Das Paradies ist zu Ende. Louis Lautr. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Louis Lautr
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742724182
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gefährdet. Rosanna, du weißt wahrscheinlich inzwischen, wie schön es ist, wenn man mit jemand schmusen kann und jemand lieb hat. Mein Psychiater glaubt, dass ich mich, obwohl ich einen sehr netten Mann habe, immer ein wenig zu Kindern hingezogen fühle. Man nennt solche Menschen, die es sowohl bei Frauen, wie bei Männern gibt, pädophil. Das sind Erwachsene, die gerne mit Kindern sexuelle Handlungen begehen. Mein Psychiater sagte, ich müsste euch unbedingt erzählen, dass ihr an der Situation unschuldig wart. Ihr konntet nichts dafür. Natürlich hat Schwester Irmgard meine Situation erst ermöglicht, denn durch sie hat uns Kindergärtnerinnen zu Bestrafungen hingeführt. Es fing damit an, dass sich Kinder zur Bestrafung ausziehen mussten. Bei mir war dies wie ein Schalter der angeknipst wurde. Als ich das erste Mal einem Mädchen sagte, es soll sich ausziehen und ich die kleine Regina über den Sessel legte und ihr den nackten Po versohlte, bekam ich ein so unglaubliches Gefühl, das mich fast süchtig machte. Ich genoss es, Kinder zu verhauen. Den Kreidestrich an der Wand habe ich gemacht und mit meinen roten Kreidehänden Louis Hände mit dem Kreidestaub gerötet, um ihn zu verhauen. Als du Louis dein Kätzchen gezeigt hast, war es für mich reizvoll, euer Leiden zu sehen, es gefiel mir, dass ihr euch nackt betrachten musstet und euch geniert habt. Nochmals, ganz wichtig, es lag nicht an euch, sondern an meiner Abnormität. Heute würde ich solche Situationen vermeiden. Ich bin keine Kindergärtnerin, sondern Bäuerin und das bin ich sehr gerne. Ich spüre, wenn ich viele, nette Kinder, wie heute sehe, dass ich mich immer noch gegen eigenartige Gefühle wehren muss, aber ich weißes und werde nie wieder Kinder quälen. Liebe Rosanna, ich kann dir trotzdem deine Frage nicht beantworten, denn ich weiß nicht, was ich damals hatte. Es würde mich sehr freuen, wenn ihr mir verzeihen könntet und euch an mich so erinnert, wie ich jetzt bin. Jetzt habe ich euch Beiden alles erzählt, was ich über mich weiß. Ich wollte euch in meinem Auto mitnehmen, damit ich euch um Verzeihung bitten kann. Sag, Louis isch d’ Linde dei Freundin? Oder warum hasch du so guckt, als sie meim Ma en Kuss gebe hat. I han fascht denkt du wärsch eifersüchtig.“ Rosa sagte: „Tante Helga ich verzeihe ihnen, on wenn dr Louis eifersüchtig uf d’ Linde wäre, no dät ihm des recht geschähe, weil er viele pussiert.“ Helga sagte: „Rosanna sag du zu mir on sag mir nomal, dass du mir verzeihsch.“ Rosanna sagte: „Ich verzeihe dir auf jeden Fall und du bist, wie ich schon sagte, so eine herzliche Frau, dass ich dich sicher mit meinen Eltern in Polstheim besuche.“ Ich sagte ebenfalls: „Helga, ich habe dir schon lange verziehen und nachdem du uns jetzt alles erzählt hast, ist es auch nicht mehr so schlimm, denn ich habe mich wirklich manchmal schuldig gefühlt. Es ist schön, mit dir zu reden und du warst schon immer sehr hübsch, aber du bist noch schöner geworden, deshalb möchte ich dich, bevor wir aussteigen, nochmal umarmen.“ Ingrid küsste Rosanna und mich, sie roch unverändert, wie damals. Wir stiegen auf dem Münsterplatz in Straßburg aus. Damals gab es noch kein Parkplatzproblem. Esther fragte: „Helga, bitte zeig uns Straßburg und erzähle uns über diese schöne Stadt.“ Helga sagte: „Es gibt in Straßburg viel zu sehen und zu erzählen, deshalb sag mir, wann wir zum Essen wollen, denn bei deinen vielen Schülern müssen wir reservieren, dann zeige ich euch gerne unsere Stadt.“ Wir hatten vier Stunden Zeit bis zum Abendessen. Während wir das Münster besichtigten suchte Helga ein Restaurant für uns, das ein Nebenzimmer hatte, in dem wir Essen konnten. Helga fragte: „Wenn euch die schöne Stadt interessiert, müsst ihr gut zu Fuß sein. Das Elsass hat immer wieder seine Grenze gewechselt. Es war mal Deutsch und mal Französisch. Es ist jedoch völlig klar, nachdem Hitler Frankreich überfallen hat, wird Elsass nie mehr deutsch.“ Esther und Helga erzählten uns gemeinsam die Straßburger Geschichte. Helga sagte: „Ihr Kinder aus meinem Dorf könnt natürlich alle du zu mir sagen, für die, die es noch nicht wissen, ich heiße Helga.“ -Als ich später Asterix und Obelix ansah, erinnerte ich mich daran, dass Straßburg eine gallische Siedlung war.- Unser Busfahrer war begeistert von beiden Frauen, er sagte: „Heute habe ich viel gelernt und kann, wenn ich mit Vereinen oder Reisegruppen Straßburg besuche, viel erzählen. Leider hatte ich nie eine Lehrerin, die mir lebensnahe Geschichten erzählte. Kann ich mit Reisegruppen die hübsche Besenwirtschaft in Polstheim besuchen? Ich würde natürlich vorher anrufen.“ Helga sagte: „Wenn sie vorher anrufen, können wir gerne 40 Leute bewirten, auch wenn kein schönes Wetter ist.“ Helga nahm einige bedruckte Zettel aus ihrer Handtasche, gab sie dem Fahrer und sagte: „Sie können ihrem Chef auch welche geben.“ Wir gingen am Rhein entlang und sahen die wunderschönen Fachwerkhäuser von Petite France und den Pont Couverts an, dann das berühmte Maison des Tanneurs, die Grand’ Rue, den Place Gutenberg und den Place Kleber. Für uns war Straßburg die schönste Stadt. Unsere Städte kannten wir nur mit Trümmern und Ruinen, Bombennächte hatten sie zerstört. Ich sagte: „Helga, du wohnst in einem sehr schönen Land und hast in der Nähe von Polstheim eine so wunderschöne Stadt. Du bist beneidenswert.“ Helga sagte: „Franzosen haben mich nie angefeindet, obwohl viele wissen, dass ich Deutsche bin, sind alle sehr nett zu mir.“ Als Esther sich mit einigen Frauen unterhielt und französisch sprach, war Helga überrascht und sagte: „Du faszinierst mich, du sprichst perfekt französisch, woher kannst du es?“ Esther sagte: „Ich sprach schon als Kind französisch.“

      Unsere Lehrerin sagte: „Meine liebste Schulklasse, bitte hört mir zu, ich habe einen Traum und wünsche mir, dass es in einigen Jahrzehnten, wenn eure Generation erwachsen ist und politisch Verantwortung trägt, in Europa keine Kriege und keine Feinde mehr gibt. Ich träume von einem friedlichen Europa und einem demokratischen europäischen Parlament. Dieses Parlament sollte in Straßburg sein. Dann würde diese schöne Stadt, die französisch und deutsch war, zu einer friedenstiftenden europäischen Stadt. Unsere Lehrerin hatte laut und eindringlich gesprochen. Helga sah sie an und sagte: „Mein Gott, Esther, ich bewundere dich. Wenn ich das meiner Familie erzähle, kommen auch mein Schwager und meine Schwägerin zu eurem Abschlussfest auf den Forchenmühl. Du bist eine faszinierende Lehrerin, hoffentlich wissen es deine Schüler.“ Rosanna, unsere Klassensprecherin sagte: „Helga, wir wissen es und erinnern uns das ganze Leben an unsere Lehrerin und an dich und diese schöne Stadt. -Niemand hätte in den 50er Jahren gedacht, dass es 1979 in Straßburg das Europaparlament und den europäischen Gerichtshof geben würde.- Unsere Lehrerin, die an der Grenze Geld gewechselt hatte, gab aus der Spende der Eltern, jedem ihrer Schulkinder einige französische Francs, damit wir uns ein Andenken an diesen Ausflug kaufen. Sie bat uns: „Kauft euch möglichst etwas, das euch zu Hause an Strasbourg erinnert.“ Als ich mir ein Püppchen mit der elsässischen Tracht kaufte, wurde ich von einigen Klassenkameraden ausgelacht. Sie meinten, ich wäre doch ein halbes Mädchen. Dabei wollte ich nicht damit spielen, es sollte mich an Helga und den Ausflug nach Straßburg erinnern. Ich liebte mein Püppchen in Helgas elsässische Tracht. Ich erklärte meinen Mitschülern, warum ich dieses Püppchen gekauft hatte. Einige Mädchen und drei Jungs kauften sich ebenfalls ein solches Püppchen, danach hatte der Laden keine mehr. Ich war überrascht, denn ich konnte mit den Elsässern deutsch reden, sie verstanden mich, auch wenn sie einen andern Dialekt sprachen. Obwohl wir Schüler leicht als deutsche Kinder zu erkennen waren, weil jeder hörte, dass wir Deutsch sprachen, waren alle Franzosen freundlich zu uns. Wir hatten eine wunderschöne Stadt gesehen und uns müde gelaufen. Helga führte uns zum Essen in ein rustikales elsässisches Restaurant, das im Nebenzimmer Tische für uns reserviert hatte. Es hieß, wie ich in mein Tagebuch schrieb, „Le Casserole“. Die Tische waren eingedeckt und mit Blumen geschmückt. Unsere Lehrerin stand auf und sagte: „Bitte benehmt euch ordentlich, seid höflich zu den Kellnerinnen. Da die Speisekarte französisch ist, übersetze ich sie und lese sie euch vor. Ich weiß normalerweise was ihr gern esst, deshalb können wir uns jetzt beraten. Helga ist euch sicher ebenfalls gerne behilflich. Helga hatte sich zwischen mich und Rosanna gesetzt, gegenüber saß Linde. Ich setzte das elsässische Püppchen vor mich hin und betrachtete es. Helga sagte: „Es hat die gleiche Tracht, wie ich.“ Ich antwortete: „Helga, deshalb habe ich es gekauft, mein Püppchen wird mich immer an dich und den schönen Ausflug nach Frankreich erinnern.“ Ich nahm aus meinem Brotbeutel ein Päckchen, das ich Helga schenkte. Ich hatte ihr von meinem Wühlmausgeld eine Puppe mit Schwarzwälder Tracht und dem roten Bollenhut gekauft. Helga war gerührt, ihre Augen wurden feucht. Sie lächelte und sagte: „Ich habe in meinem Schlafzimmer auch ein Püppchen aus Deutschland mit einer Lederhose und einem braunen Hemd, das mich an dich erinnert, jetzt hat dieses Püppchen eine Frau. Louis ich danke dir, du bist ein Schatz.“ Sie sagte: „Linde, jetzt muss ich deinen Louis so küssen, wie du meinen Mann, aber du musst nicht eifersüchtig