Schlampe, Opfer, Schwein.. Norma Rank. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Norma Rank
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847691389
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wie konsequent ich sein konnte. Nun war „Konsequenz“ nicht das, was bisher irgendwer auch nur im Entferntesten mit mir in Verbindung gebracht hätte, doch ich wollte unbedingt Eindruck schinden!

      In den nächsten zwei Wochen präsentierte ich mich ebenso anstrengend wie zickig – kein Vergleich zu den Tagen vor meiner Periode. Und das war natürlich nicht gerade meine Intention! Ich hatte den Entzug reichlich unterschätzt und registrierte selbst, wie ich jedem auf den Zeiger ging. Bevor meine Marotten überhandnahmen, streckte ich also die Waffen und kapitulierte ebenfalls.

      Der gescheiterte Versuch schmerzte zwar, aber wir hatten immerhin etwas Bedeutsames zusammen erlebt. Beim nächsten Mal – so belogen wir uns – würde es bestimmt klappen.

      Ich hätte derzeit, es war Anfang September, und die Tage wurden bereits kürzer, meinen Zustand selbst rein subjektiv nicht als verknallt deklariert. Verknallt – was für ein blöder Ausdruck, der einen in eine Schublade stopfte, ohne genauer hinzusehen.

      Mark faszinierte mich zwar, und ich realisierte durchaus mein etwas übersteigertes Interesse an ihm, deshalb war ich aber noch lange nicht verknallt! Da gehörte schon ein bisschen mehr dazu! Oder? Schließlich wusste ich, dass Mark eine Frau hatte. Eine Frau mit einem Namen: Helga! Und wir reden dabei nicht von der durchschnittlichen Hausfrau, sondern dem Inbegriff der Weiblichkeit mit den Maßen 90-60-90, die – wenngleich auch keine 17 mehr – in herkömmlichen KFZ-Werkstätten üblicherweise in den Spinden hing.

      Woher ich das wusste? Nun, ich hatte sie auf Facebook gefunden und darüber einen Verweis auf ihre eigene offizielle Homepage.

      Sehr wohl ahnend, dass ich meine Neugierde schnell bereuen würde, machte ich einen folgenschweren Fehler: Ich klickte den angegebenen Link an. Hätte ich das mal besser gelassen! Aber Hochmut kommt ja bekanntlich vor dem Fall, und dementsprechend rächte sich meine virtuelle Schnüffelei. Warum musste ich auch meine Nase in Dinge stecken, die mich nichts angingen?

      Zumindest war es damit offiziell! Helga Engel sah nicht nur so aus, als könne sie ihr Geld als Model verdienen, sie tat es tatsächlich. Eine Information, auf die ich gerne verzichtet hätte. Aber die Seite auf meinem Monitor war der Beweis und präsentierte ebenso erbarmungslos wie geschmackvoll ihre Setkarte zum Downloaden.

      Eine Flut von Aufnahmen ihrer bisherigen, recht erfolgreichen Karriere priesen ihre Vorzüge an, ohne dass sie sich dafür hätte ausziehen müssen. Das Internet spuckte mir unnachsichtig ins Gesicht und fütterte meine Wissbegier mit qualvollen Einzelheiten. Helga war Skorpion, genauso alt wie ihr Gatte, und mit einer Schönheit gesegnet, die mich neben ihr durchsichtig erscheinen lassen würde. In Verona geboren, von einer italienischen Mutter, die aus gutem Hause kam und einen deutschen Piloten geheiratet hatte, studierte sie – nachdem die Familie Italien den Rücken gekehrt hatte – ursprünglich Germanistik. Um ihr Studium zu finanzieren, fing sie nebenher an zu modeln und blieb auch nach summa cum laude bei diesem Beruf. Sie war also nicht nur schön, sondern auch klug, zeigte sich gerne und schien damit nicht unerheblich zu verdienen. Metaphorisch könnte man sagen, dass ich als Kinderriegel durchging, während man sie als formvollendete Praline beschreiben könnte.

      Niederschmetternd, einfach nur niederschmetternd! Manchmal hörte ich per Zufall (ehrlich!) Telefongespräche mit, wenn Mark daheim anrief. Er lauschte geduldig, wenn sie schilderte, wie sie ihren Tag verbracht hatte, teilte ihr mit, jetzt nach Hause zu kommen, oder informierte sie, wenn es später wurde in der Firma. Mein linkes Augenlid fing dann oftmals an zu zucken, und ich musste mir eingestehen, durchaus ein wenig neidisch zu sein.

      Oder war ich doch verschossen in den Typ? Deckte sich die Reduktion auf die körperliche Anziehung vielleicht tatsächlich nicht ganz mit der Wahrheit? War das freundschaftliche Getue etwa nur Tarnung?

      Ich flüchtete mich nicht in die Abstraktion, dass Mark als Partner für mich in Frage käme, das konnte ich zu diesen Zeitpunkt ohne Weiteres mit Gewissheit sagen. Er war verheiratet, Ramonas Vater und spielte außerdem in einer völlig anderen Liga! Weshalb sollte sich ein Mann wie er überhaupt näher mit mir befassen? Wenn auch um einiges jünger, verblasste ich in einer Nebeneinanderstellung mit Helga geradezu, da würden auch meine grünen Augen nicht weiterhelfen. Und einen wie Mark wickelte man nicht mal eben um den kleinen Finger, zumal die beiden ein Kind hatten und sich seit ihrer Jugend kannten.

      Immerhin begriff ich, dass ich mich nach jemandem sehnte, der mich anrief, wenn es in der Arbeit mal länger dauerte. Das brauchte nicht Mark zu sein, sondern irgendwer, der wie er war und nach ähnlichen Werten lebte. Ein Kerl, der sich um mich kümmerte, der gefühlvoll war und trotzdem Stärke ausstrahlte.

      Mark verkörperte all das, was ich mir immer von einem Mann gewünscht hatte. Die Typen, die ich bisher kennen gelernt hatte, waren dagegen eine eher mäßig überzeugende Ausbeute, zumal ich bis dato selbst nicht genau gewusst hatte, wonach ich eigentlich suchte. Aber würde sich ein Mann mit diesem Format je für mich interessieren und obendrein auch noch frei sein? Vielleicht gab es ja irgendwo seinesgleichen – einen Prinzen, der nur darauf wartete, sich in mich zu verlieben. Ich entschied mich, darauf zu warten, und hoffte das Beste.

      Leider war es kein Prinz, der sich kurz darauf zu erkennen gab, sondern eine Kröte, die auch nach 1000 Küssen eine solche bleiben würde: ein Kollege aus dem Rückgebäude, ein Handwerker – Christoph Kresser (25). Durch ihn kam etwas in Gang, das ohne seine Initiative vermutlich niemals geschehen wäre. Mark wurde eifersüchtig, und ich vermute, dass dies der Moment war, in dem er begann, in mir eine Frau zu sehen.

      Während ich also insgeheim auf eine selbstzerstörerische Art für Mark schwärmte, mit dem eine Beziehung so unmöglich schien, als würde er auf dem Mars wohnen, wurde innerhalb der Firma ein stiller Verehrer mir gegenüber immer lauter.

      CHRISTOPH

      Bisher habe ich nur die Abteilung der Planungsvorstufe eingehender beschrieben, aber in Wirklichkeit beschäftigte „K-Messe“ als mittelständisches Unternehmen insgesamt 28 Mitarbeiter. Die Aufgaben verteilten sich über Messebau, Kundenkontakte und diverse Planungsstellen. Ging man durch den Innenhof zur Werkstatt, traf man die Produktioner an, die ihre Tage mit Sägen, Schweißen und Verleimen verbrachten.

      Das war grundsätzlich keine schlechte Sache. Und welche Frau hat nicht schon mal insgeheim über ein Stelldichein mit einem Blaumann nachgedacht? Wenn auch nicht unbedingt originell, galt das immerhin als eine der erotischsten Fantasien überhaupt – rein hypothetisch.

      Trotzdem kam es natürlich darauf an, wer und was in so einem Blaumann steckte, und Christoph, der sein Geld als Schreiner verdiente, ähnelte nun nicht gerade dem Archetyp. Stattdessen war er kleinwüchsig, von der Statur her eher untersetzt, trug einen Vollbart und hatte viel zu dichte Augenbrauen, die sich bis über die Nase kräuselten. Mit einem optischen Überflieger gab es demzufolge keinerlei Übereinstimmungen.

      Dazu gesellten sich charakterliche Merkmale, die ihm hin und wieder erheblich im Wege standen. So nahm er sich nicht nur im Job ziemlich wichtig, sondern bei praktisch allen Dingen, auch wenn sie ihn nichts angingen. Außerdem petzte er leidenschaftlich gerne. Wenn etwas schief ging, galt es demnach tunlichst zu vermeiden, dass er davon Wind bekam, denn er nutzte jede Info sofort, um sie an Gerlinde weiterzuleiten, der er mit Vorliebe in den Allerwertesten kroch.

      Somit gliederte er sich in die Kategorie der Schattenparker ein, und man betrachtete ihn als Mitläufer, der kontinuierlich nach Bestätigung suchte. Ständig verwendete er das Wort „knuffig“, und auch seinen Enthusiasmus für Mittelaltermärkte teilte in der Firma niemand.

      Wertfrei betrachtet, tat er mir fast ein bisschen leid, weswegen ich ihm freundlich begegnete und großzügig darüber hinweg sah, was für ein Waschweib er war. Von seiner Geschwätzigkeit abgesehen, konnte ich ihn zunächst sogar ganz gut leiden. Als Kumpel!

      Irrtümlich nahm ich an, dass Christoph ebenso wenig von mir wollte wie ich von ihm, und hatte keine Ahnung, dass hier etwas mehr Vorsicht von Nöten gewesen wäre.

      Was ich ebenfalls nicht wusste: Er liebte die Frauen. Nicht etwa Blonde oder Brünette, sondern alle, die einen Puls hatten und nicht bei drei auf dem Baum waren. Aber