen. Der Wind beförderte einige Strähnen über die Treppenecke in den Flur. Auch ihr Geruch war unverkennbar. Carla seufzte, denn dies ging ihr gehörig auf die Nerven. Gab es nicht einen Tag, an dem diese etwas mopsige Person ihr nicht nachspionierte? Was hatte sie, was diese Frau interessierte? Elest mit dieser Frage zu konfrontieren, dazu fehlte ihr irgendwie der Mut. Außerdem konnte sie ihr sowieso nicht antworten. Und das Celest ihr eine Antwort auf diese Frage gab, wollte sie lieber ebenfalls umgehen.

      Mit voller Absicht überging sie Elest und machte sich auf zum Wohnzimmer.

      Dort fand sie Josy vor. Sie hatte es sich in einem der drei Sessel gemütlich gemacht und blätterte in der Tageszeitung.

      Die Sonne fiel durch die große Fensterfront in den Raum und erfüllte ihn mit angenehmer Wärme. Durch ihr Licht schimmerten die roten Strähnen von Josephine wie blutrote Flüsse.

      Hinter der Glasfront befand sich das Meer. Hin und her tanzten die Wellen, die gerade sehr mächtig zu sein schienen. Möwen trillerten ein Lied und besangen das Tosen des Wassers. Durch die leicht offenstehende Verandatür drangen die Töne an Carla heran, als stände sie direkt im Sand des Strandes.

      Auf der einen Seite des Wohnzimmers befanden sich das gigantische Bücherregal mit ihren teilweise sehr alten Enziklopädien, die Carla so gar nicht interessierten. Auf der anderen waren die Sessel und ein langgezogenes Sofa postiert.

      Dieser Raum gehörte allen Bewohnern. Er diente für Gespräche, Zusammenkünfte und ab und an auch für Streitereien. Die Kellertür daneben stand offen und verströmte den Geruch von Kabel und Staub. Eine Kombination, die Carla die Nase rümpfen ließ.

      Zu Josy gewandt sagte sie: ››Unser Vorrat geht zur Neige, wir brauchen wieder Nachschub. Hat sich schon jemand darum gekümmert?‹‹

      Josy sah nicht auf; tat abwesend. Doch über die Kante des Blattes sah man genau, dass sie eine Braue hob.

      ››Scheint dich ja so gar nicht zu interessieren?!‹‹, schnaubte Carla verächtlich.

      ››Wer trinkt denn hier wie ein Loch?‹‹, sagte sie und blätterte abwesend eine Seite weiter. ››Wenn hier jemand Nachschub besorgen sollte, dann bist das wohl du.‹‹

      Carla knirschte mit den Zähnen. Diese Gleichgültigkeit kitzelte ihre Verachtung wach. Was hatte diese verdammte Familie nur gegen sie? Sie bat lediglich darum, dass sich jemand darum kümmerte. War das so schwer zu verstehen?

      ››Und wie soll ich das anstellen?‹‹, fragte Carla genervt. Demonstrativ verdrehte sie die Augen. Der Austausch dieser wenigen Sätze genügte, um ihr gehörig auf die Nerven zu gehen. Ohne das sie es wirklich wollte, spannten sich ihre Muskeln an.

      Josys Zeitung glitt auf ihre Oberschenkel herab und sie legte den Kopf schief. Voller Missachtung fielen ihre Lider halb über die roten Katzenaugen. Ihre schwarzen, gewellten Haare mit den blutroten Strähnen passten heute perfekt zu ihrem farblich gleichen Top. Carla hasste sie für ihre Kleidungsperfektion, weil sie selbst diese noch nicht bei sich entdeckt hatte.

      Lässig erwiderte Josy den Blickkontakt und meinte: ››Ich hab es dir schon tausend Mal erklärt wie es funktioniert.‹‹

      ››Ja ja, ich weiß. In der Stadt gibt es einen Lieferanten, dem ich Bescheid geben muss.‹‹ Carla winkte und man merkte ihr prompt die Abneigung an.

      ››Die Nummer ist eingespeichert, du kannst also gar nichts falsch machen.‹‹ Sie deutete mit einem Nicken zum Telefon auf dem Tisch.

      Carla fühlte den Zorn, der sich allmählich in ihr breit machte. Er wuchs sekundenschnell; begann zu brodeln und zu toben. So recht konnte sie es nicht erklären, warum eine einzige kurze Konversation sie derart aus dem Gleichgewicht brachte. Abwertend verschränkte sie die Arme vor der Brust und versuchte ihre Wut bei sich zu behalten. ››Kann das nicht jemand anderes machen?‹‹

      Josy hatte bereits wieder die Zeitung zu sich herangezogen und tat so, als wenn sie lesen würde. ››Du bist echt so twas von faul geworden!‹‹, zischte sie. ››Von mir aus kannst du verdursten. Du kümmerst um überhaupt nichts mehr. Tu mal was, … wenigstens irgendwas! Du versauerst wie eine alte Zitrone!‹‹

      ››Was soll das denn schon wieder heißen?‹‹, fauchte Carla sie an und erntete einen boshaften Blick.

      Die Zeitung wurde in einem Sekundenbruchteil zusammengedrückt wie weiche Butter und flog im hohen Bogen, als Papierball, auf Carla zu. Diese zuckte nach links und wich dem Geschoss geschmeidig aus. War das etwa alles, was diese Furie zu bieten hatte?

      Doch ihr vermeidlicher Gesprächspartner fixierte sie böse und abfällig. Blitzschnell, sodass Carla es nicht kommen sah, war sie vor ihr. Standhaft und anklagend. ››Seitdem du wieder hier bist, schaffst du es jeden Tag aufs Neue mich zur Weißglut zu treiben! Du bist faul, wie die Sünde. Putzt nicht, hilfst uns nicht und bist dir sogar zu fein dafür, beim Lieferanten anzurufen! Wir sind hier doch nicht deine Sklaven, oder Lakaien!‹‹ Sie tippte grob und absichtlich stark mit ihrem Zeigefinger auf Carlas Brust ein. Fassungslos spürte sie das schmerzliche Hämmern ihres Fingers. Carla hatte mit einem derartigen Ausbruch nicht gerechnet. Wieso auch?! Was war so schlimm daran, dass sie den Händler nicht anrufen wollte?

      Ihrer Meinung nach übertrieb diese Frau mal wieder maßlos.

      ››Du machst nichts weiter, als shoppen zu gehen, dich in der Sonne zu aalen und vor dem Spiegel